GW – Herr Dick, Herr Huber. Können Sie einen Überblick über sich und Ihr Unternehmen geben?
Sebastian Dick – Gerne. Ich verantworte die Entwicklung von Innovationen im Bereich A+W Clarity und arbeite mit meinem Team eng mit der Biss.ID und den gemeinsamen Kunden zusammen. A+W Clarity hat verschiedene Lösungen für die Anforderungen der Glasbranche im Portfolio. Damit steuern wir den gesamten Prozess von der Auftragsbearbeitung über die dynamische Verschnittoptimierung, das Produktionsmanagement bis hin zur optimierten Direktverpackung.
Jürgen Huber – Biss.ID bietet als webbasierte Plattform die Möglichkeit, Daten schnell und einfach über jegliche Art von internetfähigem Gerät verfügbar zu machen. Das bedeutet, wir bieten in einer IoT-Box (Internet of Things) die Möglichkeit, dass Daten, die in den Liefer- und Produktionsprozessen entstehen, den nachfolgenden Prozessbeteiligten zur Verfügung gestellt werden können, ohne weitere Software-Installation. Das bietet die Möglichkeit, den Lieferprozess ab Versand digital abzubilden, so lassen sich Logistikprozesse optimieren, um Suchzeiten nach Aufträgen, Gläsern und Gestellen zu senken.
GW – Wie kam es zur Kooperation?
Dick – Bei A+W liegt der Fokus ganz klar auf Software. Geht es um Hardware, setzen wir sehr gerne auf Kooperationen, um unser Produktportfolio sinnvoll zu ergänzen und Kunden den größten Mehrwert zu liefern. Für Glasverarbeiter ist die Suche nach Aufträgen und Gestellen immer wieder Thema. Mit unseren Trackinglösungen und der Glas.ID von Biss.ID lassen sich diese Fragen einfach beantworten, da wir hier eine Hardwarelücke schließen können. Durch die Schnittstelle zwischen Biss.ID und A+W Clarity können die nötigen Informationen direkt abgeglichen werden.
GW – Welche Vorteile bringt das?
Dick – Kurz gesagt: Wir wissen, was auf einem Gestell steht, Biss.ID weiß, wo es sich befindet. Der manuelle Abgleich in den Eingabemasken zweier Systeme und deren Pflege entfällt. Wir schaffen eine Integration, um die Vorteile beider Systeme zu nutzen.
Mittels Betriebsdatenerfassung können wir so Chargendaten an unterschiedlichen Stationen des Fertigungsprozesses sammeln. Bei einer ISO-Produktion sind das z. B. Lieferanten und Chargen-Informationen der Versiegelung, Lagermaße oder des Trockenmittels. Unsere Barcodenummer können wir mit der Glas.ID von Biss.ID verlinken. Das gibt dem Verarbeiter die Möglichkeit, noch Jahre später das Produkt und die erhobenen Daten einfach und schnell zu finden. Hier sind alle Beteiligten Gewinner.
Huber – Für uns lag es nahe, sehr früh den Kontakt zu A+W zu suchen, da viele unserer Kunden und potenziellen Kunden bereits A+W Software nutzen. Unser Fokus ist es nicht, in Produktionsprozesse einzugreifen, sondern diese für die nachfolgenden Prozesse und Prozessbeteiligten zu erweitern. Genau da setzt auch unsere Kooperation an. Wir ergänzen die A+W-Software und schaffen so mehr digitale Transparenz im Lieferprozess sowie beim Gestellmanagement. Biss.ID kann beispielsweise Daten wie die Standorte der Gestelle, Freimeldungen und Haltetage durch Kunden an A+W zurückliefern für eine Optimierung der Tourenplanung, Verfügbarkeit von Gestellen, ggf. Mietrechnungen bei zu langer Haltedauer etc. Dadurch ergänzen sich die Systeme sinnvoll.
GW – Welche Vorteile erwarten Sie für Ihre Kunden durch diese Kooperation?
Dick – In der Glasindustrie ist die Nachverfolgbarkeit von Transportgestellen schon immer mit großem Aufwand und oft mit vielen manuellen Prozessen verbunden. Durch die Zusammenarbeit mit Biss.ID können wir nun eine integrierte Lösung anbieten, die diese Prozesse digitalisiert, automatisiert und vor allem webbasiert mit jedem Gerät abrufbar macht und damit alle Prozessbeteiligte einfach einbindet.
Auch die Möglichkeit Gestelle im Betrieb zu tracken und damit Aufträge gezielt zu finden anstatt zu suchen, sehe ich als enormen Vorteil.
Unsere Kunden werden von einer durchgängigen Lösung profitieren, die sowohl mehr Transparenz für die Produktion schafft, als auch vor allem die Logistik unterstützt. Neben unseren A+W Clarity Lösungen bietet die Anbindung der Biss.ID-Lösung Möglichkeiten, Prozesse im und nach dem Versand weiter zu digitalisieren. Weniger Papier und weniger handschriftliche Dokumente führen zu einer höheren Effizienz, weniger Fehlern und letztlich zu geringeren Kosten.
GW – Was bringt das den Glasverbeitern noch?
Dick – Der Glasanbieter kann seinen Kunden bereits frühzeitig digitale Daten zur Verfügung stellen, wie z. B. Produktionsfertigmeldung, Packlisten von Paletten sowie auch Rückstände.
Durch den Datenabgleich der Gestelldaten kann somit in der Biss.ID-Plattform das Prüfmanagement für DGUV-Prüfungen dokumentiert werden. Automatisierte Benachrichtigungen informieren über Statusänderungen, Standorte und vieles mehr. Vor allem durch den Einsatz von aktivem GPS-Tracking lassen sich die Gestelle punktgenau nachverfolgen. Dies ermöglicht eine noch präzisere Tourenplanung, was wiederum das Risiko von Engpässen oder Verzögerungen senkt. Weiter lassen sich Diebstahl- und Sturzmeldungen erzeugen.
GW – Wie erfolgt die technische Integration?
Huber – Technisch gesehen erarbeiten wir gemeinsam eine direkte Schnittstelle, die unsere Plattformlösung mit der Produktionssoftware von A+W verbindet. Diese Schnittstelle ermöglicht den automatischen Datenaustausch zwischen den Systemen, sodass Informationen über Gestell- und Kundenstammdaten sowie Produktionsaufträge, Fertigstellungstermine und Lieferdetails aber auch Servicefälle in Echtzeit ausgetauscht werden können. Damit stellen wir auch die Datenkonsistenz in beiden Systemen sicher und können Prozesse zwischen den Systemen standardisieren, was beim Implementieren von Kunden vieles vereinfacht.
Von Seiten der A+W wird der Service- und die Weiterentwicklung der Schnittstelle in den Standardprozess mit integriert, sodass der Kunde weiterhin den gewohnten Ansprechpartner hat. Wir selbst sind dann Ansprechpartner für den Kunden, was alle Prozesse rund um die Nutzung unserer Plattformlösung inklusive App betrifft.
GW – Wie geht es weiter mit der Kooperation?
Dick – Unsere Vision ist es, die Kooperation zu vertiefen und unsere gemeinsamen Lösungen kontinuierlich weiter zu entwickeln. Wir wollen sicherstellen, dass wir stets auf dem neuesten Stand der Technik sind und unseren Kunden die bestmögliche Unterstützung bieten können.
Huber – Das Schlüsselwort der digitalen Zukunft heißt „Schnittstelle“, da kein System der Welt alle Anforderungen allein lösen kann. Mit dieser Basis, die wir in der Kooperation gelegt haben, stehen uns alle Möglichkeiten offen, weitere Anforderungen von Markt und Kunden zu integrieren.
GW – Gibt es weitere gemeinsame Projekte?
Dick – Die Kooperation ist für uns ein laufendes Projekt. Wir planen, die Integration weiter zu vertiefen und zusätzliche Funktionalitäten zu entwickeln, die den Verarbeitern zusätzlichen Mehrwert bieten. Ein Fokus liegt auf dem digitalen Produktpass, der zukünftig entlang der gesamten Wertschöpfungskette für mehr Transparenz und Nachverfolgbarkeit der Produkte sorgt.
Huber – Es gibt viele spannende Möglichkeiten, wie wir unsere Technologien weiter verknüpfen können, um noch effizientere Lösungen anzubieten. Wie von Sebastian Dick angesprochen, ermöglicht die Glas.ID, die wir auf der glasstec 2024 vorstellen werden, alle Prozess- und Produktdaten dem produzierten Element mitzugeben, um den zukünftigen Anforderungen des digitalen Produktpasses gerecht zu werden.
Das Gespräch führte Matthias Rehberger.
Über die Partner
A+W ist ein führender Anbieter von Software-Lösungen für die Glas- und Fensterindustrie (Cantor). Die Sparte Clarity bietet Software-Lösungen für die Glasbranche an.
Biss.ID ist ein junges Unternehmen mit einer zentralen Daten- und Prozessplattform, die webbasierte Lösungen für den Produktions- und Lebenszyklus aller Bauelemente anbietet. Das Biss.ID-Modul Tracking befasst sich speziell mit dem Liefer- und Logistikprozess der Bauzulieferindustrie.