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Optimierte Produktion (Folge 3)

Effizienz steigern, aber wie?

Das Thema Produktivität betrifft alle Verarbeiter und zählt zu den „Dauerbrennern“, wenn man sich langfristig am Markt behaupten will. Doch wie erreicht man es, auch wirklich produktiv zu sein?

Bei der Optimierung des Betriebs müssen nicht nur die harten Fakten wie die Maschinentechnik und Anlagensteuerung stimmen: Eine wichtige Rolle spielt auch die Produktionsplanung sowie die Vorgaben und das Verhalten des Führungsteams. Die folgenden Faktoren sind notwendig, um im Betrieb effizient fertigen zu können:

  • Funktionaler Anlagenaufbau und stimmige Ablauforganisation,
  • Planungs- und Steuerungssysteme müssen zur (gewünschten) Produktpalette passen
  • Controllingsysteme müssen die Nachvollziehbarkeit von Veränderungen ermöglichen
  • Das Führungsverhalten des gesamten Managements muss aktiv den permanenten Optimierungsprozess im Betrieb unterstützen

Materialflow so wichtig wie Cashflow

Nicht nur in Hightech-Betrieben und bei vernetzter Technologie ist es wichtig, die Maschinenanordnung und damit den Materialfluss im Auge zu behalten. Nichts ist unwirtschaftlicher, ja sogar gefährlicher, als sich kreuzende Material­ströme und -transporte.

In Folge 1 der Serie haben wir über Wertschöpfung gesprochen. Und obwohl jeder weiß, dass das Transportieren einzelner Gläser von A nach B und das damit verbundene Zwischenlagern alles andere als wertschöpfend ist, scheint in manch einem Betrieb auf den ersten Blick die Anordnung des Maschinenparks rein willkürlich zu sein. Manchmal will man auch nur aufgrund der alten Baustruktur nichts verändern. Dann steht eine neue Anlage eben dort, wo gerade Platz ist.

Das bedeutet aber auch, und darüber sind sich diese Betriebe nicht im Klaren, dass viel Zeit und produktive Arbeitkraft vergeudet wird, da kein produkt-relevanter Materialfluss gegeben ist.

Sicher ist nicht für alle produzierten Gläser und Scheiben gleichermaßen der ideale Durchlauf umsetzbar, aber das Gros folgt einem vorgegebenen, logischen Weg, der durch die Maschinen- oder Abteilungsanordnung abgebildet sein sollte. Hat sich das Unternehmen auf eine bestimmte Produktpalette eingerichtet, ist der Aufwand, die Maschinen entsprechend in der passenden Reihenfolge aufzustellen, um einen technologisch „durchgängigen“ Fertigungsablauf zu erreichen, schnell wieder verdient.

Alles eine Frage der Zeiterfassung

Wer seine Kennzahlen nicht kennt, kann sie nicht bewusst verändern. Oft handelt es sich bei der Zeiterfassung um Systeme, die hauptsächlich zur Betriebssteuerung genutzt werden. Erfasst werden hierbei meist: Mitarbeiter-Anwesenheit (kommt/geht), Auftragsstart/Auftragsende, Bearbeitungsstart/Bearbeitungsende. Sind Bearbeitungsstart und -ende verfügbar, ist zumindest für eine ganze Reihe von Gläsern eine zeitliche Bewertung der Bearbeitungsdauer möglich. Um jedoch konkrete Schlüsse auf einzelne Arbeitsarten, Bearbeitungsaggregate oder ganze Arbeitsbereiche ziehen zu können, reichen diese ­ Zahlen nicht aus. Hierzu muss ein Zeitwirtschaftssystem eingerichtet werden, das anhand konkreter Vorgangszahlen Aussagen erlaubt zu:

  • Personalleistung und Maschinenkapazität
  • (Nach-) Kalkulation und Controlling
  • Kapazitätsauslastungen ganzer Arbeits­bereiche

Dafür ist ein Betriebsdatenerfassungs-System (BDE) erforderlich, mit dessen Hilfe u.a. die Ausbringungsmenge zeitlich bewertet und den eingesetzten Arbeitsstunden gegenübergestellt werden kann. Wer die Kapazitäten seiner Betriebsbereiche kennt, kann die Produktion ganz gezielt auslasten. Um das umzusetzen, muss man dafür sorgen, dass kein Material die (oft engen) Transportwege versperrt und überlaufende Pufferplätze vermeiden. Dies reduziert deutlich die Bruchgefahr und unterstützt, dass die Auftragsreihenfolge eingehalten wird.

Überwachung der Produktivitätsentwicklung

Wie eingangs erwähnt, ist es nicht ausreichend, Produktivitätswerte zu ermitteln und sie dann nicht in ihrer Entwicklung zu verfolgen. Die Produktivitätsentwicklung ist der Gradmesser dafür, ob die richtigen Entscheidungen getroffen und die richtigen Maßnahmen durchgeführt wurden. Geeignete Controlling-Instrumente unterstützen das Management bei seiner Kontroll- und Planungsfunktion.

Ein wesentliches Instrument hierbei sind Kennzahlen, die es bereits gibt oder die es zu entwickeln gilt. Dabei handelt es sich um Zahlen zur Bewertung und Analyse von Produktions- und Logistikabläufen, wie z.B. Ausschuss- und Nacharbeitsquote, Schrottquote, Auslastungsgrad der Arbeitsplätze und Maschinen, durchschnittlicher Lagerbestand, Lagerumschlagshäufigkeit, Lieferbereitschaftsgrad, etc. Um ein vollständiges Bild der jeweils aktuellen Situation zu bekommen sollten diese Kennzahlen ergänzt werden um die Faktoren: Mensch (Verfügbarkeit, Krankheitsquote, Fehlrate, etc.) und Gesamtunternehmen (Material-/Personalkostenanteil, etc.).

Nachdem diese Zahlen erfasst und ausgewertet wurden, und man die entsprechende Maßnahmen entwickelt und umgesetzt hat, und jetzt die Entwicklung kontrolliert, stellt man fest: Wir haben uns verbessert und einen Produktivitätssprung gemacht, entwickeln uns aber nicht weiter. Wir erkennen keine kontinuierliche Verbesserung, wie erhofft. Was haben wir falsch gemacht? An diesem Punkt muss sich die Geschäftsleitung fragen: Wissen die Mitarbeiter eigentlich, was mit diesen Optimierungsmaßnahmen bezweckt wird und was bisher erreicht wurde?

Mitarbeiter sind nicht nur das Potenzial, um gute Produkte von hoher Qualität fertigen zu können. Mindestens genauso wichtig: dieselben Mitarbeiter wissen, wann und wo es im (Produktions-)System krankt. Nur durch eine motivierte Mannschaft lässt sich die Produktion optimieren. Deshalb ist es nötig, bei allen Veränderungen im Betrieb, die Mitarbeiter aktiv einzubinden.

Die Verantwortlichen müssen neue Vorhaben, ebenso wie erreichte Ziele, ihren Leuten kommunizieren und visualisieren, und zwar Positives und Negatives.

Gerade wenn im Betrieb etwas nicht (mehr) rund läuft, ist es erstaunlich, welche oft verblüffenden Ideen und Lösungsansätze die eigenen Mitarbeiter einbringen (sofern sie gefragt werden).

Schlüsselfaktoren für den Erfolg

Das Produktivitätsmanagement umfasst zahlreiche Strategien und Instrumente, die an den verschiedenen Einflussgrößen ansetzen. Wie aber kann sowohl kurzfristig als auch nachhaltig eine Produktivitätssteigerung erreicht und somit die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gesichert werden?

Am Markt sind Kosten, Durchlaufzeiten, Liefer­fähigkeit und Qualität die entscheidenden Stellhebel zur Wettbewerbsfähigkeit. Hier steht der Unternehmer in der Verantwortung, um mit strategischen Instrumenten die Produktivität in allen Wertschöpfungs-Stufen zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der Firma nachhaltig zu steigern. Dazu haben sich in der Praxis bewährt:

  • Verkürzte Durchlaufzeiten durch verbesserte Prozessorganisation (u.a. weniger Engpässe)
  • Verbesserung der Produktionsplanung und -steuerung
  • Beseitigung wertschöpfungsfreier Arbeiten
  • Kundenorientierte Qualitätsphilosophie
  • Qualifiziertes, informiertes und motiviertes Personal

Am Ende noch eine gute Nachricht

In diesem und den beiden vorangegangenen Artikeln wurde aufgezeigt, wie wichtig das Produktivitätsmanagement und damit eine positive Weiterentwicklung der Produktivität im Betrieb ist und welches in der Praxis erprobte Szenarien sind. Jeder Betrieb, unabhängig von seiner Größe, kann solche Maßnahmen umsetzen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Hierfür gibt es auch Unterstützung. So werden in NRW Aufwendungen für Beratungsleistungen für Klein- und Mittelbetriebe zur Unternehmenssicherung zu wesentlichen Teilen vom Land NRW gefördert. Der Umfang der Förderung hängt von der spezifischen Situation es Unternehmens ab. Der Autor, die Industrie und Handelskammern und das Ministerium für Wirtschaft und Technologie geben hierzu weitere Auskünfte.—

Der Autor

Dipl.-Ing. Wolfgang Reichmuth ist als Berater für Glasverarbeiter in Sachen Betriebsorganisation aktiv.

Tel. (02 21) 46 75 02 60

info@betriebsberatung-wr.de

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