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LASTABTRAGENDE GLASKONSTRUKTIONEN IM MESSEBAU (TEIL 2)

Schwebende Leichtigkeit

Bei (statisch tragenden) Glaskonstruktionen im Messebau spielen die Optik sowie die Möglichkeiten einer ansprechenden (Re-)Präsentation eine herausragende Rolle. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist eine schnelle und einfache Montage. Vorgefertigte Bauteile, die sich dann in den Messehallen einfach montieren bzw. zusammenstecken lassen, erfüllen diese Anforderungen am besten.

Nachfolgend soll an drei ausgeführten Beispielen gezeigt werden, welche Effekte sich durch den Einsatz von Glas als lastabtragendes Element in Konstruktionen des Messebaus erzielen lassen.

Glasgalerie Toyota, IAA Frankfurt

Der Messestand für den Automobilhersteller ­Toyota sollte als äußere Begrenzung des Obergeschosses möglichst viele transparente Wandbereiche erhalten (Bild 01).

Die ca. 2750 mm hohe Verglasung des OG war am Kopf- und Fußpunkt linienförmig gelagert und wirkte absturzsichernd. Außerdem mussten Teile der Verglasung eine aussteifende Wirkung für die Fassadenkonstruktion übernehmen, da als oberer Auflager der Scheiben in horizontaler Richtung nur ein aufgesetzter umlaufender Rahmenträger aus einem Stahlprofil vorhanden war.

An den Längsseiten schloss dieser Rahmenträger an Vertikalverbände an, sodass hier keine Beanspruchung in Scheibenebene auf die Verglasung entstand. In Querrichtung des Standes wurde die horizontale Steifigkeit durch vier Vertikalverbände in Stahlbauweise sowie durch die Glasscheiben an den Stirnseiten der Standkonstruktion gewährleistet.

Die stirnseitige Verglasung erhielt an den oberen und unteren Rändern ein mit dem 2-Komponenten-Silikon (Dow Corning DC 993) aufgeklebtes Aluminium-U-Profil, das mit dem Rahmenträger verschraubt wurde (Bild 02). Durch diese statisch tragende Verklebung wurde eine Einspannung der Scheiben in ihrer Ebene erreicht, sodass die Horizontallasten des Rahmenträgers über die Scheibenwirkung aufgenommen werden konnten.

Die in den Ecken eingesetzten gebogenen Scheiben wurden aus Montagegründen ebenfalls mit einem U-Profil verklebt, wurden aber planmäßig nicht zur Aussteifung herangezogen.

Für die ebene, 1400 mm breite Verglasung kam ein VSG aus 2 x 10 mm ESG (PVB-Folie 0,76 mm) zum Einsatz. Für die gebogene Verglasung in den Ecken wurde aus produktionstechnischen Gründen auf ein VSG aus 2 x 10 mm Spiegelglas zurückgegriffen, da die Biegeradien mit bis zu 465 mm in der spitzen Ecke sehr klein ausfielen. Die Eckscheiben wurden im Bogenstich einmal geteilt und hatten einseitig einen ebenen Schenkel.

Ganzglasdrehbühnen beim Lexus-Messestand, Autosalon Genf

Für den Messeauftritt des Autoherstellers Lexus wurden zwei Ganzglasdrehbühnen zur Präsentation von Fahrzeugen entwickelt (Bild 03). Die Anforderung bestand darin, unterhalb der ausgestellten Fahrzeuge möglichst wenige, bzw. gar keine nichttransparenten Tragglieder anzuordnen, da im Bodenbereich um die Drehbühne herum LED-Module eingelassen wurden, deren bläuliche Lichtgestaltung den Eindruck eines „schwimmenden“ Fahrzeugs vermitteln sollte. Zur Umsetzung dieser Anforderung wurde ein Tragsystem aus drei übereinander liegenden, frei auskragenden Kreis- bzw. Halbkreisscheiben entwickelt. Diese lagern mittig auf einer 1500 mm großen Stahlplatte auf, unter der sich auch die Antriebstechnik befand. Diese Platte wurde über einen 300 mm großen Stahlteller und vier hochfeste Schrauben rückverankert.

Glasvitrine Smart, IAA Frankfurt

Zur Aufnahme von drei Smart-Fahrzeugen am Mercedesstand wurde eine Ganzglasvitrine entwickelt, die nur im Verbindungsbereich der vertikalen und horizontalen Glaselemente kleine aufgeklebte Metallverbinder besaß (Bild 4).

Alle lastabtragenden und aussteifenden Funktionen wurden durch die Verglasung übernommen. Zur Übertragung der Schubkräfte zwischen den horizontalen Scheiben und den in Längs- und Querrichtung angeordneten Vertikalscheiben wurden einfache Steckverbindungen ausgebildet. So war keine örtliche Verschraubung oder Verklebung erforderlich. Die vertikale Scheibe erhielt ein Hutprofil, auf die Unterseite der Horizontalverglasung wurden L-Winkel aufgeklebt (Bild 05). Hierbei kam ein 2-K-Silikon (Sikasil SG 500) zum Einsatz. Der Vertikallastabtrag erfolgte über Kontakt. So ließ sich die Konstruktion auf der Messe einfach auf- und abbauen.

Die drei Beispiele zeigen, dass sich Glas im Messebau effektvoll als primäres Tragelement und mit anspruchsvollen Designs einsetzen lässt. Aufgrund der speziellen baurechtlichen Situation im Messebau lassen sich derartige Sonderkonstruktionen i.d.R. mit einem etwas geringerem Aufwand realisieren, als bei konventionellen Bauten. Sowohl die Montagezeiten als auch die räumlichen Gegebenheiten sind beim Aufbau auf der Messe stark begrenzt. Dies sollte man (ebenso wie die gute Demontierbarkeit der Konstruktion) bereits bei der Planung beachteten. Vorfabrizierten Systemen, die sich schnell und einfach montieren lassen, ist dabei der Vorzug zu geben. —

Der Autor

Markus Kramer betreibt seit 2003 ein Ingenieurbüro für ­Tragwerksplanung und FEM-­Berechnungen in Essen.

Das ­Büro ­konzentriert sich auf den ­konstruktiven Glasbau, den Stahl- und Metallbau sowie den Fassaden- und ­Messebau. http://www.ib-kramer.de

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