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Nachgefragt bei Sebastian Dengg

Was macht XXL-Gläser sicher?

Glaswelt – Welche Projekte stellen hohe Sicherheitsanforderungen an XXL-Gläser?

Sebastian Dengg – Gläser von 6 × 3,21 m und mehr sind heute keine Seltenheit. Solche Großformate werden im Objektbau, bei hochwertigen Privathäusern und öffentlichen Bauten eingesetzt. Da hier Personen und entsprechende Werte geschützt werden sollen, sind Verbundgläser mit nachgewiesener Einbruchhemmung gefragt. Die Anforderungen an diese Gläser bzgl. Statik, Optik u. v.m. sind hoch. Kommen dazu noch Anforderungen an die Sicherheit, müssen die Isoliergläser zum Highperformer werden.

Glaswelt – Wo sehen Sie dabei Stolperfallen?

Dengg – Ein Knackpunkt ist erfahrungsgemäß die Integration des XXL-Glases mit der erforderlichen und auch sinnvollen Widerstandsklasse in das Rahmensystem. Geprüfte RC2-, RC3- oder RC4- Rahmensysteme findet man häufiger. Weniger jedoch geprüfte großformatige Gläser, die in ein solches Rahmensystem eingebaut werden können. Denn selbstverständlich müssen die Einzelglasstärken entsprechend der statischen Erfordernisse erhöht werden. Die Folge sind dickere und schwerere Glasaufbauten. Kommt zusätzlich noch die Einbruch- oder sogar Beschusshemmung hinzu, wird die ISO-Einheit nochmals dicker und schwerer. Die Folge in der Praxis: Allzu oft wird auf ein effektives und sinnvolles Sicherheitsglas verzichtet, da es vom Rahmensystem nicht aufgenommen werden kann.

Auch die Montage von XXL-Gläsern, die schnell über 1t wiegen, kann herausfordern, ebenso die Einbruchhemmung. Die Widerstandsklassen P4A und P5A besitzen wesentlich geringere Sicherheitseigenschaften, als es bei solchen Projekten erforderlich ist. Effektive Einbruchhemmung beginnt ab Widerstandsklasse P6B. Man sollte das Zusammenwirken aller Teile des Systems betrachten, nicht nur die einzelnen Komponenten. Das heißt, das Glas muss richtig verglast sein, der Rahmen muss richtig im Mauerwerk verankert sein usw. Ist elektronischer Einbruchschutz gewünscht, mit Alarmglas, Schließüberwachung, Bewegungsmelder etc. muss auch das im Gesamtkonzept bedacht und integriert werden.

Glaswelt – Was raten Sie Fassadenbauern?

Dengg – Als erstes, lehnen Sie sich nicht zu weit aus dem Fenster und verkaufen ein Sicherheitskonzept oder ändern ein vorhandenes ab. Das sollte nur durch erfahrene und zertifizierte Fachberater gemacht werden, denn diese betrachten in der Regel das gesamte Sicherheitskonzept, inklusive der Anschlussgewerke. Denn was nützt ein Filigranschieber, wenn das verbaute Glas die Schwachstelle im Einbruchschutzkonzept ist?

Betrachtet man ein solches Schiebeelement, sollte man sich vor Augen führen, dass bis zu 99 % der Fläche aus Glas besteht – und das sollte sich nicht innerhalb weniger Sekunden durchbrechen lassen. Selbst wenn dem Einbrecher ein Durchstieg oder die Manipulation des innenliegenden Beschlages nicht möglich ist, verliert der Rahmen bei Bruch eines Standardglases massiv an Steifigkeit. Der Angriff am Rahmen wird dadurch wesentlich vereinfacht.

Mein Rat für Fassadenbauer: Arbeiten Sie mit Firmen zusammen, die Ihnen oder Ihren Kunden ein projektspezifisches Einbruchschutzkonzept erstellen und Erfahrung mit Gläsern sowie mit der Verglasung haben. Arbeiten Sie nur mit geprüften Verbundgläsern. Diese gibt es auch in vergleichsweise geringen Dicken und Gewichten, so dass sie sich in viele Rahmensysteme integrieren lassen oder sogar damit geprüft sind.

Glaswelt – Haben Sie noch ein Tipp?

Dengg – Ja. Bevor ein Fassadenbauer „aus der Not heraus“ auf effektives Sicherheitsglas verzichtet und seinen Kunden eine schwerwiegende Sicherheitslücke einbaut, sollte er mit erfahrenen Anbietern oder Beratern sprechen, um ein passendes Glas zu finden. Letzten Endes geht es nicht nur um ein hohes Haftungsrisiko, das für den Verarbeiter bis in zivilrechtlichen Strafverfahren enden kann, es geht vor allem um den Schutz der Personen im Gebäude.

Die Fragen stellte Matthias Rehberger