Glaswelt – Was empfehlen Sie den Unternehmen der Branche bezüglich des Schutzes ihrer Marke? Ab welcher Unternehmensgröße sollte man sich darüber intensiv Gedanken machen – oder spielen hier vielleicht auch andere Faktoren eine Rolle?
Peter Kienle – Ich würde die Eintragung einer Unternehmensmarke nicht von der Unternehmensgröße abhängig machen. Eine Marke ist im Gegensatz zu Patenten und Designs ein beliebig verlängerbares und darüber hinaus preisgünstiges Schutzrecht. Eine Marke erhöht den Unternehmenswert, sorgt für Exklusivität, hat eine Imagefunktion und ist oft das einzige Mittel, um sich gegen Plagiateure zu wehren – um nur einige Gründe zu nennen.
Glaswelt – Der Schutz der Unternehmensmarke ist das eine – aber Produktnamen kommen bei einem umfangreicheren Portfolio sehr zahlreich vor. Sollte man auch jeden Produktnamen schützen lassen?
Kienle – Dazu kann ich keine generell gültige Aussage machen. Ob man Produktnamen schützen lässt oder nicht, hängt von der Unternehmensstrategie, von dem zur Verfügung stehenden Kapital und davon ab, über welchen Zeitraum und in welchen Stückzahlen man Produkte in den Verkehr bringt.
Glaswelt – Wie hoch ist der monetäre Aufwand eines Markenschutzes und eines Patentschutzes für eine Produktidee?
Kienle – Bei beiden Schutzrechtsarten hängen die entstehenden Kosten davon ab, in welchen Ländern bzw. Wirtschaftsräumen man Schutz begehrt und ob man einen Patentanwalt braucht oder nicht. Für eine deutsche Markenanmeldung in drei Waren- und Dienstleistungsklassen fallen Amtskosten in Höhe von 300 Euro an; für eine in den Ländern der EU einzutragende sogenannte Unionsmarke sind dafür 1050 Euro fällig. Zieht man einen Patentanwalt hinzu, kommen weitere Kosten auf den Anmelder zu. Für eine deutsche Patentanmeldung fallen Amtskosten in Höhe von ca. 500 Euro an; bei der Anmeldung eines europäischen Patents muss man mit ca. 1600 Euro rechnen. Bei Patentanmeldungen ist die Beauftragung eines Patentanwalts dringend zu empfehlen. Die Kosten sind von Kanzlei zu Kanzlei unterschiedlich. Hinzu kommen die Jahresgebühren, die über die Zeit progressiv wachsen. Im deutschen Verfahren wird ab dem 3. Patentjahr eine Gebühr von 70 Euro fällig, die bis ins 20. Jahr auf 1940 Euro steigt.
Glaswelt – Ist ein Patentschutz als eine Art reine Versicherung gegen Produktpiraterie anzusehen? Oder gibt es auch andere Gründe, die diesen Aufwand rechtfertigen?
Kienle – Durch ein erteiltes Patent erhält der Inhaber ein zeitlich begrenztes Monopolrecht für den geschützten Gegenstand in den Ländern, in denen er Schutz beansprucht hat. In diesem Schutzbereich kann er seine Rechte durchsetzen. Wird auf die Anmeldung verzichtet, so wird der Erfindungsgegenstand zum freien Stand der Technik und kann von jedermann genutzt werden. Die Anmeldung von gewerblichen Schutzrechten – im Wesentlichen sind das Marken, Designs, Patente und Gebrauchsmuster – ist der wirksamste Schutz gegen die zunehmende Marken- und Produktpiraterie. Mitunter werden Patente auch aufgrund ihrer Sperrwirkung geschätzt, d. h., man meldet eine bestimmte Technik, die man selber gar nicht nutzt, zum Patent an und kann es dadurch dem Wettbewerb erschweren oder unmöglich machen, in einem technischen Umfeld tätig zu werden. Wie Marken steigern auch Patente den Unternehmenswert und sind darüber hinaus werbewirksam einsetzbar. Natürlich lassen sich außerdem mit Lizenzen an gewerblichen Schutzrechten zusätzliche Einnahmen generieren.
Glaswelt – Was ist ein Gebrauchsmuster?
Kienle – Gebrauchsmuster sind, wie Patente, technische Schutzrechte mit dem Unterschied, dass sie nicht geprüft werden und auch nur eine begrenzte Laufzeit von 10 Jahren haben. Für die Anmeldung eines Gebrauchsmusters gelten die gleichen Voraussetzungen wie für Patente: Neuheit, Erfindungshöhe und gewerbliche Nutzbarkeit.
Glaswelt – Was empfehlen Sie Fensterherstellern bei einer Patentanmeldung?
Kienle – Unbedingt professionelle Hilfe, also einen Patentanwalt, hinzuzuziehen. Für erste Ansätze ist auch der Besuch eines der zahlreichen Patentinformationszentren mit der – kostenlosen – Erfinderberatung ratsam. Informationen gibt es auch hier: www.patente-stuttgart.de, www.epo.org, www.dpma.de.
Glaswelt – Roto ist sicher bereits mehrfach von Patentverletzungen betroffen gewesen – was war aus Ihrem Blickwinkel eine besonders dreiste oder schwerwiegende Produktpiraterie?
Kienle – Der dreisteste Fall der Marken- und Produktpiraterie wurde von uns während der fensterbau 2008 in Nürnberg bekämpft. Eine chinesische Firma hatte Marken, Designs und Patente der Roto Frank AG verletzt. Darüber hinaus wurden Katalogseiten, Werbemittel und sogar SAP-Nummern kopiert. Der Richter am Landgericht Nürnberg-Fürth hat daraufhin unserem Antrag stattgegeben und eine einstweilige Verfügung erlassen. Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Gerichtsvollzieher und der Polizei dann den ganzen Messestand abgeräumt. Der Stand des Marken- und Produktpiraten war gerade mal 50 m von unserem Messestand entfernt.—
Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund