GLASWELT: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktlage ein?
Marcel Bartsch: Der Neubau-Markt hat sich abgekühlt, besonders im Hochbau gibt es eine spürbare Zurückhaltung bei Auftraggebern, bedingt durch hohe Zinsen und Preise, was das Bauen einschränkt. Der Fokus verschiebt sich in Richtung des Sanierungsmarkts, zur Umnutzung von Bestandsbauten. Zudem unterstützen die Banken vermehrt nachhaltiges Bauen und nachhaltige Sanierungen, was den Trend zu werthaltigeren Gebäuden verstärkt. Die Fassadenbranche treiben aktuell genau solche Projekte voran, und das wird auch noch eine Weile so anhalten.
GW: Was hat Wicona auf der Agenda?
Bartsch: Ganz klar das Thema Nachhaltigkeit. Wir haben bewiesen, nachhaltige Systeme herstellen zu können: Mit Hydro Circal 100R bieten wir jetzt neben den Standardprofilen aus Hydro Circal 75R auch eine Aluminiumlegierung an, die zu 100 % aus End-of-Life-Aluminium besteht. Doch wir wollen noch weiter gehen. Unser Ziel ist die Schaffung eines umfassenden Wertstoffkreislaufs, der Glas, Dichtstoffe und mehr einschließt. Dabei ist es wichtig, dass alle in der Fassade befindlichen Komponenten dem Werkstoffkreislauf zugefügt werden.
Generell sehe ich keine Materialknappheit: Wir haben eine ausreichende Anzahl von Altbeständen, um auf allen Ebenen einen geschlossenen Wertstoffkreislauf umsetzen zu können. Hierfür haben wir die Logistik aufgebaut, die den kompletten Lebenszyklus von Aluminium abbildet. (…)
GW: Wie sind Sie in der Lage, entsprechend große Mengen an den genannten End of Life Alu-Profilen anzubieten?
Bartsch: Mit unserem Mutterkonzern Hydro decken wir den kompletten Lebenszyklus von Aluprofilen ab, vom Bauxit-Abbau in den eigenen Minen bis hin zu unseren Recyclingwerken, z. B. Dormagen. Das ist einzigartig am Markt und schafft für unsere Metallbau-Partner eine Sicherheit in puncto Materialverfügbarkeit.
Eine EPD ist die einzig harte Währung, um den CO₂ Abdruck eines Fassaden-Produkts wirklich fachlich richtig darzulegen.
GW: Welche Produktinnovationen plant Wicona für das neue Jahr?
Bartsch: In 2024 werden wir in Deutschland unsere New Generation-Serie (NG) einführen, diese umfasst neue Fassaden-, Fenster und Türsysteme. Das Besondere daran ist, dass dies Plattform-basierte Produktreihen sind, die eine homogenisierte Komponentenauswahl ermöglicht. Dieser modulare Ansatz erlaubt es den Verarbeitern, auch bei unterschiedlichen Wicona-Systemen mit den gleichen Basiskomponenten zu arbeiten. So hat der Metallbauer insgesamt weniger Aufwand, geringere Lagerkosten, er kann seine Fassaden effizienter herstellen sowie eine größeres Produktportfolio anbieten.
GW: Können Sie die Initiative „Vorreiter sucht Mitstreiter“ für die Metallbauer näher erläutern?
Bartsch: Die Idee, die dahinter steckt, ist leicht erklärt. Wicona bietet als Vorreiter bereits heute ein besonders nachhaltiges Produktportfolio mit den Aluminium-Systemlösungen aus Hydro Circal. Doch eines ist klar: Nur gemeinsam mit den wichtigen Partnern im Metall- bzw. Fassadenbau können wir die ambitionierten Klimaschutzziele erreichen, CO2-Emissionen reduzieren und Rohstoff-Ressourcen einsparen. (…)
Und genau hier setzt unser Konzept „Vorreiter sucht Mitstreiter“ an. Wir unterstützen unsere Partner dabei, sich als zukunftsorientiertes und nachhaltig denkendes Unternehmen zu positionieren und sich so einen echten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dazu bieten wir zum Beispiel CO2-Zertifikate für mit Hydro Circal realisierte Projekte an. Digital gibt es Unterstützung der Metallbau-Mitstreiter für Website und Social Media und Nennung auf der Wicona Website. Zudem profitieren unsere Mitstreiter von der praxisgerechten Weiterbildung und einem exklusiven Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten. (…)
GW: Was bietet Wicona seinen Partnern noch weiter an?
Bartsch: Wie schon angesprochen, das Thema Nachhaltigkeit wird die Branche die nächsten Jahre begleiten und wir (www.wicona.com/de/de) helfen unseren Verarbeitern schon heute dabei, sich dafür fit zu machen. Wir bieten ihnen Wettbewerbsvorteile u. a. mit unseren Circal-Produkten, die in dieser Form einzigartig am Markt sind. Damit können sich die Metallbauer gezielt als Partner für nachhaltiges Bauen mit Aluminiumfassaden positionieren.
GW: Vor sechs Jahren hat Wicona gemeinsam mit Industriepartnern das Next Studio in Frankfurt initiiert. Wie bewerten Sie diesen Schritt heute und wie sieht die zukünftige Planung aus?
Bartsch: Rückblickend hat sich die Gründung des Next Studios (www.next-studio.de) als sehr lohnend erwiesen und es hat sich als Kommunikations- und Informationsplattform rund um die Fassade in der Fassadenszene etabliert. Bei der Gründung war uns nicht klar, wie erfolgreich das Next Studio werden wird. Das Next-Konzept mit der Zusammenführung von unterschiedlichen Anbietern rund um die Fassade ist in dieser Form einzigartig und wird sehr positiv aufgenommen und auch von den Partnern aktiv mit genutzt. Heute sehen wir den Erfolg dieses starken Konzepts bestätigt. (…)
Eine wichtige Komponente beim Konzept des Next Studios sind die Veranstaltungen rund um aktuelle Fassaden-, Metallbau- und Architektur-Trends. Formate wie „Metallbau kompakt“ werden gerne genutzt, denn sie bieten Verarbeitern und Planern eine Möglichkeit zur Wissenserweiterung sowie zu persönlichem Networking. Zudem nutzen die Industriepartner das Studio, um aktuelle Produktentwicklungen zu präsentieren. Für alle Beteiligten ist das also eine Win-Win-Situation.
Das Gespräch führte Matthias Rehberger