Glaswelt – Sie entwickeln Kommunikationsstrategien für ausländische Unternehmen, die im deutschen Markt Fuß fassen wollen und haben auch Einblick in die Fenster- und Fassadenbranche. Gegenwärtig kann man den Eindruck bekommen, dass der deutsche Markt gerade für größere Unternehmen aus dem Ausland – auch aus Polen – besonders attraktiv erscheint. Woran liegt das?
George S. Pascal – Grundsätzlich ist Deutschland einer der attraktivsten Märkte weltweit, den kaum ein global agierendes Unternehmen nicht berücksichtigt. Eine gesunde Wirtschaft, eine hohe Kaufkraft und seine Größe inmitten Europas skizzieren den deutschen Markt. Seine Attraktivität ist keine Momentaufnahme. Vielmehr sind vor allem die polnische Wirtschaft und ihre Unternehmen an einem Punkt, an dem Expansion zu einem wichtigen Wachstumsfaktor wird. Daher vermehren sich die Aktivitäten der Firmen hier merklich. Neben der Baubranche ist dies auch in Bereichen wie Kosmetik, Gesundheit, IT oder im Finanzwesen der Fall.
Glaswelt – Was machen denn die ausländischen Firmen richtig in ihrer Expansionsstrategie oder andersherum gefragt: Was machen die deutschen Unternehmen in Ihren Augen falsch?
Pascal – Ohne verallgemeinernd zu sein, herrscht in vielen deutschen Unternehmen ein sehr großer administrativer Apparat vor. Das Einstellen auf neue Marktsituationen fällt daher deutlich schwerer und es war lange Zeit auch nicht zwingend notwendig – so dachte man. Durch neue Marktteilnehmer entsteht ein verstärkter Wettbewerb. Was früher noch vergleichsweise einfach durch die eigene Größe und Position am Markt verdrängt werden konnte, wird stetig komplizierter. Neue Teilnehmer gehen bei ihrem Markteintritt immer professioneller und strategischer vor, setzen Ausrufezeichen in der Kommunikation und verfolgen ihre Ziele nachhaltig. Sie überzeugen mit neuen Produkten, einer hohen Qualität und neuen Unique Selling Points. Gewisse Marktstandards werden in Frage gestellt und das ist gut so. Schlussendlich profitiert der Verbraucher davon, wenn der Wettbewerb verstärkt wird.
Glaswelt – Ausländische Unternehmen, die hier Fuß fassen wollen, haben bereits riesige Kapazitäten aufgebaut. Ist Größe tatsächlich auch ein Schlüssel zum Erfolg?
Pascal – Selbstverständlich ist Größe ein Schlüssel zum Erfolg, jedoch nicht allein. Nur wer mit hoher Produktqualität, gutem Service und einer marktgerechten Ansprache die Zielgruppe von sich überzeugt, kann schlussendlich auch den Faktor Größe ausspielen. Die größte Fabrik hilft nichts, wenn man seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Eine Tatsache, die auch deutsche Hersteller zu spüren bekommen könnten.
Glaswelt – Was müssen kleinere herstellende Betriebe anders machen, um hier dem Wettbewerbsdruck und der Preisspirale zu entkommen?
Pascal – Für eine große Käuferschicht in Deutschland ist der billigste Preis nicht das entscheidende Kriterium. Wenn kleinere Betriebe es verstehen, einen einzigartigen Service oder ein einzigartiges Produkt anzubieten, können sie auch ihre zu erzielenden Preise durchsetzen. Eine spezielle Fähigkeit erkennen, die das Unternehmen auszeichnet und diese proaktiv an die eigene Zielgruppe kommunizieren, ist die Aufgabenstellung, der sich diese Betriebe – nicht erst seit gestern – gegenüberstehen.
Glaswelt – Worauf müssen sich die deutschen Anbieter – ob Industriell oder handwerklich orientiert – einstellen?
Pascal – In anderen Branchen ist es bereits zu beobachten gewesen, ob im Tourismus, der Automobilindustrie oder auch im Geschäft mit Handys und TV-Geräten. Die Globalisierung nimmt in allen Industrien zu und auch für den Fenstermarkt kommt diese Entwicklung nicht überraschend. Deutsche Anbieter würden falsch daran tun zu glauben, dass es sich um eine Phase handelt. Die neuen Marktteilnehmer sind gekommen, um zu bleiben. Es gilt für die Etablierten, eigene Stärken aktiv in den Vordergrund zu stellen, eine Abgrenzung zu schaffen und die Einzigartigkeit des eigenen Angebots zu kommunizieren – die Schaffung einer eigenen Markenwelt. Als Verlierer gehen meist nur die vom Feld, die es verpassen, ihre eigene Identität zu pflegen, ungeachtet ihrer Größe. Dabei muss strategisch vorgegangen werden. Hauruck-Aktionen sind nur selten von Erfolg gekrönt, wirken meist wenig authentisch und können mögliche Potenziale, die in der Vergangenheit unbeachtet blieben, nicht von heute auf morgen erschließen.
Glaswelt – Was glauben Sie, wie sich der Fensteranbietermarkt in ein paar Jahren darstellen wird? Wird die Konsolidierung noch weiter an Fahrt aufnehmen?
Pascal – Der Konzentrationsprozess wird meiner Meinung nach noch zunehmen, in welcher Geschwindigkeit ist schwer zu sagen. Das hängt auch davon ab, wie sich die etablierten Anbieter zukünftig aufstellen werden und welche Aktivitäten von den nach Deutschland exportierenden Unternehmen folgen. Herausfordernd wird es für alle Teilnehmer in jedem Fall. —
Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund.