Drei starke Kräfte wirken mitunter gegeneinander, wenn es um die Gebäudeplanung und die Nutzerbedürfnisse geht. So stehen die unterschiedlichen Bedürfnisse und Ansprüche der Nutzer sehr oft den Anforderungen eines energieeffizienten Gebäudes entgegen. Zudem spielen auch die Gestaltungswünsche der Architekten oft eine entscheidende Rolle, wenn Sonnenschutzprodukte eingesetzt werden sollen.
Bei den Produkten selbst sind Faktoren wie Windstabilität, Lichtlenkung, Bedienbarkeit, Herstellungskosten und die Energiesparpotenziale ausschlaggebend, wenn es um die Auswahl des passenden Sonnenschutzes geht. Einen weiteren entscheidenden Aspekt stellt die automatische Steuerung von Sonnenschutzanlagen dar. Diese muss in Einklang mit dem Gebäudenutzer gebracht werden, damit keine störenden manuellen Eingriffe erfolgen, die die Energieeffzienz in Frage stellen könnten.
Raffstoren
Grundsätzlich gibt es nur zwei verschiedene Typen von Raffstoren, die es zu betrachten gilt. Wir sprechen hier von schienen- und seilgeführten Lösungen, die sich in den möglichen Baugrößen und der Windstabiltät wesentlich unterscheiden. Werden hier aufgrund der geringeren Pakethöhen die seilgeführten Versionen von den Architekten bevorzugt, so zeigen sich in der Praxis immer wieder Probleme: etwa wenn halb geschlossene Raffstorepakete aufgrund ihres hohen Gewichtsschwerpunktes in der Mitte der Führungsseile und der damit verbundenen Pendelneigung bei Windbelastung gegen die Fassade schlagen oder für ungewollte Seillängungen sorgen.
Hier sollte bei der Planung auf die örtliche Einbausituation geachtet werden, um keine bösen Überraschungen bei der Nutzung der Raffstoren zu erleben. Richtig nach den technischen Spezifikationen der Hersteller ausgewählt (hier spielt auch die Leistungsbeschreibung der neuen Bauproduktenverordnung eine Rolle) und fachgerecht montiert ist der Raffstore der perfekte Sonnenschutz mit einer relativ hohen Windbeständigkeit.
Der mit dem Neigen der Lamellen einstellbare Lichteinfall oder die Zusatzoption Tageslichttransport machen den Raffstore zu einem Allrounder. Gerade deshalb wird im Objektbereich dieses System häufig bevorzugt. Um die volle Leistungsfähigkeit eines Raffstores ausnutzen zu können ist zwingend die Motorisierung mit einer zusätzlichen automatischen Steuerung und entsprechender Parametrierung notwendig.
Rollläden
Werden Rollladen heute meist mit Blickschutz, dem Abdunkeln von Räumen oder einem verbesserten Einbruchschutz in Verbindung gebracht, so kann dieses Produkt in seinen vielfältigen Ausführungsmöglichkeiten eigentlich viel mehr als nur das.
Jalousierbare Rollladenprofile oder sogenannte Tageslichtrollläden lassen zusätzlich einen vernünftigen Sonnenschutz zu, ohne Räume weitestgehend zu verdunkeln. Auch beim Rollladen sollte auf eine Motorisierung und eine Steuerung über Schaltuhren o.Ä. geachtet werden, um die energetischen Vorteile wirklich nutzen zu können. Nur wenn der Rollladen im Winter früh geschlossen wird, kann er seine zusätzliche Dämmfunktion ausspielen. Gleiches gilt für den Sommerfall, wenn der Rollladen auch als Sonnenschutz benutzt wird. Dann muss mittels Sonnenfühler oder einer Temperatursteuerung für das Herabfahren des Rollladens gesorgt werden, um die solaren Einträge wirksam zu minimieren.
Ein weiterer wichtiger Planungsaspekt gilt dem Rollladenkasten: Egal ob bei Neubau oder Sanierung, in diesem Bereich muss besonders auf die Anbindung an das Fenster und das Mauerwerk geachtet werden, um die Bestimmungen der EnEV (DIN 4108, Beiblatt 2) einzuhalten.
Textiler Sonnenschutz
Seit der R+T 2009 erlebt der Sonnenschutz durch die sogenannten ZIP-Systeme eine wahre Renaissance. Die seitlich mit Reißverschlusssystemen geführten textilen Behänge, die Windgeschwindigkeiten bis zu 160 km/h und große Baugrößen zulassen, erfreuten sich sehr schnell großer Beliebtheit bei den Architekten. Zusätzlich sorgen eine kleine Kastengröße gegenüber Rollläden oder Raffstoren für ein weiteres positives Auswahlkriterium.
Die Farbvielfalt der Textilien und die Möglichkeiten damit auch einen guten Blendschutz zu erreichen, machen das Produkt im Objektbereich zusehends attraktiver, was sich in den produzierten Stückzahlen von ZIP-Anlagen entsprechend widerspiegelt.
Aber auch hier gilt der Grundsatz, dass eine sinnvolle Funktion als Sonnenschutz nur dann gegeben ist, wenn eine Motorisierung mit automatischer Steuerung erfolgt. Das gilt gleichermaßen für den Einsatz als Blendschutz oder aus energetischen Gründen.
Schiebe- und Faltläden
Waren es früher die klassischen Klappläden, so machen heute die Schiebe- und Faltläden von sich reden. Gerade bei Architekten erfolgte der Einstieg in das Thema Sonnenschutz häufig über die Schiebeläden und ihre einfache, meist manuelle Funktionsweise.
Besonders hoch in der Gunst der Architekten stehen momentan die horizontalen Faltläden, die mit ihrer flächenbündigen Bauweise nahezu alle Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Zwei- oder dreiteilig gefaltet lassen sich die Systeme vor der Fassade öffnen und können auf der Oberfläche auch mit Photovoltaikzellen bestückt werden.
Je nach örtlicher Einbausituation müssen die Schiebe- und Faltladensysteme bei motorischen Antrieben mit Sicherheitskonzepten versehen werden, die der DIN EN 13 659 entsprechen. Die klassische Schlosserlösung aus der Vergangenheit fällt im Rahmen der Bauproduktenverordnung aus.
Ausblick
Die Frage nach dem richtigen Sonnenschutz am richtigen Platz kann gar nicht so einfach beantwortet werden, was auch die Komplexität des Themas verdeutlicht. Den besten Kompromiss zwischen Produkt, Gebäudenutzung und Nutzerakzeptanz zu finden ist die Aufgabe des Architekten und Planers, aber auch der beauftragten Fachbetriebe.
Die Möglichkeiten Sonnenschutz richtig einzusetzen sind äußerst vielfältig, und die eine richtige Lösung gibt es dabei nicht. Zum Beispiel sollte eine sinnvolle Tageslichtsteuerung in der Lage sein, die Nutzerwünsche zu erkennen und sie im Steuerungsablauf vorwegzunehmen. Ähnlich wie bei adaptiven Getrieben in Automobilen kann man aus typischen Verhaltensweisen der Nutzer Steuerungsparameter ableiten, die bei Abwesenheit des Nutzers dem maximalen Gebäudenutzen und der Energieeffizienz entsprechen. Bei der Anwesenheit des Bewohners/Nutzers sollten die menschlichen Vorlieben so weit wie möglich berücksichtigt werden, ohne den Energieverbauch des Gebäudes aus dem Auge zu verlieren.
Die Wirkungskette Sonnenschutzprodukt–Steuerung und vor allem die mögliche manuelle Einflussnahme ist entscheidend für eine hohe Nutzerakzeptanz. Der Ausschluss des Nutzers aus dem Regelkonzept „Gebäude” würde zu dessen Ablehnung von Gebäudeautomatisierung und Haustechnik führen. Schon bei der Planung und Beratung muss deshalb darauf hingewiesen werden, dass der Mensch lernen muss die Technik als Unterstützung wahrzunehmen.
Es stellt sich also nicht alleine die Frage „Welcher Sonnenschutz gehört wo hin”, sondern vor allem, wie funktionierende Einheiten geschaffen werden können, die einen guten Kompromiss für die Energieeffizienz und den Gebäudenutzer finden. Neben der Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Aspekte im Bereich des Energiesparens gilt es, auch den Blick auf den Nutzer und seine Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz zu richten. Hier geht es zum Beispiel um die ergonomischen Bedingungen an Bildschirmarbeitsplätzen und die Reduzierung von künstlicher Beleuchtung, um gleichzeitig den Tageslichtquotienten und damit das Wohlbefinden zu verbessern. Gerade das Wohlbefinden des Menschen gilt auch für den Wohnungsbereich, und deshalb sollte entsprechend geplant werden. —