Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Interview mit Jorma Vitkala

Glas wird digital, es gibt keinen Weg mehr zurück

Glaswelt – Herr Vitkala, welche Entwicklungen haben die Glasindustrie in den letzten 25 Jahren am meisten beeinflusst oder verändert?

Jorma Vitkala – Zwischen Fassadengläsern von heute und von vor 25 Jahren liegen Welten. Das verdanken wir den Beschichtungstechniken. Heute können wir komplexe Schichtaufbauten erzeugen, die gleichzeitig Wärmedämmung, Sonnenschutz und eine hohe Lichttransmission ermöglichen.

Parallel zur steigenden Komplexität von Gläsern haben sich die Arbeits- und Fertigungsweise verändert sowie das Zusammenspiel mit den Zulieferbetrieben mit Kunden, sprich den Fassaden- und Fensterbauern, hat sich in den letzten 25 Jahren gewandelt. Der Informationsbedarf zwischen den Beteiligten hat mit der steigenden Komplexität der Glasprodukte stetig zugenommen, was neue Anforderungen und Erkenntnisse für die gesamte Lieferkette erfordert (hat). Der nötige Datenaustausch wird mit der Digitalisierung der Glasbranche deutlich zunehmen.

Glaswelt – Was veränderte sich noch?

Vitkala – Eine weitere große Entwicklung sind die steigenden Größen bei den Glasformaten sowie die Verwendung von Glas als eigenständige, große Bau- bzw. Fassadenelemente. Dabei hat sich der lokale Markt für Glas-Anwendungen zum weltumspannenden Markt gewandelt. Komplexe Gläser und Isolierglaseinheiten werden heute weltweit von und nach Europa verschickt. Insgesamt haben die Verwendung von Glas, das Bewusstsein für seine Energieeffizienz, Sicherheitsglas und in jüngster Zeit Umweltauswirkungen und Recycling rasant zugenommen.

Glaswelt – Welche Rolle spielten die Glass Performance Days, die auf Ihre Initiative hin entstanden sind, bei diesen Entwicklungen?

Vitkala – Die Glass Performance Days wurden ins Leben gerufen, um Vertreter aus der gesamten Wertschöpfungskette der Glasindustrie an einem Ort zusammenzuführen. Meine Vision war es, ein Forum für die verschiedenen Parteien zu schaffen, um sich persönlich zu treffen und zusammenzuarbeiten, um gemeinsam Lösungen und Synergien zu finden. Der Gedanke war, dass die Beteiligten neue Idee sowie ihre Erwartungen präsentieren, um dann gemeinsam Prozesse und Abläufe zu verbessern sowie neue Ansätze zu schaffen, um Produkte für die Zukunft zu entwickeln.

Glaswelt – Wo sehen Sie neue, wegweisende Impulse und Potenziale für die Branche?

Vitkala – Die Digitalisierung wird unsere Art zu arbeiten und miteinander zu kommunizieren grundlegend verändern. Die digitale Transformation basiert auf Daten, das ist die neue Währung.

Auch wenn das traditionelle Glasgeschäft noch eine Weile fortgesetzt wird, werden wir künftig ganz andere, vielfach komplexere Glasprodukte erhalten, die dem Nutzer ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Nehmen wir z. B. Dünnglas und ultradünnes Glas. Diese Spezialgläser und ihre Anwendung in Fassade und im Innenausbau werden zu völlig neuen Lösungen führen.

Auch das Aufkommen von smarten Gläsern wird uns viele spannende Anwendungsfelder eröffnen. Neue Sensorkonzepte werden in das Glas integriert. Die Elektronik wird als Teil des Glasprodukts eingebettet. Medienfassaden und Touchscreen-Anwendungen werden zum Mainstream gehören, wenn aktives Glas und aktive Fassadenperformance kommerziell nutzbar werden.

Glaswelt – Was muss die Branche tun, damit diese Entwicklungen gute Margen generieren?

Vitkala – Meine Vision für die Glasindustrie ist es, die Zusammenarbeit zu vervielfachen, damit wir künftig einen überlegenen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Baumaterialien nutzen können. Das geht jedoch nur, wenn alle Prozessbeteiligten sich weiter (digital) vernetzen.

Smarte Gläser sind komplex, da der Input mehrerer Lieferanten erforderlich ist, bevor Produkte und Fertigung vielfältiger werden können. Das müssen wir vorantreiben. Dazu werden auch Lizenz- und Patentaustausche nötig sein. Nur so kann die Glasindustrie ihren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Materialien sichern.

Glaswelt – Wird das ausreichen?

Vitkala – Nein, wir müssen mehr und schneller Innovationen schaffen. Dazu müssen wir aktiv nach Input von außerhalb der Glasindustrie suchen. Wir müssen branchenfremde Start-ups mit ins Boot holen, die ein enormes Innovationspotenzial ohne vorgegebene konventionelle Ausrichtung haben.

Weiter führt die zunehmende Geschwindigkeit aller Arbeitsprozesse dazu, dass wir uns permanent anpassen und konstant in unserer Arbeit und bei den Prozessen neu justieren müssen. Dieser Prozess der permanenten Innovation ist jedoch keine Bedrohung, sondern sollte als Freund und als unser Beitrag verstanden werden, die Zukunft mit Glasprodukten zu gestalten und für den Menschen besser zu machen.

Glaswelt – Sie sind als Chaimann der GPD zurückgetreten, wie geht es jetzt bei Ihnen weiter?

Vitkala – Eine meiner wichtigsten Aufgaben wird es sein, das GPD-Netzwerk am Laufen zu halten und verschiedenen Beteiligten zu helfen, die besten Partner zu finden. Weiter plane ich, das von mir aufgebaute Kontaktnetzwerk auf die nächste GPD-Generation zu übertragen. In den letzten 25 Jahren haben die GPD geholfen die Glasbranche zusammenzubringen, diesen Prozess müssen wir weiter vorantreiben, zum Wohl aller Branchenplayer und der Endkunden.—

Das Interview führte Matthias Rehberger

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus GW: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen