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Steigende Uw-Wert-Anforderungen bei der Sanierung

Auslaufmodell 2-fach-ISO?

Der Uw-Wert eines Fensters setzt sich zusammen aus dem Wärmedurchgangs-koeffizienten Ug der Verglasung, dem des Rahmens Uf und dem Verglasungsrand ψ. Berücksichtigt man die Vorgaben und Möglichkeiten der Fenstertechnik, ist abzusehen, dass ein Uw-Wert ­ von 0,8 W/m2K mit den gängigen 2-fach-ISO (Ug = 1,1 W/m2K) nicht mehr zu realisieren ist. Für die ISO-Hersteller bedeutet dies keine Herausforderung, denn 3-fach-ISO mit Ug ≤ 0,8 W/m2K ist schon am Markt. Die Herausforderung liegt also bei den Fensterherstellern. Konnten diese bisher die wesentlich besseren Ug- als Uf-Werte bei der Uw-Wertermittlung in Rechnung setzen, so ist dies wohl bald nur noch begrenzt möglich.

Lösungsansätze gibt es jedoch auch hier. Das Passivhaus-Institut hat auf seiner Webseite eine Reihe von Fenstersystemen aufgeführt, deren Uf-Werte deutlich unter 1,0 W/m2K liegen. Dies erfolgt allerdings auf Kosten einer Rahmentiefe von bis 150 mm, in Ausnahmefällen bis minimal 100 mm. Erzielt werden diese niedrigen Uf-Werte im Wesentlichen mit Holz/Kunststoff-Verbundmaterialien oder ausgeschäumten, dickeren Mehrkammer-Kunststoffprofilen als Rahmenmaterial, die im Vergleich zu den bisherigen Ausführungen sicher klobige Fenster ergeben.

Neben dem Uf-Wert wird man künftig auch alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um den ψ-Wert, d.h. die Wärmebrücke am Scheibenrand weiter zu minimieren. Neben hochwärmedämmenden Abstandhaltern (warme Kante), wird ein Uw = 0,8 W/m2K nur mit einem erhöhten Einstand der Verglasung in den Fensterrahmenfalz zu erreichen sein. Erfreulich ist, dass bei optimal eingestellten 3-fach-ISO mit Ug-Werten von 0,7 bis 0,8 W/m2K der Bilanzwert aus solarem Ener­giegewinn und Heizwärmeverlust gegenüber den derzeitigen Standard-2-fach-ISO günstiger ausfällt, d.h. der passive Solarenergiegewinn ist bei den 3-fach-ISO größer – sofern man den Berechnungen des seinerzeit hierfür eingeführten äquivalenten k-Wertes keq – folgt.

Die Ursache ist, dass ihr Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) durch Optimierung sowohl der Wärmedämmschicht als auch der beiden Scheibenzwischenraumbreiten als auch der eingesetzten Scheiben angehoben wird, z.B. durch Einsatz von Weißglas (eisenarmes Floatglas). Damit kommt man in den Bereich eines aktuellen 2-fach-ISO, d.h. laut Prospektangaben sogar bis auf einen g-Wert von 64 % (mit Argon-Füllung im SZR). Eine weitere Erhöhung des g-Wertes und somit eine weitere Verbesserung des keq-Wertes ist möglich, wenn zusätzlich die wärmedämmschichtfreien Oberflächen, d.h. die Positionen 1, 3, 4 und 6 der 3-fach-Scheibe, entspiegelt werden. Die Technologien hierzu sind vorhanden; es stellt sich heute jedoch die Frage der Wirtschaftlichkeit. Anzumerken bleibt, dass sich optimal eingestellte 3-fach-Isoliergläser mit Wärmedämmschichten sicher herstellen lassen, deren Emissionsvermögen ε = 0,04 bis 0,8 beträgt.

Außenbeschlag bei 3-fach-ISO

Man sollte wissen, dass 3-fach-ISO den Nachteil haben, außen häufiger zu beschlagen und zu bereifen als bisherige Isoliergläser. Die Ursache ist, dass durch den niedrigen Ug-Wert der Wärmefluss vom Raum durch die Scheiben auf die Scheibenaußenoberfläche stark reduziert wird. Dies bedingt, dass der Wärmefluss die Wärmeabstrahlung von der äußeren Scheibenoberfläche aufgrund ihres hohen Infrarot-Emissionsvermögens besonders nachts und bei klarem, wolkenlosem Himmel nicht kompensiert. Die Folge ist, dass die Scheibenaußenoberfläche so stark abkühlt, dass die Taupunkttemperatur der Außenluft bei hoher relativer Außenluftfeuchte unterschritten wird. Damit beschlägt die Außenscheibe, da sie quasi als Wasserdampfkondensator wirkt. Die Abkühlung ist umso größer, je größer der Himmelsausschnitt ist, den die Scheibe sieht; und damit ist das Beschlagsrisiko bei Schrägverglasungen und bei Dachfenstern größer als bei Senkrechtverglasungen. Dem Außenbeschlag kann man auf zweierlei Weise begegnen: Durch Abdecken der Verglasung nachts mit einem Rollladen. Oder durch Reduzierung der Wärmeabstrahlung mithilfe einer niedrigemittierenden Schicht, d.h. ebenfalls einer Wärmedämmschicht, jedoch jetzt auf der Oberfläche der Außenscheibe positioniert (ihr Infrarot-Emissionsvermögen sei mit εa abgekürzt). Bei der ersten Lösung wird die Kondensatorfläche nach außen verschoben, der Rollladen wirkt nun als Kondensator. Das ist sehr wirkungsvoll, insbesondere dann, wenn der Rollladen oder deren Außenoberfläche aus einem niedrigemittierenden Material ausgeführt ist. Bei Schnee und Frost besteht jedoch wegen des Einfrierens der Mechanik die Gefahr des Ausfalls. Die zweite Lösung hat dieses Problem nicht.

Welche Beschichtungen helfen?

Niedrigemittierende Schichten bewirken, dass die Abstrahlung an den Himmel reduziert wird und sich so die Außenoberflächentemperatur der Verglasung weniger absenkt. Bleibt sie dabei oberhalb der Taupunkttemperatur der Außenluft, kann die Verglasung außen nicht mehr beschlagen. Berechnungen, gestützt auf Beobachtungen an 3-fach-ISO im Dachbereich bei Interpane , haben gezeigt, dass mit solchen Schichten bei hinreichend niedrigem εa Reifbeschlag auf der Außenoberfläche vermieden und Taubeschlag sehr stark unterbunden werden kann.

Eine vollständige Vermeidung des Taubeschlags ist mit niedrigemittierenden Schichten deshalb nicht möglich, da bei relativen Luftfeuchten (rLF) um 100 % und gleichzeitig hohen Außentemperaturen eine Anhebung der Außenoberflächentemperatur über die Taupunktemperatur nicht gewährleistet ist. Solche Witterungsbedingungen kommen jedoch sehr selten vor.

Bild 1 zeigt, dass Reifbeschlag durch Schichten mit einem Emissionsvermögen von εa = 0,2 sowohl auf Schräg- als auch auf Senktrechtverglasungen mit Ug ≥ 0,5 W/m2K bei handelsüblichen 3-fach-ISO, vermieden werden kann. Witterungsbeständige Schichten mit εa = 0,2 lassen sich heute industriell herstellen (z.B. K-Glass von Pilkington). Die Frage ist, ob solche Produkte auch den ästhetischen Anforderungen bzgl. Farbgleichmäßigkeit, bewirkt durch hinreichende Schichtdickengleichmäßigkeit, genügen.

In Bild 2 sind die anzustrebenden Anforderungen an εa für nahezu Taubeschlagvermeidung dargestellt. Hier zeigt sich, dass Schichten mit εa ∼ 0,1 sinnvoll sind. Auf der Außenoberfläche von Verglasungen einsetzbare und wirtschaftlich produzierbare Schichten mit diesem εa-Wert sind noch in Entwicklung.

Reifbeschlag beeinträchtigt die Transparenz bei Verglasungen erheblich, und zwar am hartnäckigsten, wenn die Verglasung nach Westen oder Norden ausgerichtet ist. Die Vermeidung von Reifbeschlag sollte deshalb vorrangiges Ziel bei der Entwicklung niedrigemittierender Schichten für den Einsatz auf der Außenoberfläche sein.

In letzter Zeit wird versucht, Gläser mit selbstreinigenden, photokatalytischen TiO2-Schichten als taubeschlagsverhindernd (Stichwort ‚Anti-fogging’) zu vermarkten. Hierzu ist festzustellen, dass solche Schichten den gleich hohen εa-Wert wie unbeschichtetes Glas haben, d.h. sie verhalten sich in Bezug auf die Außenoberflächentemperatur wie unbeschichtete Oberflächen.

Deshalb kann Tau- und Reifbeschlag mit ihnen grundsätzlich nicht vermieden werden. Sie können lediglich auf die Transparenz des Taubeschlages – und nur des Taubeschlags – Einfluss nehmen, indem sie ihn infolge ihrer Hydrophilie glätten und so eine gewisse Transparenz und schnellere Abtrocknung der Scheibenaußen­oberfläche bewirken. Ob jedoch die Hydrophilie bis in die Morgenstunden für eine Glättung noch genügt, ist wegen ihres Nachlassens infolge Deaktivierung der Schichten bei Nacht (d.h. bei Dunkellagerung) nicht gewährleistet. —

Der Autor

Hans Joachim Gläser war über viele Jahre in der Glasindustrie tätig, wo er maßgeblich an der Entwicklung u.a. von Wärmedämmschichten beteiligt war.

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