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Im Interview mit Matthias Demmel vom PfB Rosenheim

Es hapert auch an Montagefehlern …

Glaswelt – Wenn auf einem Fenster oder einer Tür RC2 oder RC3 steht, ist dann auch wirklich RC2 oder RC3 drin?

Matthias Demmel – Wenn es per Kennzeichnungsschild aufgebracht ist, ja. Leider ist das aber seit Ausgabe der DIN EN 1627 nicht mehr verpflichtend für alle geprüften einbruchhemmenden Produkte. Grund war damals die mögliche Ergänzung der Einbruchhemmung nach EN 1627 unterhalb der CE Kennzeichnung für Fenster und Außentüren, die nun leider aufgrund der Bauproduktenverordnung seit 2013 weggefallen ist. Somit werden nur noch die zertifizierten und somit fremdüberwachten einbruchhemmenden Systeme verpflichtend gekennzeichnet. Hier sollte aber auch das drin sein, was drauf steht.Gefährlicher wird es bei Auftragsbestätigungen mit Angaben wie „In Anlehnung an DIN EN 1627“ oder „mit Beschläge nach DIN EN 1627“. Beides deutet darauf hin, dass keine Prüfung des Gesamtsystems Fenster oder Tür je erfolgt ist. Hier sollte genau hingeschaut werden und gegebenenfalls mit genauen Vereinbarungen schriftlich dokumentiert werden, welche Abweichungen zu einem geprüften System ausgeführt werden, auch im Hinblick auf eine spätere Bewertung durch die Versicherung.

Glaswelt – Was entgegnen Sie Nörglern, die beispielsweise sagen: Der Einbrecher weiß nicht, dass er ein RC2-Fenster nicht mit einem Kuhfuß traktieren darf?

Demmel – Grundsätzlich haben sie recht. Im Übrigen haben wir diese Diskussion ja nicht nur mit dem Kuhfuß, sondern auch mit den vielen mittlerweile leistungsstarken Akku-Werkzeugen. Deshalb ist es im Vorfeld einer Entscheidung für eine einbruchhemmende Widerstandsklasse wichtig, sich über den zu erwartenden Täter Gedanken zu machen, also eine Gefahrenanalyse zu machen. Das sollte sowohl im privaten Bereich als auch bei gewerblichen Objekten erfolgen und am besten auch schriftlich fixiert werden. Wichtig ist das für die Versicherung, aber auch insbesondere dann, wenn sich später Nutzungsänderungen oder Änderungen der Gefährdungslage ergeben. Helfen können dabei die kriminalpolizeilichen Beratungsstellen, die auch aktuelle Fallzahlen und Statistiken haben, aber auch eine fachgerechte Beratung der Hersteller, die geprüfte und zertifizierte einbruchhemmende Produkte vertreiben. Hilfestellungen zum Tätertyp findet man neben der Norm auch zum Beispiel im Leitfaden des PfB zu den Außentüren, der kostenlos auf der Homepage zum Download zur Verfügung steht.

Glaswelt – Sind die Regeln für die Prüfungen zu den Widerstandsklassen gleich? Also nicht nur in Deutschland, sondern europaweit? Gibt es da Interpretationsspielräume?

Demmel – Die akkreditieren Prüfstellen müssen eine Kompetenz hinsichtlich der Prüfungen nach DIN EN 1627 bis DIN EN 1630 bei der Deutschen Akkreditierungsstelle nachweisen. Zudem gibt es auch einen Erfahrungsaustausch der etablierten neutralen Einbruchprüfstellen im deutschsprachigen Bereich und auch unter einigen europäischen Prüfstellen. Hier versucht man die Unklarheiten der Normen festzuhalten, Lösungsvorschläge zu erarbeiten und mit den Zertifizierungsstellen und dem Normungsausschuss abzuklären, nicht zuletzt um auch Prüfberichte gegenseitig anerkennen zu können. Natürlich haben wir den manuellen Einbruchversuch als maßgeblichen Bestandteil der Prüfung, der weniger kraft-, aber vor allem erfahrungsabhängig ist. Deshalb legt unser Haus auch einen besonderen Wert auf die langjährige Erfahrung der Prüfer, um über die Jahre hinweg gleichbleibende Prüfergebnisse gewährleisten zu können.

Glaswelt – Woran hapert es Ihrer Erfahrung nach am häufigsten, wenn ein RC-Fenster seinen Vorgaben im Objekt nicht gerecht wird?

Demmel – Hier gibt es mehrere Punkte: nicht geschlossenes Fenster, nicht abgesperrter Fenstergriff, falsch oder mit zu viel Spiel gesetzte Schließplatten bei den Pilzzapfenverriegelungen, Fehler bei der Montage des Elementes im Objekt, zu große Spaltluft oder fehlende Falzluftbegrenzer, falsche Befestigungsmittel der Beschläge. Da sind an erster Stelle die selbstbohrenden Schrauben in Holzelementen zu nennen. Schließlich noch Qualitätsmängel des Rahmenmaterials.

Glaswelt – Und bei Türen?

Demmel – Das verhält sich sinngemäß zu den Fenstern. Zunächst nicht abgesperrte Verriegelungen. Denn auch bei selbstverriegelnden Mehrfachverriegelungen muss üblicherweise zusätzlich über den Profilzylinder abgesperrt werden, da sonst diverse Schwachstellen bleiben, die nur mit aufwändigen Maßnahmen gesichert werden können. Bei einigen Mehrfachverriegelungen kann damit auch das Einschließen der Verriegelungen überprüft werden. Dies kann zum Beispiel bei klimabedingtem Türflügelverzug verhindert sein. Dann gibt es noch häufiger Fehler bei der Montage des Elementes im Objekt, zu große Spaltluft oder fehlende Falzluftbegrenzer bzw. Hintergreifsicherungen oder falsche Befestigungsmittel der Beschläge.

Glaswelt – Vielen Dank für die Antworten.—

Die Fragen stellte Camillo Kluge.

Zur Person

Matthias Demmel ist Prüfstellenleiter und stellvertretender Leiter des Prüfinstituts für Bauelemente (PfB) in Stephanskirchen. Das PfB führt seit 2004 Bauteilprüfungen an Bauelementen und Beschlägen durch.

www.pfb-rosenheim.de

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