Glaswelt – Herr Schmidt, nach 15 Jahren sind die Einbruchszahlen aktuell auf den höchsten Stand. Worauf führen Sie das zurück, liegt es an mangelndem Einsatz von Sicherheitstechnik?
Stephan Schmidt – Ja natürlich ist die fehlende Sicherheitstechnik ein entscheidendes Moment, denn häufig ist überhaupt keine ausreichende Technik vorhanden. Wie das Bayerische Landeskriminalamt jedes Jahr belegt, wird durch mechanische Sicherungen ein hoher Prozentsatz der Einbrüche direkt vermieden.
Die aktuell gemeldete Anzahl von 149 500 Wohnungseinbrüchen ist aber auch auf Täter neuen Typs zurückzuführen – Banden, die schnell und hochprofessionell arbeiten, und das noch an rasch wechselnden Einsatzorten.
Glaswelt – Wo sehen Sie die größten Risiken im Gebäude für das Eindringen von Dieben?
Schmidt – Den Zutritt verschaffen sich die ungebetenen Gäste nach wie vor am häufigsten durch Aufhebeln der Terrassentür oder von Fenstern. In Mehrfamilienhäusern spielt die Wohnungseingangstür eine größere Rolle, da viele Wohnungen nicht ebenerdig erreichbar sind. Gerade diesen Risiken kann man ideal mit Beschlagtechnik begegnen. Problematisch wird es, wenn ein Einbrecher unbemerkt längere Zeit „arbeiten“ kann, dann muss der Bewohner eine Widerstandsklasse ab RC 3 für Türen und Fenster besitzen, um sich wirksam schützen zu können.
Glaswelt – Wie reagieren Sie als Verband bzw. die Mitglieder auf die steigenden Einbruchszahlen?
Schmidt – Wir stehen in engem Kontakt mit der kriminalpolizeilichen Beratung und unterstützen die einschlägigen Kampagnen. Dazu zählen unter anderem „K-einbruch“ (https://www.k-einbruch.de/) und den „Tag des Einbruchschutzes“, diesmal am 26. Oktober 2014. Weiter arbeiten unsere Mitglieder konstant an der Verbesserung ihrer Sicherheitsbeschläge und sonstigen Sicherheitsprodukten und weiten so das Angebot aus, das gilt für den Neubau sowie für die Nachrüstung bei Bestandsgebäuden. Unser Prüfinstitut PIV hier in Velbert prüft fast täglich neue, einbruchhemmende Elemente, denn es gibt aktuell zahlreiche neue Entwicklungen, wie beispielsweise Fenster, die auch bei Lüftungsstellung eine Einbruchhemmung aufweisen.
Glaswelt – Wie können sich Bürger durch Sicherheits-/Beschlagtechnik konkret vor Einbrüchen schützen?
Schmidt – Die Kette an der Haustüre hat schon lange ausgedient. Leider sehen das viele Wohnungseigentümer noch nicht. Nach wie vor gibt es in Bezug auf Einbruchsprävention einen hohen Nachholbedarf an baulicher Verbesserungen von Fenstern und Türen. Die Mechanik ist bei solchen Bauelementen die Grundlage, um den Einbruchschutz deutlich zu erhöhen, etwa durch eine fachgerechte Nachrüstung oder durch Austausch alter Fenster und Türen z. B. im Rahmen einer energetischen Sanierung. Weitere Möglichkeiten ergeben sich durch Zusatzsicherungen oder neue Schließzylinder. Aber solche bautechnischen Maßnahmen sind nur ein Teil des Gesamtpakets einer Absicherung. Wichtige Faktoren sind weiter das eigene Verhalten, wie das Abschließen von Türen und Fenstern (wenn möglich) bei Abwesenheit.
Glaswelt – Und wie sieht es mit elektronischen Sicherheitsmaßnahmen aus?
Schmidt – Elektronische Sicherheitsmaßnahmen sind als Ergänzung empfehlenswert, denn schon die erkennbare Technik schreckt den Einbrecher ab. Sirenen und Licht führen häufig dazu, dass der Einbrecher von seinem Tun ablässt und es bei einem Versuch bleibt. Elektronische Maßnahmen ersetzen aber die Mechanik nicht, diese muss es dem Eindringling grundsätzlich stark erschweren, die Gebäudehülle zu überwinden.
Glaswelt – Wie kann der Handwerker Sicherheitstechnik besser an den Endkunden bringen, welche Bedeutung spielt die Beratung?
Schmidt – Nach unserer Erfahrung schätzen die meisten Endkunden ihr eigenes Risiko falsch ein, sprich sie unterschätzen es deutlich. Selbst wenn die Haustür ordentlich gesichert ist, werden Balkon- oder Terrassentüren oft sträflich vernachlässigt. Eine Vielzahl an Endkunden ergreift erst nach einem erfolgten Einbruch die entsprechenden Maßnahmen. Sowohl für die Risikobeurteilung als auch bei der Wahl an geeigneten Produkten für die Gebäudesicherung ist es wichtig, dass der Verarbeiter das notwendige Know-how besitzt, um den Endkunden umfassend beraten zu können. Nur so lassen sich die notwendigen Maßnahmen entsprechend abstimmen. —