Kleb- und Dichtstoffe beanspruchen nur einen geringen Anteil in der CO2-Bilanzierung des gesamten Gebäudes. Ihre einwandfreie Funktion jedoch ist überproportional wichtig für die Lebensdauer des Gesamtbauwerks. Berücksichtigt man zusätzlich noch Kriterien, wie etwa die Energiegewinnung während des Einsatzes oder die Verlängerung der Lebenszeit des Gebäudes, bringt die Betrachtung der gesamten Ökobilanz das umfassendere Bild und zeigt die Bedeutung der Abdichtungsmaterialien.
In Bauanwendungen sind Dicht- und Klebstoffe dauerhaft den verschiedensten dynamischen und statischen Lasten sowie Umwelteinflüssen (z.B. Temperaturschwankungen, Regen, Sonneneinstrahlung, Ozon, Wind, etc.) ausgesetzt.
Obwohl verschiedene Standards (EN, ISO, ASTM, etc.) entwickelt wurden, um die korrekte Funktionsweise von Baumaterialien sicherzustellen, können diese nicht garantieren, dass die erwartete Lebensdauer eines Bauwerks tatsächlich mehr als 50 Jahre beträgt.
Oft wird bei Abdichtungs- oder Klebematerialien die Bruchspannung als wichtigstes Kriterium für ihre Dauerhaftigkeit angesehen. Doch einige Beispiele werden im Folgenden zeigen, dass hohe Bewegungsaufnahme und elastische Rückstellung für manche Anwendungen sogar noch wichtiger sind. Generell gibt es vier verschiedene Möglichkeiten, die CO2-Bilanz eines Baumaterials zu verbessern:
- Reduzierter Energieverbrauch während der Lebensdauer (verbesserte Energieeffizienz)
- Reduzierter Energiebedarf bei der Produktion (verringerte Graue Energie)
- Verlängerte Lebenszeit eines Gebäudes (beispielsweise von 40 auf 100 Jahre)
- Verbessertes Recycling (Lebensende)
Noch vor 30 Jahren wurden 90 Prozent des Energiebedarfs eines Gebäudes durch Heizen und Kühlen verbraucht, während die Graue Energie (= Energie, die für Herstellung, Transport und Entsorgung eines Produkts benötigt wird) der eingesetzten Materialien weniger als 5 Prozent betrug. Die Ursachen waren schlechte Dämmung und geringe Luftdichtigkeit.
Die Graue Energie wird wichtiger
In den letzten Jahren haben das verstärkte Bewusstsein für Umweltbelange und steigende Energiekosten dazu geführt, Gebäude stärker zu dämmen, leistungsfähigere Fenster einzusetzen, Zugluft zu reduzieren und Wärmerückgewinnungssysteme einzusetzen. Es entstanden Niedrigenergiehäuser mit um bis zu 80 Prozent verringertem Heiz- und Kühlbedarf. Damit hat bei den eingesetzten Materialen die Bedeutung der Grauen Energie deutlich zugenommen. Diese kann in solchen Gebäuden bis zu 50 Prozent der gesamten Ökobilanz ausmachen. Voraussetzung ist, dass das Gebäude während der gesamten Lebensdauer (50 bis 100 Jahre) voll funktionsfähig bleibt, was allerdings schwierig nachweisbar ist.
Bei Passivhäusern hat die Graue Energie einen so großen Anteil an der Ökobilanz, dass weitere Verbesserungen der Energieeffizienz nicht zu Lasten der Grauen Energie gehen dürfen. In manchen Fällen, etwa bei Isoliergläsern durch die Verwendung von Krypton statt Argon, können jedoch diese Verbesserungen der Energieeffizienz die Gesamt-CO2-Bilanz erhöhen. Tatsächlich reicht die während der gesamten Lebensdauer gewonnene Energieeffizienz dieser Isoliergläser nicht aus, um den Bedarf an Grauer Energie zu kompensieren, der für die Herstellung Ihrer Kryptonfüllung aufgewendet werden muss.
Silikonkleb- und -dichtstoffe benötigen in der Herstellung nur einen geringen Anteil der gesamten Grauen Energie aller Baumaterialien. Sie spielen jedoch eine wichtige Rolle bei der Energiereduzierung während der Lebensdauer des Gebäudes durch eine verbesserte Fugendichtigkeit und damit reduzierte Zugluft.
Mangelhafte Verfugungen haben einen hohen und langfristen (negativen) Einfluss auf die Energieeffizienz eines Gebäudes.
So können Luftleckagen in Gebäuden bis zu 50 Prozent des (Wärme-) Energieverlusts ausmachen. Dieser Wert steigt noch bei hochisolierten Gebäuden. Auch der U-Wert einer Fassade wird durch undichte Fugen deutlich reduziert, da die Feuchtigkeit von der Dämmschicht aufgenommen wird und diese an Wirksamkeit verliert.
Demgegenüber haben luftdichte, gut belüftete Gebäude einen reduzierten Energieverbrauch und verbessern gleichzeitig den Wohnkomfort. Silikondichtstoffe helfen, diese Luftdichtigkeit dauerhaft zu erreichen: Bei der Fenstermontage verhindern sie Luftleckagen zwischen Wand und Rahmen sowie zwischen Glas und Fensterrahmen. In Simulationstests konnte festgestellt werden, dass der Energiegewinn durch korrekte Fugenabdichtung während der Lebensdauer den Energiebedarf für die Herstellung des Dichtstoffs bei weitem übersteigt.
Silikondichtstoffe werden ebenfalls verwendet, um energiesparende 2-fach- oder 3-fach-Isoliergläser mit geringen U-Werten herzustellen.
In Structural Glazing Anwendungen hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Verwendung von Silikonklebstoffen mit geringer Wärmeleitfähigkeit den Brückeneffekt zwischen dem Glas und den Metallkomponenten verhindert und somit mögliche Kondensation reduziert und die Energieeffizienz der Fassade verbessert. Gleichzeitig ermöglicht die Verklebung die Kraftübertragung vom Glas auf den Rahmen und trägt somit zur Standsicherheit des Gebäudes bei.
Seit einigen Jahren werden Silikonklebstoffe auch für die Fensterverklebung eingesetzt. Dies ermöglicht reduzierte Rahmengrößen und damit mehr Lichteinfall durch die vergrößerte Fensterfläche sowie verbesserte Wärmeisolierung. Besonders bei 3-fach-Isolierglas kann die Fensterverklebung trumpfen. Sie ermöglicht den Verzicht auf zusätzliche Komponenten (Verglasungsklötze, Metallverstärkungen, etc.) und reduziert damit das Gesamtgewicht des Fensters.
Die Verklebung von (unterschiedlichen) Baukomponenten bzw. -materialien bietet gegenüber mechanischen Fügetechniken eine Reihe von Vorteilen: Klebstoffe können Lasten auf größere Flächen verteilen, verursachen keine Korrosion und gleichen Unebenheiten aus.
Zudem schützen Klebstoffe andere Bauteile vor dem Eindringen von Feuchtigkeit und Luft.
Ein Kleber mit einer hohen Festigkeit kann dynamische Windlasten abtragen, um das Glas an Ort und Stelle festzuhalten. Ein mittleres E-Modul (Elastizitätsmodul) dagegen ermöglicht die Energieaufnahme unter extremen Bedingungen, wie bei Windstürmen oder Explosionen. Silikondicht- und -klebstoffe haben durch Kombination dieser Eigenschaften vielfach ihre Eignung für solche Anwendungen bewiesen.
Für die Abtragung statischer Lasten, wie das Eigengewicht der Glasscheibe, würden sich hochfeste Klebstoffe mit einem hohen E-Modul am besten eignen. Andererseits treten hier auch Bewegungen durch Temperaturveränderungen auf, die der Klebstoff abfangen muss. Zusätzliche Belastungen verursachen externe Faktoren, wie Luftfeuchtigkeit, Wärme und Wind. Um diesen Wärmespannungen dauerhaft zu widerstehen, braucht der ideale Klebstoff ein mittleres E-Modul und gleichzeitig eine hervorragende Elastizität und elastische Rückstellung.
Berücksichtigt man alle auftretenden Belastungen, lässt sich zusammenfassend sagen, dass Klebstoffe mit einem mittleren E-Modul und hoher Rückstellung sowie hoher Wasserbeständigkeit den besten Kompromiss bieten. Sie widerstehen statischen und dynamischen Lasten und zeigen eine langfristige Beständigkeit gegenüber Umweltbelastungen.
Durch ihre chemische Zusammensetzung zeigen Dicht- und Klebemittel auf Silikonbasis eine sehr gute Beständigkeit gegenüber UV-Licht und Wärme. Zudem erhalten sie ihren elastischen Charakter auch bei sehr niedrigen Temperaturen und verändern ihr E-Modul im Zusammenhang mit Temperaturschwankungen nur geringfügig. So können sie in heißen und in kalten Klimazonen eingesetzt werden. Trotz ihrer beschränkten Bruchspannung können sie in Structural Glazing Anwendungen Gewichte, wie von 3-fach-Isoliergläsern oder sehr großen Glasscheiben, gut aufnehmen, da sie die durch thermische Veränderungen entstehenden Bewegungen zwischen Glas und Rahmen absorbieren können. Dies wird durch ihren elastomeren Charakter und die gute Bewegungsaufnahme ermöglicht. Aus diesen Gründen haben sich Silikondicht- und -klebstoffe bei Wetter- und Alterungstests anderen Materialien gegenüber überlegen gezeigt.
Alle genannten Eigenschaften von Dicht- und Klebemitteln aus Silikon ermöglichen langlebige, dauerhafte Verklebungen und Verfugungen bei Anwendungen, in denen die Bewegungsaufnahme eine wichtige Rolle spielt. So tragen sie zu einer guten Ökobilanz des Gebäudes bei. –
Vortrag bei den GPD 2011
Auf den Glass Performance Days 2011 (17. bis 20. Juni) wird Patrick Vandereecken von der Dow Corning Europe S.A. das Thema am 20. Juni mit dem Vortrag „Life Cycle Analysis and Durability of Building Assemblies“ ausführlich erörtern. Neben diesem Vortrag gibt es noch eine 2. Präsentation „Transparent Structural Silicone Adhesive“ durch Charles Clift, (CDC Inc.) einen externen Partner von Dow Corning. https://gpd.fi/ http://www.dowcorning.com