Glaswelt – Sehr geehrter Herr Schmidt, was war der Anlass, vor 40 Jahren ein Prüfinstitut in Velbert zu gründen?
Stephan Schmidt – Die 1960er- und 1970er- Jahre waren vor allem von großen öffentlichen Bauvorhaben bestimmt. In diesem Sektor waren gemeinsame Standards und Qualitätskriterien von ganz besonderer Bedeutung. Beim Fachverband Schloss- und Beschlagindustrie reagierte man auf diese Entwicklung, indem 1977 von 20 Firmen die Gütegemeinschaft Schlösser und Beschläge gegründet wurde. Dieser Zusammenschluss qualitätsbewusster Hersteller und Dienstleister im Bereich Schlösser und Beschläge sollte zukünftig die Gütesicherung durchführen und überwachen. Bereits in der Gründungsversammlung wurde der Gedanke der Schaffung eines einheitlichen, unabhängigen Qualitätszeichens betont. Die strikte Neutralität und große Bekanntheit von RAL-Zeichen generell waren entscheidend für die Gütegemeinschaft, die Anerkennung als RAL Gütegemeinschaft zu beantragen. Gleichzeitig wurden Aktivitäten entwickelt, ein eigenes, zur Gütegemeinschaft zugehörendes Prüfzentrum zu schaffen. Diese Idee war für die Industrie zwar neu, die Argumente einer preiswerten, unabhängigen und räumlich nahen Prüfstelle aber so überzeugend, dass unmittelbar Räumlichkeiten erworben wurden. So nahm 1978 das Prüfinstitut Schlösser und Beschläge Velbert (PIV) die Arbeit auf.
Glaswelt – Wie hat sich das Prüfinstitut bis heute entwickelt?
Schmidt – Bei der Gütegemeinschaft Schlösser und Beschläge, zu der das Prüfinstitut gehört, sieht es wirtschaftlich schon seit Jahren gut aus. Denn bereits seit 2002 hat die Gütegemeinschaft ihren Umsatz kontinuierlich steigern können, sodass sich dieser bis jetzt auf das 2,5-Fache erhöht hat. Die Auslastung liegt derzeit bei über 100 Prozent. Für 2017 können Gesamteinnahmen von über 1,5 Mio. Euro verzeichnet werden.
Glaswelt – Wer nutzt das Prüfinstitut in Velbert? Welche Unternehmen kommen hierhin?
Schmidt – Das ist ganz unterschiedlich. Unter anderem lassen auch viele Mitglieder des Fachverbandes Schloss- und Beschlagindustrie klassisch ihre Produkte im PIV prüfen und sind zu diesem Zweck auch Mitglied in der Gütegemeinschaft. Da insgesamt 80 verschiedene Prüfungen in den Bereichen mechanische Festigkeit, Dauerfunktion, Widerstand gegen Umwelteinflüsse, Mechatronik und Bauteilprüfungen angeboten werden, bietet das PIV einen großen Strauß an Angeboten. Einige Hersteller lassen nahezu die gesamte Produktpalette im PIV prüfen, andere bedienen sich der angebotenen Spezialprüfungen. Insgesamt werden pro Jahr ca. 1500 Einzelaufträge abgewickelt.
Glaswelt – Was macht das PIV über den Prüfbetrieb hinaus?
Schmidt – Neben der Prüfung von Schlössern, Beschläge, Fenstern und Türen arbeitet das Prüfinstitut in den nationalen und internationalen Normungsgremien dieser Produktgruppen mit. Durch die Akkreditierung nach DIN EN ISO/IEC 17025 werden die Prüfergebnisse weltweit akzeptiert. Weiterhin verfügt das PIV mit PIV CERT über eine Produktzertifizierungsstelle gemäß DIN EN ISO/IEC 17065, ist anerkannte Überwachungs- und Zertifizierungsstelle nach der Landesbauordnung NRW, notifizierte Prüf- und Zertifizierungsstelle nach der Bauproduktenverordnung und anerkannte Prüfstelle für DIN Certco.
Glaswelt – Wie haben sich die Produkte im Bereich des Einbruchschutzes weiterentwickelt?
Schmidt – Generell gibt es schon immer sehr gute Produkte in Sachen Einbruchschutz und sie werden kontinuierlich weiterentwickelt. Eine Investition in den Einbruchschutz lohnt sich daher immer. Wichtig ist aber vor allem, dass die vorhandene Sicherheitstechnik auch stets genutzt wird – zum Beispiel Fenster und Terrassentüren nicht gekippt zu lassen.
Glaswelt – In den letzten beiden Jahren waren Einbrecher deutlich weniger „erfolgreich“ als zuvor. Ist der Einbruchschutz so gut geworden oder haben die Einbrecher die Lust verloren?
Schmidt – Laut Statistik ist generell die Zahl der Wohnungseinbrüche 2017 stark zurückgegangen und liegt inzwischen sogar etwas unter dem Stand von 2010, trotzdem ist sie weiterhin relativ hoch. Bei 45 Prozent der Fälle handelt es sich um Versuche und der Anteil steigt weiter an. Als Grund vermuten wir hier Verbesserungen der Sicherungsmaßnahmen gegen Wohnungseinbruchdiebstahl. Nach wie vor könnten aber noch mehr Einbrüche im Vorfeld durch richtiges Verhalten und die richtige Sicherungstechnik verhindert werden.
Glaswelt –Herr Schmidt, herzlichen Dank für das Gespräch!—
Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund.