Glaswelt – Welche Vorteile bringt Ihre Erfahrung aus der ISO-Herstellung für die Kunden?
Joachim Stoß – Ich war lange bei Interpane, Scholl Glas und Semcoglas als Geschäftsführer von Isolierglas- und Sicherheitsglaswerken. Ich weiß, wie die Produktion funktioniert und ich kenne die Sorgen und Probleme der Verarbeiter im Detail. Dazu kommt, dass ich schon alle am Markt erhältlichen Abstandhalter verarbeitet habe. Damit kenne ich die Eigenschaften aller Systeme in der Umsetzung und bei der Produktion. Zudem wissen die Kunden, dass ich den Isolierglasmarkt von Grund auf verstehe.
Glaswelt – Wie sehen Sie die Entwicklung und die Preisentwicklung im Isolierglasmarkt?
Stoß – Die Glasindustrie hat es in den letzten 30 Jahren geschafft, mit Isolierglas ein Hightech-Produkt zu entwickeln. Sie hat es aber nicht geschafft, einen angemessenen Preis dafür zu verlangen. Der Endkunde weiß zu wenig über Isolierglasprodukte, um deren Wertigkeit richtig zu schätzen – auch finanziell. Die Glasbranche muss dazu kommen, den Mehrwert ihrer Produkte (z.B. Beschichtung, Warme Kante, Sicherheit etc.) stärker herauszustellen und diesen auch zu verkaufen.
Glaswelt – Wann wird es im DACH-Markt nur noch die Warme Kante geben?
Stoß – Die Warme Kante wird sich bei einem Anteil von 80 % einpendeln, ebenso wie das 3-fach-ISO. Der Alu-Spacer ist halt billig, deshalb ist er noch am Markt. Diese Preisschiene muss der ISO-Hersteller noch fahren, wenn der Kunde es will. Generell sind wir in einem wachsenden Marktsegment und das wird noch eine Weile anhalten.
Glaswelt –Wie schätzen Sie die technische Weiterentwicklung bei Spacern ein?
Stoß – Die Zukunft sehe ich nur noch bei den Spacern von der Rolle oder vom Fass. Der Abstandhalter als Stangenware ist von der Verarbeitung, bei der Lagerung und bei der Logistik nicht mehr up-to-date. Starre Systeme sind nicht flexibel genug.
Glaswelt – Wie entwickelt sich Edgetech im wachsenden Markt
Stoß – Ich denke ca. eine Milliarde laufende Meter Super Spacer wurden weltweit verbaut, in Europa um die 300Mio lfm. Im DACH-Markt haben wir einen solide wachsenden Marktanteil. Interessant sind für uns die südeuropäischen Länder, z. B. Frankreich, Italien und selbst Spanien. Diese Länder sind die Wachstumsmärkte der Zukunft.
Glaswelt – Was würden Sie ISO Verarbeitern empfehlen, die ihre Fertigung automatisieren möchten? Und welche Rolle spielt der Spacer?
Stoß – In den letzten drei Jahren ist die Nachfrage nach 3-fach-Glas richtiggehend explodiert. Wichtig ist, dass man als Anbieter sein bisheriges Herstellungskonzept überdenken muss. Angefangen vom automatischen Schneiden und Brechen und dann weiter über die automatisierte Weiterverarbeitung. Gerade so macht unser Spacer-Applikator dann erst wirklich Sinn. Dabei haben wir drei Maschinenhersteller, die für unsere Produkte einen Applikator anbieten.
Glaswelt – Wo sehen Sie bei der automatisierten ISO-Fertigung Vorteile für Ihre Abstandhalter?
Stoß – Unsere Spacer sind selbst ein Teil der Automation und können erst dort ihre Stärken richtig zeigen. Von Vorteil ist unser System gerade bei der Fertigung von großen Formaten. Wenn in herkömmlicher Weise große Scheiben produziert werden, braucht es viel Manpower, um den Abstandhalter zu setzen.
Mit einem Super Spacer-Applikator laufen auch große Scheiben automatisch weiter, ebenso bei einer gemischten Charge mit verschiedenen Formaten. Zudem ist bei 3-fach-Scheiben die Parallelität der Abstandhalter für alle drei Scheiben gegeben.
Glaswelt – Gibt es Grenzen in der Automation der Produktion?
Stoß – Nicht bei der Technik. Für unsere Isolierglashersteller ist wichtig, was die Fensterbauer wollen: Es kann sein, dass vom Glasverarbeiter drei verschiedene Abstandhalter-Systeme gefordert werden. Wenn der ISO-Hersteller für seine Kunden verschiedene Systeme bereithalten muss, macht ihm das die Arbeit nicht leichter. Wichtig ist für ihn dann die Verringerung seiner Lagerkapazitäten, und die bieten wir sozusagen von der Rolle.
Glaswelt – Was für Vorteile bringt Ihr System bei der nicht-automatisierten Fertigung?
Stoß – Ob rund oder eckig, mit dem Super Spacer lässt sich jede Scheibenform abbilden. Ich denke gerade auch an Modellscheiben, die sich leicht mit Hand umsetzen lassen. Selbst der kleine Glaser kann mit unserem Produkt Isolierglas herstellen. Wir stellen die passenden Materialien und Werkzeuge bereit.
Glaswelt – Welche Unterstützung bieten Sie dem Glasverarbeiter?
Stoß – Wir haben einen technischen Außendienst, der die Mitarbeiter unserer Kunden schult. Das wird sehr stark nachgefragt. Gerade wenn wir ein Produkt neu einführen, bieten wir zusätzlich Kunden-Seminare an.
Weiter stellen wir Fachbroschüren und technische Informationen in elf Sprachen bereit. Zudem können wir viele Kunden in Ihrer Muttersprache ansprechen. Das ist sehr wichtig, insbesondere in handwerklich geprägten Isolierglas-Märkten wie in Polen, Italien oder in Frankreich, wo dies von uns erwartet wird.
Glaswelt – Der ISO-Markt ist hart umkämpft, wo sehen Sie noch Potenziale für Hersteller?
Stoß – Sicherheitsglas bei 3-fach-ISO sowie Sonnenschutzglas sind ganz große Themen. Isoliergläser müssen immer mehr Funktionen erfüllen. Hier kann der ISO-Anbieter Mehrwert generieren. Zudem wird das europäische Ausland für die deutschen ISO-Hersteller wichtiger. Gerade bei komplexen Scheibenaufbauten haben deutsche Hersteller die Nase vorne.
Glaswelt – Peilen Sie weitere Investitionen an? Und wenn ja, worin soll investiert werden?
Stoß – Wir sind aktuell sehr gut ausgelastet, deshalb soll in Heinsberg im Sommer unsere dritte Linie die Produktion aufnehmen. Weiter werden wir 2013 noch 15 bis 20 neue Arbeitsplätze hier am Standort schaffen. Im Außendienst sind wir bereits gut aufgestellt, werden aber bei Bedarf und steigender Nachfrage den Service-Außendienst weiter aufstocken. In diesem Jahr haben wir außerdem als Ziel, die Lieferzeiten weiter zu verkürzen. Darüber hinaus haben wir auch für den weiteren Ausbau noch entsprechende räumliche Kapazitäten, um bei Bedarf weitere Linien in Betrieb nehmen zu können.
Glaswelt – Welche Perspektiven sehen Sie für Edgetech Europe?
Stoß –Unser deutscher Standort soll gefestigt werden, da wir nahe an den wichtigsten hiesigen Märkten sind und bei Bedarf schnell agieren können. In Deutschland ist zudem die Wertschöpfung in der Produktion konzentriert. Das macht uns sehr flexibel, wenn der Markt es verlangt. Zudem werden wir neben den Spacern von Heinsberg aus noch weitere für die Branche interessante Quanex-Produkte vertreiben. Lassen Sie sich überraschen. —
Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT, bei einem Besuch am Standort Heinsberg.