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Wachstumsmarkt der Isolierglasbranche

Mit 3-fach-ISO in die Zukunft

GLASWELT: Herr Böttcher, nachhaltiges Bauen war das Topthema auf der BAU 2011 in München. Ein klares Signal für 3-fach-ISO?

Wolfgang Böttcher: Der Trend zu 3-Scheiben-Isolierglas setzt sich ungebrochen fort, weil es einen wichtigen Beitrag zu sparsamen, energie­effizienten Gebäuden leistet. Es gab auf der BAU kaum ein Exponat bei Fenster- und Fassadenherstellern ohne 3-fach-ISO und warmer Kante. Es zeigte sich: Die Botschaft energieeffizienter Glassysteme ist im Markt angekommen. Für uns als Glashersteller gilt es aber auch zu zeigen, dass es nicht nur eine energetische Optimierung ist. Mit 3-fach-ISO lassen sich auch weitere Anforderungen erfüllen wie: absturzsichernde Verglasungen, Brandschutzanforderungen und Überkopfverglasungen. Die Multifunktionalität solcher hocheffizienter Verglasungen ist gewährleistet und es gibt bereits entsprechende Lösungen.

GLASWELT: Wo sehen Sie Knackpunkte?

Böttcher: Die am häufigsten genannten Einwände zum Gebrauch von 3-fach-Isolierglas sind das erhöhte Scheibengewicht durch die dritte Scheibe und die höhere Einbaudicke, was für die Tragkonstruktionen neue Überlegungen erfordert. Durch die zusätzliche mittlere Glasscheibe, je nach Formatgröße 4 bis 6 mm dick, erhöht sich das Scheibengewicht um etwa 10 bis 15 kg/m2. Das zusätzliche Gewicht ist bei Festverglasungen konstruktiv leichter zu beherrschen, da die erhöhten Lasten durch den Baukörper und ggf. verstärkte Befestigungselemente abgetragen werden können. Bei beweglichen Öffnungselementen, die in der Regel nicht mehr als zwei Quadratmeter Glasfläche haben, müssen die Beschläge die zusätzlichen Lasten aufnehmen. Lagen bisher die Gewichtsgrenzen für Beschlagsysteme bei 75 kg, hat die Beschlagindustrie darauf reagiert und bietet heute Systeme für 100 bis 150 kg je Öffnungselement an. Die häufig bei der die Fenstermontage beklagten hohen Elementgewichte sind aber nur bei einer „manuellen“ Montage problematisch. Werden wie bei Fassaden oder größeren Elementen Hilfsgeräte benutzt, kann man mit den höheren Gewichten angemessen umgehen.

GLASWELT: Beeinflussen ausschließlich die höheren Scheibengewichte die Rahmengeometrie bzw. -tiefe der Fenster?

Böttcher: Nein, denn die Verbesserung der Wärmedämmung von Rahmenprofilen ist nur über eine Erhöhung der Konstruktionstiefe zu lösen. Betrug die Rahmendicke bisher etwa 60 bis 70 mm, liegt sie bei hoch gedämmten Profilsystemen bei 80 bis 100 mm und bietet damit auch ausreichend Raum für ein 3-fach-Isolierglas.

Glaswelt: Aber man kann doch auch aktuell noch 2-fach-ISO einsetzen?

Böttcher: Zur Einhaltung der EnEV 2009 können zwar durchaus je nach Auslegung der einzelnen Komponenten eines Gebäudes noch 2-fach-Isoliergläser verwendet werden, aber zwischen 2012 und 2020 sollen die energetischen Anforderungen nochmals erhöht werden. Das politische Ziel ist das sogenannte „Plusenergiehaus.“

GLASWELT: Welche Folgen hat das?

Böttcher: Kommt es zu einer weiteren Verschärfung der Anforderungen oder liegen weitere Entscheidungskriterien wie Förderprogramme der Bundesländer und der KfW-Bank oder zukunftsorientierte Gebäudetechnik (Passivhausstandard) zugrunde, wird der Einsatz von Dreifach-Wärmedämmglas zum Standard. Folgt man darüber hinaus den ungünstigen Szenarien zur mittel- und langfristigen Verfügbarkeit und der prognostizierten Preisentwicklung fossiler Brennstoffe, hat der EnEV 2009-Standard schon heute nur noch Altbauniveau. Dass die Problematik bereits erkannt wurde, bestätigt den heute schon hohen Produkt­anteil von 3-fach-Isolierglas mit bis zu 40 Prozent.

GLASWELT: Wie lassen sich die Eigenschaften einer Verglasung festlegen?

Böttcher: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Leistungseigenschaften für komplexe Fenster- und Fassadenelemente, Einzelkomponenten der Konstruktion wie Rahmen, Übergang Glas zu Rahmen und für die Verglasung festzulegen. Normativ vorgegeben besteht für alle Einzelkomponenten oder das Gesamtwerk die Möglichkeit, auf Tabellenwerte zurückzugreifen, zu messen oder zu rechnen. In der Regel ergeben Messungen oder Berechnungen bessere Werte, da Tabellenwerte aus Normen „Sicherheitszuschläge“ beinhalten. Bei der Bewertung von Ug- und Uw-Wert ist zu beachten, dass die Regelwerke verschiedene Rechenverfahren mit entsprechenden Toleranzen, z.B. für die Beschichtung des Basisglases, ermöglichen. Bei Produktvergleichen ist es daher wichtig, gleiche Bemessungsregeln zu verwenden.

GLASWELT: Worauf muss man bei der „richtigen Verglasung“ für ein Fenster achten?

Böttcher: Die komplexen Berechnungen für ein Gebäude, aus denen die Bauteilanforderungen UWD und UCW resultieren, sind Aufgaben von Fachplanern. Eine Ausnahme besteht bei Maßnahmen am Gebäudebestand und bei Nichtwohngebäuden mit normalen Temperaturen, bei denen UW-Werte vorgegeben sind. Grundsätzlich kann für beheizte Wohngebäude aufgrund verschiedener Vorgaben ein UW-Wert von 1,3 W/m2K und damit ein niedrigerer Wert als der Richtwert angenommen werden. Er muss jedoch im Einzelfall rechnerisch nachgewiesen werden. Die Entwicklung von Rahmenprofilen hat in den letzten Jahren mit der Erhöhung der Konstruktionstiefen, mit zusätzlichen Dämmebenen und IR-reflektierenden Oberflächen in den Profilen eine deutliche Verbesserung erfahren. Eine Unsicherheit bleibt in der Angabe des richtigen UW-Werts. Regelwerke wie die EnEV, DIN 4108-4, EN 14351-1, Prüfzeugnisse, CE-Zeichen, Berechnungen oder Anforderungen von Leistungsverzeichnissen lassen widersprüchliche Aussagen zu, welche Werte für ein konkretes Bauvorhaben verbindlich anzugeben sind. Planer sind aufgefordert, eindeutige Anforderungen zu definieren.

GLASWELT: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung bei Isoliergläsern ein?

Böttcher: Es gibt Entwicklungen mit dünneren Gläsern und Kunststofffolien, um das Gewicht zu reduzieren. Die geforderte Multifunktionalität von Verglasungen setzt für diese Produkte jedoch enge Grenzen. Vakuum-Isolierglas mit Verringerung der Glasdicken und Gewichte wird seit Jahrzehnten diskutiert. Ein marktfähiger konkreter Ansatz fehlt jedoch bis heute. 3-fach-Isolierglaseinheiten sind aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften komplexe Systeme. Diese bewegen sich im Spannungsfeld der Bauphysik zwischen Sonnenschutz und solaren Gewinnen, Tageslicht und Blendschutz. Klimalasten wirken sich stärker aus als bei 2-fach-ISO, führen zu hohen Beanspruchungen der Glasscheiben und des Randverbundes und müssen bei der Glaswahl berücksichtigt werden. Beachtet man die veränderten Belastungsbedingungen, ist 3-fach-ISO ein technisch beherrschbares Produkt. Es ist schwerer und dicker als herkömmliche Verglasungen, wobei sich die Fenster-, Fassaden- und Zubehörindustrie auf die geänderten Randbedingungen eingestellt haben. Qualitätsanforderungen aufgrund der zusätzlichen Scheibenflächen, der Beschichtungen und des Randverbunds sind bereits in technischen Regelwerken umfassend beschrieben und bieten Sicherheit in der Anwendung. 3-fach-ISO bedeutet für die Gebäudearchitektur keine Einschränkungen, es bietet ­eine deutlich bessere Wärmedämmung als 2-fach-Gläser und wird diese mittelfristig ablösen.

Tipp: Einen kompakten Überblick zu Eigenschaften von Mehrscheiben-ISO findet man auf https://www.glaswelt.de/. Im Suchfeld rechts den Webcode 1046 eingeben.

Kostenloser Download

Das kostenfreie und zertifizierte Berechnungsprogramm Caluwin 4.6 steht zum Download unter https://www.swisspacer.com/en bereit. Auf Basis der neusten Normen, Rechenverfahren und technischen Werte lässt sich für 2-fach- und 3-fach-Isolierglas nicht nur der Wärmedurchgangskoeffizient UW eines Fensters oder einer Fassade berechnen, sondern auch der Taupunkt am Glasrand unter vorgegebenen Randbedingungen ermitteln. https://www.swisspacer.com/en

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