Nachhaltige, energieeffiziente Gebäude und Wohnungen spielen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung eine immer größere Rolle. Sie sind auch ökonomisch sehr attraktiv, denn sie stellen einen langfristigen Werterhalt sicher, minimieren Unterhaltskosten und lassen sich leichter vermieten beziehungsweise verkaufen. Nachhaltiges Bauen umfasst zahlreiche Facetten: Ein Gebäude ist dann nachhaltig, wenn es als Gesamtsystem aus ökologischer, ökonomischer sowie sozialer und funktionaler Betrachtung eine optimale Lösung abbildet. Doch wie wird die Nachhaltigkeit eines Gebäudes belegbar oder vergleichbar?
Verlässliche Grundlagen dafür bilden anerkannte Zertifikate, wie beispielsweise das der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Eine solche Zertifizierung beleuchtet mit verschiedenen Kriterien die Felder Ökologie und Ökonomie ebenso wie den Komfort für die Nutzer, die Qualität der Technik und des Prozesses sowie den Standort des Gebäudes. Zur Förderung des nachhaltigen Bauens hat die DGNB gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) eine Grundsystematik zur Bewertung der Nachhaltigkeitsqualität von Gebäuden erarbeitet.
Während das BMVBS diese Grundlage passgenau für die Eigenbewertung von Bundesbauten präzisiert hat, entwickelte die DGNB daraus ein vollständiges Zertifizierungssystem (das DGNB Zertifikat) zur Bewertung umweltfreundlicher, ressourcensparender, wirtschaftlich effizienter und für den Nutzerkomfort optimierter Gebäude.
Derzeit steht das System für die Zertifizierung von rund 16 verschiedenen Nutzungsprofilen für Gebäude zur Verfügung, das bis zu 50 Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. Sind die Kriterien über die Norm erfüllt, vergibt die DGNB für ein Gebäude ein Zertifikat in Bronze, Silber oder Gold. Zudem gibt es die Möglichkeit der einfachen Vorzertifizierung in der Planungsphase.
Die DGNB zertifiziert aber keine Produkte, denn es handelt es sich ausschließlich um ein Gebäudezertifizierungssystem und nicht um ein Produktbewertungssystem. Jedoch stellt das Zertifizierungssystem in einigen Kriterien an die einzusetzenden Bauprodukte Anforderungen, die über die gesetzlichen Standards hinausgehen.
Will der Bauproduktehersteller, dass seine Produkte bei Gebäuden eingesetzt werden, die zertifiziert werden sollen, muss er nachweisen, dass seine Systeme diese Kriterien erfüllen. Dies geschieht durch Selbstdeklarationen oder durch Zertifikate (z.B. VOC, Recyclinganteile, Herkunft der Materialien, FSC, u.v.m.). Wenn er diese Informationen und Nachweise erbringen kann, verschafft er sich Wettbewerbsvorteile.
Der Kriterienkatalog der DGNB zeigt Herstellern von Bauprodukten, welchen Einfluss ihre Produkte auf die Nachhaltigkeit eines Gesamtprojekts nehmen. So können Bauprodukte gezielt unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit weiterentwickelt und optimiert werden. Auch hier steht die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus – und damit die langfristige Qualität von Bauprodukten – im Fokus.
Relevanz von Bauprodukten und EPDs
Bei der Realisierung nachhaltiger Gebäude fällt der Gebäudehülle eine große Bedeutung zu. Denn die Fassade beeinflusst in hohem Maße sowohl den Energieverbrauch als auch die Energieverluste. Weiter lassen sich (Glas-Metall-)Fassaden durch eine modulare Systembauweise und intelligente Montagekonzepte sehr gut wiederverwerten. Gerade den in der Fassade eingesetzten Bauprodukten fällt deshalb bei der Nachhaltigkeitsbewertung großes Gewicht zu.
Dabei wirken sie in ganz unterschiedlicher Weise auf die Umwelt ein, z.B. durch Schadstoffemissionen während der Herstellung und im Betrieb. Ihre Lebenszykluskosten werden zudem deutlich von Inspektions- und Wartungskosten für die Fassade sowie dem Reinigungsaufwand beeinflusst. All diese Faktoren und ihre Auswirkungen spielen für die Gesamtperformance und die Erfassung der nachhaltigen Qualität eines Gebäudes eine wichtige Rolle.
Hier können Hersteller von Bauprodukten punkten, die eine Umweltproduktdeklaration EPD (Environmental Product Declaration) vorlegen können. Denn diese EPDs liefern eine transparente Darstellung der Umweltwirkungen von einzelnen Bauprodukten. Soll ein Gebäude zertifiziert werden, ist eine EPD für ein Bauprodukt von großem Vorteil.
Die Umweltproduktdeklarationen für die Produkte werden auf Basis des gesamten Produktlebenszyklus analysiert, durch unabhängige Stellen verifiziert und stellen transparent dar, welcher Ressourcen- und Energieaufwand hinter einem Bauprodukt wirklich steckt.
Bei diesem ganzheitlichen Lebenszyklusansatz wird nicht nur der Verbrauch an Energie und Rohstoffen bei der Herstellung berücksichtigt. Im Fokus steht u.a. auch der Ressourcenverbrauch, der bei der Herstellung von Vorprodukten, für Transporte oder für die Stromerzeugung anfällt.
EPDs basieren auf einer weltweit vereinbarten und definierten Norm und liefern eine umfassende Bilanz aller Umweltwirkungen, die insgesamt mit der Produktherstellung verbunden sind. Sie stellen eine Vielzahl grundlegender Daten transparent bereit und haben sich auf Grund der unabhängigen Verifikation als Grundlage für die verschiedenen Nachhaltigkeitsbewertungen (sowie Zertifizierungssysteme) von Gebäuden etabliert. —
DGNB Zertifikat in Gold für Bürogebäude in Stuttgart
Die Architekten von Blocher Blocher Partners mit Niederlassungen in Stuttgart, Mannheim und Neu-Delhi konzentrieren sich u.a. auf ganzheitliche Projektentwicklungen. Der hier gezeigte Neubau eines Bürogebäudes in Stuttgart (Herdwerg) umfasst 3000 m2 Bruttogeschossfläche und wurde in Hinblick auf eine DGNB Zertifizierung in Gold entworfen und dann entsprechend umgesetzt.
Navigator als Produktfinder
Um eine schnelle und verlässliche Übersicht über nachhaltige Produkte zu erlangen, hat die DGNB eine Online-Datenbank, den DGNB Navigator, erstellt. In dieser Datenbank sind alle Angaben von Bauprodukten, die für nachhaltige Bauprojekte benötigt werden, präzise aufgeschlüsselt. So stehen beispielsweise wichtige Angaben zu Umweltwirkungen, zur Berechnung von Lebenszykluskosten oder Emissionsverhalten der Produkte zur Verfügung.
Hersteller können ihre Produkte einfach und bequem selbst in die Datenbank eintragen. Dabei unterstützt sie der Navigator bei der Definition der relevanten Eigenschaften und Kennwerte für einzelne Produktgruppen. Auch EPDs, Produktkataloge, CAD-Zeichnungen und Kontaktdaten können hinterlegt werden.
Für Produkthersteller ist das DGNB Navigator Label zudem ein attraktives Marketing Tool: Es kann sowohl auf dem Produkt selbst als auch über sämtliche Kommunikationskanäle eingesetzt werden und führt über einen Registrierungscode direkt auf die in der Online-Plattform hinterlegten Daten.