Die „Platine“, das Herzstück der Cité du Design, ist ein Gebäudeprojekt mit Vorbildcharakter. Geplant und gebaut wurde es von dem deutsch-französischen Büro LIN Finn Geipel + Giulia Andi.
Wie eine Straße verbindet sie die benachbarten Gebäude miteinander und beherbergt zentrale Funktionen wie Ausstellungsräume, das Amphitheater und die Bibliothek. Entsprechend wurden die unterschiedlichen Nutzungsbereiche in vier Abschnitten hintereinander geschaltet – so geht auch der Innenraum wie eine Straße in verschiedene Zonen über.
Die Tragkonstruktion der Platine, ein stählernes Raumfachwerk, erlaubt einen stützenfreien Raum mit rund 200 m Länge und 30 m Breite. Hinter der Klarheit und Geradlinigkeit des flachen, langgestreckten Baukörpers verbirgt sich ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Diese beruht unter anderem auf der innovativen Fassade, die wie das Dach von einem Netzwerk aus rund 14000 hoch differenzierten, interaktiven und multifunktionalen gleichseitigen Dreiecken mit 1,20 m Seitenlänge umgeben ist.
Darüber hinaus ermöglichen mobile Glaselemente eine individuelle Raumstrukturierung je nach Anforderung.
Auch wenn die scheinbar willkürliche Anordnung der Dreieckselemente dem Gebäude spielerisch kunstvollen Charakter verleiht, ist sie nicht zufällig. Denn die Gestaltung der Außenhaut beruht auf einem ausgeklügelten Zusammenspiel unterschiedlichster Aufgaben wie Belichten, Isolieren, Verschatten, Entrauchen, Entlüften, Regulieren, Strom produzieren oder auch farbig Akzentuieren.
Dafür sind die Dreiecke mit zwölf unterschiedlichen Elementtypen ausgefacht, wobei einige davon speziell für das Bauvorhaben entwickelt wurden. Neben Dreiecksflächen, die mittels pflanzlichen Farbstoffen Energie produzieren und Photovoltaik-Paneelen, gibt es mit Streifen bedruckte Sandwich-Elemente, die sich mithilfe von integrierten Motoren leicht gegeneinander verschieben und so den Lichteinfall regulieren.
Auch klassische, isolierte Aluminium-Sandwich-Elemente mit und ohne Argongas sowie Dreiecke mit Sonnenschutzgläsern in gelb oder grün, die im Innenraum Farbakzente setzen, sind Bestandteil der Fassade.
Die Gebäudehülle enthält Dreieckselemente, die mit dem Funktionsglas Okasolar von Okalux aus Marktheidenfeld ausgestattet wurden. Das Isolierglas Okasolar W kam in der Fassade der Platine zum Einsatz, im Dach wurde Okasolar S eingebaut. Beide Funktionsgläser verhindern mit ihren feststehenden Lamellen im Scheibenzwischenraum eine direkte Einstrahlung des Sonnenlichts und sollen so eine optimale Balance zwischen Sonnen schutz und Tageslichtnutzung gewährleisten.
Mit ihrem spezifischen Querschnitt reflektieren die Lamellen einen großen Teil der solaren Einstrahlung nach außen zurück, sodass sich der Innenraum nicht aufheizt; gleichzeitig wird ein Anteil des Tageslichts diffus in den Innenraum gelenkt. Damit tragen die Funktionsgläser zur hohen visuellen und thermischen Behaglichkeit in der Platine bei.
Bei Okasolar S handelt es sich um ein Tageslichtsystem für die Dachverglasung. Durch seine richtungsselektiven Spiegelprofile bietet es eine Kombination aus Sonnenschutz und Lichtversorgung. Der flache Lamellenquerschnitt ermöglicht eine partielle Durchsicht auf einen Flächenanteil bis maximal 80 %, abhängig von der Blickrichtung. Mit dem Spezialisolierglas lässt sich ein thermischer Sonnenschutz mit g-Werten bis 9 % erreichen (Ug-Werte bis 1,3 W/m2K sind möglich).
Okasolar W ist ein Isolierglas mit optisch geregeltem Sonnenschutz, der von den aktuellen Einstrahlungsbedingungen abhängt. Mit dreidimensional geformten, richtungsselektiven Spiegelprofilen für den Fassadenbereich lasse sich so ein leistungsfähiger, richtungsselektiver Sonnenschutz erreichen. Ebenso sei eine indirekte Raumausleuchtung durch Tageslichtlenkung zur Raumdecke möglich sowie partielle Durchsicht und Blendschutz. Bei Einbau in die senkrechte Fassade werden g- Werte bis 12 % erreicht, die winkel- und typenabhängig sind.
Nicht zuletzt führte die hohe Flexibilität der Fassade, die als dreidimensionale Haut je nach Programm und Saison auf die aktuelle Situation reagieren kann, zu der Einstufung der Cité du Design als qualitativ hochwertiges Bauwerk nach HQE Standard (Haute qualité environnemental, einer französischen Umweltzertifizierung). —
Bautafel
Cité du Design, Saint-Étienne, Frankreich
Bauherr: Saint-Étienne Métropole
Architekt: LIN Architects Urbanists; Finn Geipel + Giulia Andi, Berlin
Tragwerk: Werner Sobek + Thomas Winterstetter, WSI, Stuttgart, New York
Klima: Matthias Schuler + Arnaud Billard, Transsolar, Stuttgart, New York
Gläser: Okasolar S und Okasolar W von Okalux, Marktheidenfeld