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Interview mit Dr. Thomas Schmidt

Industrie 4.0 – Wer macht dann die Arbeit?

Glaswelt – Vernetzung und Automatisierung sind die großen Themen in der Branche in Bezug auf die Produktion. Brauchen wir künftig nur noch Ingenieure in der Werkstatt?

Dr. Thomas Schmidt – Nein, natürlich nicht, aber die Qualifizierung der Mitarbeiter muss weiter gefördert werden. Dabei darf der Gedanke nicht mehr tabu sein, auch(!) einen Ingenieur in der Fertigung einzusetzen, der für die (vernetzte) Produktion zuständig ist. Hochkomplexe Maschinen und Anlagen brauchen auch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter, sonst können auch die vernetzten Maschinen keine guten Produktionsergebnisse liefern. Und das betrifft nicht nur Ingenieure!

Glaswelt – Was bedeutet die Vernetzung in der Fertigung für die Mitarbeiter?

Schmidt – Neue Aufgaben bewältigen und Neues lernen. Jeder, wirklich jeder Mitarbeiter muss verstehen, was hinter einer Vernetzung steckt, was diese dem Betrieb bringt und wie das vernetzte System funktioniert. Und das ist wiederum die Aufgabe des oder der Vorgesetzten, dieses Wissen beziehungsweise Verständnis zu vermitteln.

Der Unternehmensführung muss klar sein, dass alle Hilfsmittel wie Tablets, Touchscreens etc. nicht wirklich helfen, wenn der Mitarbeiter zum einen nicht versteht, was das Ganze soll und er zum anderen nicht damit umgehen kann.

Die Vernetzung ist ja kein Selbstzweck, sondern soll und muss helfen, die Fertigung schneller und besser zu machen (und damit auch die Produkte besser machen). Die Interaktion zwischen den Bedienern und den Maschinen und Anlagen ist für die Güte der Produktion von größter Bedeutung. Also heißt das: Lernen, lernen und nochmals lernen und zwar für alle im Betrieb, vom Lehrling bis zum Chef!

Glaswelt – Wie finden die Unternehmen für diese technischen Entwicklungen die entsprechenden Fachkräfte, was müssen die Firmen dafür tun?

Schmidt – Leider gibt es solche Mitarbeiter nur sehr selten auf dem Arbeitsmarkt, oft müssen die Firmen selbst aktiv werden und sich solche Fachkräfte heranziehen. Dabei ist es wichtig, die Berufe in unserer Branche wieder attraktiv zu machen, damit auch qualifizierte Bewerber zu uns kommen. Und es sind hier nicht nur die finanziellen Anreize zu sehen, sondern auch die Möglichkeit, eigenständig zu arbeiten, Angebote für Weiterqualifizierungen zu erhalten, flexibles Arbeiten und vieles mehr. Dabei muss jeder Betriebsleiter seine Fantasie bemühen, um die für ihn richtigen Lösungen zu suchen und zu finden. Ohne Engagement gerade im Personalbereich wird es unsere Branche in Zukunft sehr schwer haben, Fachpersonal zu bekommen und zu halten.

Glaswelt – Und wie sieht es mit der Ausbildung aus, sind hier die Fachschulen und die Hochschulen entsprechend gerüstet?

Schmidt – Es gibt gute Ansätze, wie die Überarbeitung der Ausbildungsrichtlinien des Flachglasmechanikers oder das Duale Studium an der Hochschule Weserbergland zum Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Glastechnik. Dort wurde die Studienordnung gerade angepasst mit verstärktem Bezug zur IT. Oder auch die Ausbildung zum Techniker oder Industriemeister. Überall werden aktuell digitale Inhalte erarbeitet und zu den entsprechenden Ausbildungsgängen hinzugefügt. Wichtig ist nicht das Detailwissen – das heute schnell veralten kann–, sondern das vermittelte Handwerkszeug, um mit den richtigen Instrumenten umgehen zu können. Die Möglichkeiten gibt es vielfach schon, sie müssen nur intensiver genutzt werden.

Glaswelt – Auch das Smarthome verlangt komplexere Produkte, müssen künftig also auch die Monteure Know-how in Sachen Elektronik und Programmierung mitbringen?

Schmidt – Natürlich, auch bei der Montage wird zunehmend mehr Know-how gefragt. Der Fortschritt gerade in den Produkten scheint nach allem was auch auf der FENSTERBAU FRONTALE 2018 zu sehen war, deutlich schneller voranzuschreiten als in den Fertigungsbereichen.

Das Smarthome gewinnt immer mehr an Bedeutung und hat wiederum Auswirkungen auf unsere Produkte. Neben der dann notwendigen Fertigungskompetenz für diese „neuen“ Produkte ist auch der Monteur gefragt, damit er solche Anwendungen sicher in die Gebäude einbauen kann. Gleichzeitig erfordern viele Produkte, bei denen das bisher nicht der Fall war, künftig einen Elektroanschluss und die Einbindung in die Gebäudesteuerung.—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.

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