_ „Die Basis ist immer noch die Mechanik, erst dann kommen elektronische Möglichkeiten dazu“, sagt Dr. Helmut Rieche, „und ganz wichtig ist das Verhalten der Bewohner.“ Rieche, Vorsitzender der Initiative „Nicht bei mir“, bezieht das auf die klassischen Unachtsamkeiten, die potenziellen Langfingern verraten, dass seit einigen Tagen niemand zu Hause ist, angefangen vom überquellenden Briefkasten bis hin zu leichtsinnigen Postings in den sozialen Netzwerken. Denn wenn die Einbrecher wissen, dass sie ausreichend Zeit haben, nutzt auch die beste Türsicherung wenig.
Einbruch muss schnell geschehen
Männlich, zwischen 20 und 25 Jahre alt, Mehrfachtäter aus dem gleichen Ort, so skizziert Rieche den statistischen Standard-Einbrecher, „abgesehen von derzeit agierenden Einbrecherbanden.“
Ein Einbruch muss meist schnell vonstatten gehen, das Risiko erwischt zu werden ist viel zu hoch. „Das ist auch der Grund, warum Einbrecher meist das Fenster wählen, denn eine Haustür ist von Haus aus besser gesichert“, so Rieche. Meistens auch deutlich besser als eine Wohnungstür in einem Mehrfamilienhaus. „Eine Wohnungstür ähnlich zu sichern wie eine Haustür, würde einen enormen Aufwand bedeuten“, erklärt er.
Für beide gibt es jedoch ein paar grundlegende Fakten, die bereits dem Einbrecher das Handwerk erschweren. Ein vernünftiges Schloss und eine solide Festigkeit sollten die Türen besitzen. „Die Türen sollten auch so im Gebäude verankert sein, dass nicht ein Tritt genügt, um die Tür zu öffnen.“ Dabei hat Rieche hier insbesondere die gerne schon einmal vernachlässigte Bandseite im Auge. Ordentliche Bänder und ein vernünftig integriertes Schließsystem seien unabdingbar.
„Es darf nicht leicht überwindbar sein“, stellt Rieche Anforderungen speziell an das Schloss. Das bedeutet, es muss aufbohrsicher sein, darf nicht mit der Zange greifbar sein und das Schließblech muss mechanisch stabil und gut verschraubt sein. „Wer es noch etwas besser machen will, der nimmt eine Mehrfachverriegelung mit Haken, die auch noch in den Rahmen fassen“, lautet Rieches Empfehlung. Schließlich lässt sich die Mehrfachverriegelung sogar mit Bolzen bis auf die Bandseite fortsetzen. Sind solche Zapfen an der Bandseite vorhanden, dann sei auch die Anzahl der Bänder nicht relevant. Ohne Bolzen hingegen gelte: Je mehr Befestigungspunkte desto besser. Alternativ gibt es die sogenannte Scharnierseitensicherung. Bei außenliegenden Bändern sind sie laut „Nicht bei mir!“ ein absolutes Muss, um gegen ein Durchsägen der Bänder gewappnet zu sein. Bei verdeckt liegenden Bändern verleiht eine Scharnierseitensicherung aber auch zusätzliche Stabilität. „Damit ist die Tür richtig gut gesichert“, sagt der Fachmann. Einen Hinweis hat er noch, wenn man eine Tür mit einem Glasanteil einbaut. „Die sollte wenigstens die RC 2-Klasse haben, RC 2N genügt nicht“, erklärt er, „denn bei RC 2N ist nur ganz einfaches Glas in der Tür verbaut.“
Was kann man zum Nachrüsten machen?
Wer hingegen etwas zum Nachrüsten sucht, mit dem die Eingangstür zuverlässig zu sichern ist, wird schnell auf den Querriegel stoßen. Er bietet den Vorteil, Band- und Schlossseite gleichzeitig zu sichern. Der Quer- oder auch Panzerriegel stärkt zudem das Türblatt und das auch von außen erkennbare Schloss hat eine abschreckende Wirkung, wie der im Großraum München agierende Thomas Prell von Prell und Fink Sicherheitstechnik mit einer Anekdote bestätigt. Er wurde nach einer Einbruchserie in einem Mehrfamilienhaus in seiner Eigenschaft als Sachverständiger gerufen. In allen Wohnungen des Hauses war eingebrochen worden, nur in einer nicht, an deren Wohnungstür deutlich das mittig sitzende Schloss eines Querriegels zu sehen war. „Da war es nicht einmal versucht worden“, erinnerte er sich, „dabei hatten die Bewohner sogar vergessen abzuschließen.“
Des Weiteren gibt es verschiedene Varianten an Zusatzschlössern, manche auch mit Sperrbügel oder einer kleinen Kette. „Das dient zum Teil auch einer sicheren Kommunikation nach draußen, damit sich niemand einfach in die Tür drängt“, so Rieche. Eine Alternative für die Kommunikation mit Personen, die vor der Tür stehen, ist der Türspion. Den gibt es längst nicht mehr nur als klassisches Gucklock mit Froschaugenlinse, auch hier hat die digitale Welt längst Einzug gehalten. So kann man bei einem digitalen Türspion auf einem kleinen Bildschirm sehen, wer vor der Tür steht, und je nach Modell sogar mit den Personen kommunizieren.
Wesentlich für eine gute und sinnvolle Sicherung – nicht nur an der Tür – ist aber auch, „sie darf nicht zu unbequem sein, sondern sie muss bedienerfreundlich sein“, sagt Rieche. Und nicht immer nimmt es wie in dem Mehrfamilienhaus, von dem Prell berichtete, ein glückliches Ende, weil allein schon das sichtbare Vorhandensein der Sicherung abschreckt.
Auch in der Sicherheitstechnik ist die Elektronik auf dem Vormarsch. „Es gibt viele elektronische Schlösser, viele verschiedene Systeme“, weiß Rieche, aber die „erfordern auch einiges an Montageaufwand.“ Es bietet jedoch auch Vorteile, wenn man die Haustür ohne Schlüssel öffnen kann: „Es ist kein Versteck mehr für einen Ersatzschlüssel nötig.“ Denn noch immer, so der Vorsitzende von „Nicht bei mir!“, gäbe es viele Menschen, die einen Reserveschlüssel im Vorgarten „verstecken“. „Sie können mir glauben, die Einbrecher kennen alle Verstecke“, betont er. Der elektronische Bereich der Sicherheitstechnik wird sich Rieches Ansicht nach kontinuierlich weiter entwickeln und „am Ende wird alles über Biometrie oder Smartphone bedient.“ Doch auch dann werden immer noch Riegel und Falle dafür sorgen, dass eine Tür verschlossen ist.—
Nicht bei mir!
Unter dem Motto „Nicht bei mir!“ starteten 2004 die Verbände der Sicherheitswirtschaft gemeinsam mit der Polizei eine herstellerneutrale Aufklärungskampagne zum Schutz von Bürgern und Gewerbetreibenden vor Einbruch, Brand- und Gasgefahren. Im Rahmen der Initiative für aktiven Einbruchschutz weisen die Initiatoren seitdem auf Sicherheitslücken in Haus, Wohnung und Büro hin, informieren über wirksame Vorsichtsmaßnahmen und zeigen Wege der fachlichen Beratung. Die Initiative wird von dem Programm Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes unterstützt und vom Bundesverband Sicherheitstechnik (BHE), Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW), Fachverband Schloss- und Beschlagindustrie (FVSB) sowie Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) getragen.www.nicht-bei-mir.de
Zur Person
Dr. Helmut Rieche studierte Maschinenbau und bekleidete 20 Jahre eine leitende Funktion in der Sicherheitstechnik bei Dornier/EADS in Friedrichshafen. 25 Jahre lang war er verantwortlich für das Verbandsmarketing für Sicherheitstechnik und -systeme im Fachverband „Sicherheitssysteme im ZVEI“. Rieche war Vertreter des ZVEI im Beirat der Interschutz 2005 und im Messebeirat der „Security“. Seit 2003 ist er Vorsitzender der Initiative für aktiven Einbruchschutz „Nicht bei mir!“