vGlaswelt – Herr Wollseifer, wird bald der Steuerbonus bis 1200 Euro/Jahr für Handwerkerleistungen abgeschafft? Aktuell wird ein Gutachten diskutiert, dass die Wirksamkeit dieser steuerlichen Förderung infrage stellt. Was sagen Sie als ZDH-Präsident dazu?
Hans Peter Wollseifer – Der Steuerbonus auf Handwerksleistungen ist eine Erfolgsgeschichte. Das Instrument steht daher entgegen einiger Presseberichte nicht zur Disposition. Aktuelle Wortmeldungen sind voreilig und unreflektiert. Das Handwerk ist auch dank des verdoppelten Steuerbonus gut durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen und hat seitdem maßgeblich zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaftsleistung beigetragen. Aktuelle Verlautbarungen des Bundesministeriums der Finanzen und von Prof. Friedrich Schneider von der Johannes-Kepler-Universität Linz zeigen, dass die illegale Beauftragung von Handwerkerleistungen in Privathaushalten seit Jahren zurückgeht.
Glaswelt – Manche haben das Gutachten anders gelesen …
Wollseifer – Dem Handwerk liegt daran, die Debatte zu versachlichen. Fakt ist doch, dass die privaten Haushalte zunehmend das Instrument des Steuerbonus nutzen. Die Beauftragung von legal ausgeführter Handwerksleistung bringt dem Fiskus in jedem Fall 19 Prozent Steuereinnahmen – auf die begünstigte Handwerkerleistung ebenso wie auf die nicht begünstigten Materialkosten. Dazu kommen die von Haushaltsexperten gerne vergessenen Unternehmenssteuern, die anwachsen – Körperschaftsteuer, Einkommensteuer, Gewerbesteuer sowie die zusätzlichen Einnahmen aus der Lohnsteuer und steigende Beiträge zu den Sozialversicherungen.
Glaswelt – Entgegen den Aussagen des Wirtschafts- und Finanzministers sowie des CSU-Chefs für die Beibehaltung, fordern gerade die Länder, dass Handwerksleistungen unter 300 Euro nicht mehr geltend gemacht werden können. Wie stehen Sie dazu?
Wollseifer – Richtig ist, dass das Potenzial des Instruments des Steuerbonus für Handwerkerleistungen noch nicht ausgeschöpft ist. Eine Ausweitung auf den Satz für allgemeine haushaltsnahe Dienstleistungen, die bis zu 20 Prozent von 20 000 Euro, also einen maximalen Steuerbonus von 4000 Euro, erlauben, ist erforderlich. Dann könnte dieses Instrument von privaten Haushalten auch für die bisher steuerlich nicht begünstigte energetische Gebäudesanierung genutzt werden.
Glaswelt – Das wäre ein Weg – ist es aber vor dem Hintergrund der geringen Sanierungsrate hierzulande nicht grundsätzlich sinnvoll, die Sanierungskosten noch stärker als bislang zu fördern?
Wollseifer – Egal auf welchem Weg – es wird höchste Zeit, dass sich die Regierung endlich entschließt, die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung auf den Weg zu bringen. Energieeffizienz ist der Schlüssel zum Erfolg der Energiewende. Dies gilt vor allem für den Gebäudebestand, der fast 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausmacht und bei dem schnelle und nachhaltige Einsparerfolge zu erzielen sind. Allerdings wird dies nicht ohne Unterstützung der Hauseigentümer gehen. Dies haben die unzureichenden Sanierungsraten der letzten Jahre gezeigt. Deshalb muss die Einführung einer steuerlichen Anreizförderung wieder auf die Agenda. Bei den Koalitionsverhandlungen wurde sie aber zugunsten der Haushaltssanierung im letzten Moment wieder gekippt. Die Umsetzung ist also erneut an der Finanzierung gescheitert – für mich unverständlich, da für Bund und Länder durch die ausgelösten Investitionen erhebliche Steuermehreinnahmen in Aussicht stehen. Wir bleiben da am Ball.
Glaswelt – Mit Blick auf die aktuelle Bauwirtschaft – können wir in der zweiten Jahreshälfte mit einer positiven Entwicklung rechnen?
Wollseifer – Die Bau- und Ausbauhandwerke sind sehr gut ins Jahr gestartet. Die Nachfrage nach Neubau- und Sanierungsvorhaben ist hoch und konnte aufgrund des fehlenden Winters auch nahezu ungebremst umgesetzt werden. Diese positive Entwicklung dürfte sich auch in den kommenden Monaten fortsetzen. Unsere Bau- und Ausbaubetriebe berichten über gut gefüllte Auftragsbücher, der Trend zu Investitionen in die eigenen vier Wände hält an. Im Zuge des konjunkturellen Aufschwungs der Gesamtwirtschaft dürften im Jahresverlauf aber auch der Wirtschaftsbau und hoffentlich auch der öffentliche Bau leicht zulegen und Impulse geben.
2014 wird ein gutes Jahr für den Bau, mit dem Taktgeber Wohnungsbau. —
Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT.