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Vitrum 2011

Flaute in Mailand

Bei den Maschinenherstellern bestimmten auf der diesjährigen Vitrum insbesondere drei Themen die Gespräche: Automatisierung, Qualitätssicherung und Instandhaltung. Gerade die Automatisierung halte bei kleineren und mittelgroßen Glasbetrieben mehr und mehr Einzug. Dieser Trend werde anhalten, so führende Branchenexperten von Lisec, Bottero, Hegla und Intermac im Gespräch mit der GLASWELT.

Im Hinblick auf automatisierte Produktionslinien müsse Stillstandzeiten vorgebeugt werden. In diesem Zusammenhang spiele die Pre-Maintenance (= vorbeugende Instandhaltung) eine immer wichtigere Rolle. Es gehe darum, Maschinen und Anlagen so zu konzipieren, dass diese frühzeitig Rückmeldung geben, mögliche Ausfälle zu minimieren oder ganz zu vermeiden. Hier arbeiten die großen Anbieter an neuen Konzepten. Zudem würden künftig verstärkt Wartungs- und Servicepakete für die Glasverarbeiter angeboten.

Gerade vor den Hintergrund einer gesteigerten Effizienz und des Ausbaus der eigenen Flexibilität in der Fertigung (bei gleichzeitig minimierten Ausschuss), lohne sich auch für Mittelständler die Investition in automatisierte Fertigungsprozesse. Hierfür waren automatische Lager-, Transport- und Bestückungsanlagen (z.B. von APB, Bottero oder Hegla) zu sehen sowie Anlagen zum Restplattenhandling. Diese bedienen hochautomatisierte Schneidanlagen für Float und VSG. Gerade bei den dynamischen Schneidlinien sind Anlagen mit Linearantrieb weiter auf dem Vormarsch und erfreuten sich eines starken Besucherinteresses, so Manfred Vollbracht von Hegla

In Sachen Qualitätssicherung konnten die Anbieter von Scannertechnik auf der Vitrum einen sehr guten Besucherzulauf verbuchen. Solche Scanneranlagen sind heute in der Lage, Kratzer oder Verunreinigungen direkt auf der Scheibe optisch sichtbar zu machen. Es war beeindruckend zu sehen, wie der Anlagenführer mögliche Mängel sofort im Blick hat und prüfen kann, ob die Scheibe auszutauschen ist. Diese Technik erleichtere gerade bei Maxiformaten (Breite 3210 mm) die Prüfung, insbesondere wenn Fehler im oberen Scheibensegment, d.h. über Augenhöhe, vorliegen.

Die Einbindung eines Scanners in die Fertigungslinien für Isolierglas sowie Sicherheitsgläser helfe effektiv, schadhafte Gläser frühzeitig zu erkennen und auszusortieren. Dies spare Kosten, da so nachfolgende, teure Bearbeitungsprozesse vermieden würden. Gleichzeitig lasse sich (insbesondere bei dynamisch gesteuerten Linien) die Nachproduktion frühzeitig anstoßen, um so die zugesagten Liefertermine einzuhalten.

Weiter standen energiesparende Maschinen im Blickpunkt, was sich bereits auf der letzten Vitrum abgezeichnet hatte, diesmal aber noch stärker zum Ausdruck kam: Der Energieverbrauch vieler gezeigter Anlagen war nochmals deutlich gesenkt worden. Bei den Verarbeitern seien durch Prozessanpassung in der Produktion die Einsparpotenziale vielfach soweit optimiert, dass die Energieeinsparung durch sparsame Maschinenmotoren weiter an Bedeutung gewinne.

Maschinen steuern mit dem iPad

Interessant war zu hören, dass obwohl die Anlagentechnik komplexer werde, die Maschinenbauer gesteigerten Wert darauf legten, dass die Anlagen leicht (und intuitiv) zu bedienen seien. Am Glaston-Stand wurde dies beispielhaft vorgeführt. So zeigte ein Maschinenführer, wie sich eine Schleifanlage nicht nur über den Touch-Screen der Maschine bedienen lasse, sondern auch über ein iPad (sowie andere Tabletts). Hierbei müsse der Bediener nicht neben der Maschine stehen, mit Ausnahme beim Starten.

Neben den europäischen Anlagenherstellern präsentierten auch die chinesischen Ofenbauer Landglass und Northglass neue Vorspanntechniken. Die Ofenanbieter freuten sich über die wachsende Nachfrage nach Sicherheitsgläsern, die sich in der gesteigerten Nachfrage nach Vorspannöfen niederschlägt. Beim Vorspannen zeichnet sich darüber hinaus ein Trend zu Dünnglas (auch unter 2 mm) ab. Dieses eignet sich auch für den Einbau bei Isolierglas, um die Scheibengewichte zu senken. Neben Ofentechnik aus Österreich (Lisec) zeigte auch der Anbieter Cooltemper hierfür seine neue Techniken.

Mit der Zunahme von ESG wächst auch der Bedarf an Kantenbearbeitungsanlagen, um das Glas bzw. die Glaskante entsprechend für das Vorspannen vorzubereiten. Hierfür gab es diesmal eine ganze Reihe von neuen Schleifmaschinen sowie doppelseitigen Kantenschleifanlagen zu sehen, wie sie etwa bei Anbietern wie Lattuada, Intermac oder Bottero vorgestellt wurden. Dabei war die Tendenz zu sehen, große Schleifmaschinen mit einer (kleinen) Waschmaschine auszurüsten. Gerade wenn Verbundgläser geschliffen werden, soll dies vermeiden, dass schmutziges Schleifwasser zu dauerhaften Verunreinigungen der Glasoberfläche führt.

D-A-CH als Pulsgeber

Im Gespräch mit den führenden Anlagenbauern und Ausstellern zeichnete sich ein interessantes Bild über den deutschen und den europäischen Markt ab: Im deutschsprachigen Raum entwickle sich der Markt aktuell recht gut. Insbesondere in Deutschland und Österreich gebe es moemtan viele Glasverarbeiter, die in neue Anlagentechnik investierten. Und auch die Schweiz biete gute Potenziale. Dem gegenüber schwächeln die Märkte in Südeuropa nach wie vor.

Über die diesjährige Vitrum waren die Aussteller geteilter Meinung: Während die einen davon sprachen, dass zu wenig (internationale) Besucher vor Ort waren, sagten die anderen, dass sie bereits am ersten Messetag gute Geschäfte gemacht hätten. Der allgemeine Tenor war jedoch: Weniger Besucher an den Ständen als zuvor. Um Kosten zu sparen, hatten zudem viele Aussteller in diesem Jahr ihre Stände verkleinert. Insgesamt hätten wohl drei Hallen genügt, um alle Aussteller unterzubringen, so die durchgängige Meinung.

Der Messe-Start war in Sachen Besucherzahlen verhalten und dieser Trend setzte sich auch zum Messeende fort. Am Messefreitag und Samstag konnten an vielen Ständen fast nur italienische Besucher begrüßt werden, kaum noch internationale Interessenten, so die Aussteller.

Dazu das Statement von Renata Gaffo, Direktorin der Vitrum: „Wir sind sehr zufrieden über die Zahl der italienischen und ausländischen Besucher, die die diesjährige Vitrum zu schätzen wussten, ebenso wie über die teilnehmenden Aussteller. Die Zahl von 20255 Besuchern, 10478 davon aus Italien und 9777 aus dem Ausland (+ 3,3 Prozent) hätten die anfänglichen Erwartungen der Veranstalter übertroffen.

Dennoch: Die diesjährige Veranstaltung zeigte, dass die Messe im Interesse der Besucher an Bedeutung verloren hat. —

Matthias Rehberger

Ausstellerstimmen

Allesandro de Angelis, Denver:

„Wir hatten einen ruhigen Start, jedoch sehr erfolgreiche Gespräche.“

Horst Mertes, Fenetec:

„Wir hatten viele Neukontakte; die Besucherqualität war sehr gut.“

Alessandro Fenzi, Fenzi:

„Die Messe ist besser angelaufen als wir erwartet hatten. Das hat uns sehr gefreut. ich bin froh, dass im Jahr unseres 70. Geburtstags die Geschäfte gut laufen.“

Arto Metsänen, Glaston:

„Die Automatisierung und der Service sind die großen Themen der kommenden Jahre.“

Manfred Vollbracht, Hegla:

„Es gab in den Hallen zu viele Leerräume, man hätte die Messe auch in drei Hallen unterbringen können.“

Carlo Strappa, Intermac:

„Wir haben zwar in diesem Jahr wieder unsere Standgröße gehalten, sind aber nicht sicher, ob die Messe noch stark genug Besucher anzieht.“

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