Glaswelt – Herr Risle, was zeichnet in Ihren Augen den neuen Multi’Arrisser besonders aus?
Risle – Seine Multifunktionalität. Der Multi’Arrisser kann die Kanten sowohl an den Längs- als auch an den Stirnseiten säumen sowie die Ecken stoßen. Das Säumen der Kanten erfolgt als erster Bearbeitungsschritt. Im zweiten Schritt erfolgt das Stoßen der Ecken und das Säumen der Stirnseite unmittelbar nacheinander im selben Umlauf der Glastafel. Für beide Bearbeitungsschritte ist lediglich ein Werkzeugsatz, der am Säumkopf integriert ist, notwendig. Des Weiteren werden rückständige Glaspartikel auf den gesäumten Glastafeln in einer separaten Spülzone vor dem Verlassen der Anlage abgespült. Dies verhindert eine Verschmutzung nachgelagerter Anlagen. Die installierte Wasseraufbereitung arbeitet mit einen Zentrifugalabscheider, optimiert den Wasserverbrauch und senkt die Abfallkosten.
Der Multi’Arrisser lässt sich in eine (ISO- oder ESG-) Linie integrieren und er kann als Stand-Alone Lösung laufen. In der ESG-Fertigung wird er dem Härteofen vorgeschaltet, um Mikrorisse zu eliminieren, und optimale Ergebnisse beim Härteprozess zu erreichen.
Glaswelt – Welche Gläser kann der Multi’ Arrisser bearbeiten, und warum in der Vertikalen?
Risle – Der Multi’Arrisser bearbeitet VSG sowie beschichtete und unbeschichtete Floatgläser, ebenso Float, das dann zu ESG weiterverarbeitet wird. Auch Strukturgläser sind möglich. Neben Rechteck-Formaten lassen sich auch Modell-Formate mit geraden Kanten und Radien bearbeiten.Was die vertikale Produktion von Isolierglas angeht, ist dies heute Standard. Unsere Entwickler wollten deshalb den Säumprozess so gestalten, dass die Verarbeitung der Gläser ebenfalls in vertikaler Ausrichtung erfolgt, auch um einen einheitlichen Transport der Gläser beizubehalten.
Glaswelt – Lassen sich runde Kanten fertigen, und wie sieht es mit den Glasstirnseiten aus?
Risle – Runde Kanten macht der Multi’Arrisser keine. Stattdessen erhalten die Kanten eine 45° Fase. Die Stirnseiten der Glastafeln werden ebenso gesäumt und erhalten dadurch eine gleichmäßige, homogene Oberfläche.
Glaswelt – Mit welchen Prozesszeiten und Kapazitäten kann die Anlage gefahren werden?
Risle – Es lassen sich Säumgeschwindigkeiten bis zu 60 m/min erreichen, was entsprechend kurze Zykluszeiten ermöglicht. Genaue Prozesszeiten hängen vom Produktionsprogramm ab. So lässt sich eine 4 mm dicke Isolierglastafel im Format 1 m × 1 m innerhalb von 14,5 Sekunden komplett an der Kante säumen.
Glaswelt – Wie steht es mit den Schleifscheiben und den Kosten dafür?
Risle – Unsere bewährten Topfscheiben weisen eine zehn Mal höhere Lebensdauer als andere Technologien auf, das hat sich bereits nach einer kurzen Testphase gezeigt. Mit einem Paar Topfscheiben können weit über 200 000 Laufmeter Glas gesäumt werden. Darauf basierend liegen die Kosten pro Topfscheibenpaar unter einem Cent. Somit ergibt sich ein optimales Preis-/Leistungsverhältnis, was sich auch auf die einfache Geometrie der Topfscheiben zurückführen lässt. Durch den Einsatz von Topfscheiben lässt sich die Anlage äußerst wirtschaftlich betreiben.
Glaswelt – Wie schnell lässt sich die Maschine in Bezug auf die Werkzeuge umrüsten?
Risle – Am Säumkopf sind zwei Topfscheiben angebracht, die alle Bearbeitungsschritte verrichten. Zum Wechseln der Topfscheiben wird zuerst der Säumkopf in die Serviceposition gefahren, sodass der Maschinenbediener die Topfscheiben bequem wechseln kann. Je nach Einarbeitung des Bedieners kann dies innerhalb von fünf Minuten erfolgen.
Glaswelt – Wer arbeitet mit dem Multi’ Arrisser?
Risle – In erster Linie sind unsere Zielgruppen Isolierglas-Hersteller sowie Fensterbauer, die ihre ISO-Einheiten selbst produzieren. Des Weiteren können auch ESG-Produzenten den Multi’Arrisser für die Vorbehandlung der Gläser nutzen. Durch die hohe Prozessgeschwindigkeit eignet sich die Anlage ideal für mittlere bis große Produktionsmengen.
Das Interview führte Matthias Rehberger