_ Von der Einzelanwendung beim Einfamilienhaus bis zum Verwaltungskomplex mit 15 000 Raffstoren ist so gut wie alles möglich, wenn es um den Einbau bzw. Einsatz von Raffstoren geht. Bereits in den 1980er-Jahren wurden Steuerungssysteme entwickelt, um sicherzustellen, dass bei Sonne die Fensterscheiben nicht durch die Sonne aufgeheizt wurden, und gleichzeitig durch die sogenannte „Cut off“ Stellung ein möglichst freier Blick nach Außen möglich war. Seit diesem Zeitraum hat sich viel getan und der Anwendungsraum beträchtlich erweitert. Gerade in Hinblick auf die durch EnEV & Co. getriebenen Ansprüche bei der Gebäudeenergieeffizienz kann der Raffstore mit seinen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten erfolgreich punkten, und dürfte in Stückzahl beim Sonnenschutz ganz weit vorne sein.
Licht und Schatten
Mittlerweile ist das Thema Tageslichtnutzung eine wichtige Produkteigenschaft, um das Wohlbefinden und die Produktivität innerhalb von Büro,- Tagungs- und Schulungsräumen oder Wohnungen zu steigern.
Zu viel Tageslicht kann jedoch zu einer nicht erwünschten Blendung führen. Durch den Einsatz von unterschiedlichen Lamellenstellungen innerhalb eines Raffstorebehangs kann dieses Problem vermieden werden.
Je nach System kann das Tageslicht im oberen Behangbereich an die Raumdecke gelenkt werden, und so für eine diffuse Tageslichtverteilung sorgen. Durch die geschlossenen unteren Lamellen kann dabei gleichzeitig der Blendschutz im Nutzerbereich sichergestellt sein, sofern die Windbelastung der Raffstoren dieses zulässt.
Der Tageslichttransport kommt aber nicht nur dem Gebäudenutzer zugute, auch der Anteil an Kunstlicht kann deutlich reduziert und damit die Energiekosten gesenkt werden. Voraussetzung für das Nutzen dieser Funktionen ist eine 100 %-Motorisierung und der Einsatz einer Steuerungsanlage, die die einzelnen Komponenten sinnvoll miteinander verknüpft.
Anforderung Wind
Schienen- oder Seil-geführt bieten Raffstoren eine relativ hohe Windbeständigkeit. Je nach Hersteller werden Grenzwerte von 12 m/s bis zu 17 m/s (entspricht Windstärke 6 bzw. 7 nach Beaufort) angegeben. Neuere Entwicklungen mit einer Kombination aus Schienen und Seilführungen können teilweise Windböen von bis zu 25 m/s (Windstärke 10 nach Beaufort) standhalten. Auch hier spielt die Motorisierung und Automatisierung eine entscheidende Rolle, um Raffstoreanlagen beim Erreichen der jeweiligen Grenzwerte zu ihrem eigenen Schutz einzufahren. Entscheidend ist bei der Windbelastung nicht nur der Raffstore selbst, sondern vor allem die Auswertung der richtigen Windgeschwindigkeit am Einsatzort des Raffstores. Zentrale Windmessanlagen auf Gebäudedächern können da sehr oft nicht die tatsächlichen Windwerte auf der entsprechenden Fassadenseite und -höhe feststellen und führen deshalb in vielen Fällen zu unnötigen Fahrbewegungen. Hier zeigen sich Lösungen mit mehreren Windmessern in der Regel als die bessere Variante, um den Raffstore nur dann zu fahren, wenn es notwendig sein sollte, und die Nutzerakzeptanz für Fahrbewegungen bei Wind-alarm deutlich zu erhöhen.
Asymmetrische Systeme
Schrägraffstoren wurden entwickelt, um für die unterschiedlichen Gebäudegestaltungen mit immer mehr Sonderflächen praktikable Lösungen anzubieten, da mit den üblichen Systemen normalerweise nur rechteckige Flächen beschattet werden können. Auch bei den Schrägraffstoren ist eine Bedienung ähnlich wie bei den herkömmlichen Raffstoresystemen. Durch spezielle Wickelmechanismen und Lösungen z. B. wie Teleskopschienen können so Fenster und Glasflächen bis zu einer Neigung von 45° verschattet werden. Je nach Hersteller sind dabei 50 mm bis 80 mm breite Lamellen lieferbar. Die Seitenführungen der Raffstorelamellen erfolgen durch Edelstahlstäbe oder durch kunststoffummantelten VA-Spannseile.
Wurden Schrägraffstoren anfangs als Sonderformen behandelt, so sind sie seit Mitte 1990 bei mehreren Herstellern erhältlich und werden vielfach verbaut. In Kombination mit herkömmlichen Anlagen vom gleichen Hersteller können so z. B. Giebelfenster perfekt beschattet werden.
Integration in die Dämmebene
War es früher der Raffstore mit Winkelschutzblende oder mit einer zwischen die vorgesetzten Rundführungsschienen montierte U-Schutzblende, so haben sich in vielen Fällen die Ansprüche der Planer und Architekten gewandelt. Vorbausysteme und in die Dämmebene integrierte Raffstorekästen werden heute mehr und mehr gefragt, um den Raffstore möglichst unauffällig an oder in der Fassade unterzubringen. Dazu wurden von mehreren Herstellern spezielle Raffstorekästen entwickelt, die wie ein Rollladenkasten während des Hausbaus mit ins Mauerwerk eingebaut werden, und mit ihrer Fertigbauweise Anschlussprobleme an die Gebäudehülle beseitigen.
Vielfältige Lösungen werden dabei vor allem für die Montage der Führungsschienen angeboten, um z. B. bessere Anschlüsse an den Außenputz oder vorgesetztes Mauerwerk, Holz-/Zinkverkleidungen etc. erreichen zu können.
In der Realität bedeutet das für den Fachbetrieb einen höheren Planungs- und Durchführungsaufwand, zahlt sich in der Regel aber sehr schnell aus, da gezielt auf individuelle Wünsche von Kunden und energetische Anforderungen eingegangen werden kann. Einbaukästen bieten zudem die Möglichkeit, Insektenschutzsysteme sinnvoll zu integrieren und damit einen weiteren Mehrwert und Nutzen für den Kunden zu schaffen.
Notraffsysteme für Fluchtwege
Fluchtwege sind Lebensretter, die im Notfall eine schnelle und sichere Flucht ins Freie oder in gesicherte Bereiche ermöglichen sollen. Die entscheidenden Anforderungen und Prüfverfahren sind in der DIN EN 1125 (Panikverschlüsse) und der DIN EN 179 (Notausgangsverschlüsse) festgeschrieben. Nach DIN EN 1125 wird die Freigabezeit einer Paniktür von unter 1 Sekunde gefordert. Eine Raffstoreanlage im Fluchttürbereich muss also innerhalb dieser Vorgabezeit gleichzeitig mit der Freigabe der Tür hochfahren.
Verschiedene Hersteller legen dazu eine Baumusterprüfbescheinigung einer Prüfstelle vor, mit der die Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Anlage nachgewiesen werden soll.
Die erhältlichen Systeme können automatisch z. B. über Rauch- oder Brandmelder angesteuert werden. Die Notraffstoren sind ausfallsicher konzipiert, da die Fluchttür auch bei nicht ausreichender Stromversorgung in jedem Fall freigegeben werden muss. Das bedeutet, dass der Fluchtweg auch bei Stromausfall frei ist, da die Notraffung des Raffstores z. B. mechanisch erfolgen soll. Optionale unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV) oder Akkupakete können sicherstellen, dass der Notraffmechanismus auch im Falle eines Stromausfalls funktionieren sollte. Die Steuerungen prüfen in regelmäßigen Abständen automatisch die Funktionsfähigkeit und werden sobald eine Störung wie Stromausfall oder Kabelbruch erkannt wird, automatisch hochgefahren. Dieser Zustand verbleibt so lange, bis die Störung durch den Gebäudebetreiber oder einen Servicetechniker beseitigt wird.
Fazit
Kaum ein anderes Produkt im Sonnenschutzbereich ist so vielfältig in seinen Ausführungen wie der Raffstore. Das drückt sich auch in den sehr hohen Einsatzquoten an Gebäuden aus. Mit der Integration in Vorbauelemente oder in die Fassaden- oder Dämmebene wurden weitere Einsatzgebiete erschlossen, um vor allem Architekten eine noch größere gestalterische Freiheit zu geben und die energetische Situation im Einbaubereich weiter zu verbessern. Mit den verschiedenen Möglichkeiten der Lichtlenkung wird aber auch umso mehr deutlich, wie wichtig zukünftig das Thema Gebäudeautomation werden wird, wenn alle Vorzüge der am Markt erhältlichen Systeme wirklich genutzt werden sollen. Mit der entsprechenden Sensorik und der Nutzung von Jahresverschattungsdiagrammen können Gebäude so auf die maximale Energieeffizienz bei optimaler Tageslichtquote in den Gebäuden getrimmt werden. Das ist gut für die Entwicklung der Gebäudeenergiekosten durch die ständig steigenden Energiepreise bzw. für das Wohlbefinden und damit auch die Leistungsfähigkeit der Gebäudenutzer. —