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Schnell geklärte Schuldfrage

Der Handwerker ist nicht immer Schuld

Im vorliegenden Fall sollte der Glassachverständige klären, ob der beim Einbringen eines Mischbindemittels zur Verfestigung von Böden (auf Baustellen) entstandene Staub Glasschäden angerichtet hat? Gegen den Bauhandwerker, der diese Arbeiten durchgeführt hatte, klagte eine Nachbarin, da sich der Staub des ätzenden Bindemittels in die Oberfläche ihrer Glassteinwand () eingefressen habe. Zur Schadensbeseitigung sei ein vollständiger Austausch der Glasbausteine erforderlich, die Kosten: 4988,- Euro.

Klärung beim Ortstermin

Das bei den Arbeiten verwendete Bindemittel besteht im Wesentlichen aus Weißfeinkalk und Zement und wird maschinell in die Böden eingemischt. Hier reagiert der Weißfeinkalk mit dem im Boden befindlichen Wasser zu Calciumkarbonat. Auch auf Glasoberflächen reagiert der Staub in Verbindung mit Wasser und kann zu Verätzungen führen, wenn er nicht rechtzeitig und gründlich genug entfernt wird.

Beim Ortstermin schilderte die Klägerin, dass die Bodenverfestigungsarbeiten auf der etwa 100 m entfernten Baustelle durchgeführt worden seien. Sie bemerkte an Ihrem Küchenfenster und im gesamten Umfeld ihres Wohnhauses erheblichen weißlichen Staubbefall und meldete dies am Tag darauf dem Grundstückseigentümer. ­Dieser ließ daraufhin Reinigungsarbeiten durch einen Fensterreiniger durchführen. Alle Fensterscheiben wurden rückstandslos gereinigt. Auf den 40 Jahren alten Glasbausteinen verblieb trotz mehrerer Reinigungsversuche ein trüber Belag auf der Außenoberfläche (). Der Belag sei bei Sonnenschein deutlich sichtbar und vor dem Schadenstag nicht vorhanden gewesen.

Bei bedecktem Himmel konnte der Gutachter bei Besichtigung der Glasbausteine einen leichten trüben Belag, teils streifenförmig, feststellen.Die Isolierglasscheibe in der benachbarten Küche war hingegen rückstandslos sauber. Die ISO-Scheiben zeigten einen Stempel 4/92 auf dem Abstandhalter. Sie sind demnach 18 Jahre alt.

Bei Besichtigung der Glasscheiben und Glasbausteine an den Nachbargebäuden konnte der Sachverständige keine Beläge feststellen. Die Glasbausteine am linken Nachbargebäude seien nach Aussage der Klägerin 20 Jahre alt.

Auf den Isoliergläsern in den übrigen Fenstern des Gebäudes konnte der Belag durch die Reinigung rückstandslos entfernt werden. Das wäre nicht mehr möglich gewesen, wenn bereits Verätzungen stattgefunden hätten.

Die Glasbausteine sind 22 Jahre älter als die Isolierglasscheiben und aufgrund der alterbedingten Verwitterung ist davon auszugehen, dass die Eintrübungen schon vor dem Schadenstag vorhanden waren. Der Frage des Anwalts der Klägerin, ob eine Vorschädigung (Verwitterung) der 40 Jahre alten Glasbausteine einen verstärkenden Einfluss auf weitere Oberflächenangriffe habe, stimmte der Sachverständige zu. Da jedoch die Isoliergläser in den übrigen Fenstern rückstandslos gereinigt werden konnten, sei davon auszugehen, dass auch auf den Glasbausteinen noch keine Verätzungen stattgefunden haben.

Das meint der Sachverständige

Nicht immer ist ein Handwerker Schuld, wenn Schäden an Glasscheiben, oder wie im vorliegenden Fall an Glasbausteinen, gemeldet werden. Es sind auch nicht immer aufwendige Untersuchungen notwendig, um die Fragen des Gerichtes zu beantworten. Allein die Schilderung des Herganges und die Feststellungen des vermeintlichen Schadensbildes lassen in manchen Fällen Schlussfolgerungen zur Beantwortung der Fragestellung zu. Im vorliegenden Fall stammen die Eintrübungen auf den Glassteinen von der 40-jährigen natürlichen Verwitterung. —

Der Autor

Dipl.-Ing. Wolf-Dietrich Chmieleck ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Glastechnik und Glasanwendung.

IGA Institut für Glas-Anwendung

Tel. (0 23 02) 7 53 83

iga@chmieleck.de

https://www.iga-chmieleck.de/

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