GW – Automation ist aktuell das Thema, wenn es um Investitionen geht. Wo ist der Bedarf bei den Glasverarbeitern am größten?
Dirk Schubert – Wir haben festgestellt, dass der Bedarf an Automatisierung besonders groß ist, um Engpässe zu vermeiden. Zudem sollen viele Prozesse bei der Materialbereitstellung sowie dem Be- und Entladen der Anlagen automatisiert werden. Weiter ist die Sortierung ein großes Thema. Dazu kommt das automatisierte Einlesen von Daten und die automatische Bereitstellung der Maschinenbearbeitungsprogramme. Vielfach sollen auch erst einmal Teilbereiche des Workflows automatisiert werden, wobei manchmal auch eine Insellösung eine passendere Lösung ist.
GW – Können Sie das näher erläutern?
Fabian Ceulemans – Ist ein Glasverarbeiter in einem Bereich spezialisiert, etwa bei Modellgläsern, kann z. B. eine automatisierte Insellösung mit Roboter vielfältige Vorteile bieten, ohne den restlichen Produktionslauf zu bremsen. Ich denke hier beispielsweise an maßgefertigte Duschgläser. Diese Art der Automatisierung kann die Produktion effizienter gestalten, ohne andere Prozesse zu beeinträchtigen.
Torsten Koch – Wir haben bereits eine ganze Reihe solcher Automatisierungslösungen mit Robotern bei Kunden installiert, das hat sich in der Regel immer bewährt.
GW – Wir haben Roboter angesprochen. Ab wann ist es sinnvoll, einen solchen einzusetzen?
Ceulemans – Durch den Einsatz von Robotern lassen sich leicht Kosteneinsparungen von 25 Prozent und mehr erzielen. Darüber hinaus führt eine solche Automatisierung zu einer deutlichen Qualitätssteigerung, einer gesenkten Fehlerquote und so zu weniger Reklamationen. Das alles wirkt sich letztlich positiv auf die Gesamtkosten aus. Und man sollte nicht vergessen, dass der Roboter während seiner Schicht konstant fehlerfrei arbeitet.
Koch – Und mit Blick auf den Personalmangel kann der Roboter eine Reihe von Aufgaben den Mitarbeitern abnehmen, wie das Heben oder Laden schwerer Scheiben und sie dadurch entlasten. So können die Mitarbeiter zudem komplexere und qualifiziertere Aufgaben übernehmen und an anderer Stelle effektiver eingesetzt werden.
GW – Worauf müssen Glasverarbeiter bei der Automatisierung mittels Roboters achten?
Schubert – Der Roboter macht nur das, was man ihm aufträgt, d. h. wie man ihn programmiert. Deshalb muss der Bediener/Programmierer sehr sorgfältig arbeiten. Auch bei automatisierten Prozessen und bei Robotereinsatz ist es wichtig, die Automatisierung, die Programmierung und die fertigen Produkte ständig zu überprüfen und ggf. anzupassen, um eine hohe Qualität und Effizienz zu gewährleisten.
GW – Stichwort Speicher: Wie wirkt sich ein intelligenter Speicher auf die Produktion aus?
Koch – Ein intelligenter Speicher hilft dabei, die Folgeschritte zu optimieren: Das beginnt beim zentralen Glaslager und schließt weitere Puffer-Speicher etc. mit ein. Nehmen Sie einen ESG-Ofen, hier ermöglicht ein vorgeschalteter intelligenter Puffer-Speicher eine optimale Beladung der Anlage, da er die Ofencharge optimiert zusammenstellen und entsprechend beladen kann.
GW – Wo sehen Sie eine Zurückhaltung, wenn es um Investitionen in die Automatisierung geht?
Koch – Die Automatisierung erfordert Investitionen, die höher sind als bisher, als nur eine neue Maschine angeschafft wurde. Die Software, zusätzliche Handlingsysteme, deren Management und die Kommunikation zwischen den vernetzten Maschinen machen eine Automatisierung aufwendiger. Zudem braucht die Installation mehr Zeit, was entsprechende Kosten mit sich bringt. Mittel- und langfristig betrachtet lohnt sich die Automatisierung jedoch und spart Kosten ein.
Ceulemans – Dazu kommt, dass der durchgängige Datentransfer gegeben sein muss als Basis für eine rundlaufende Produktion. Auch das erzeugt Kosten. Ist die Software auf dem neuesten Stand, lassen sich nachfolgende Automatisierungen mit geringerem Aufwand umsetzen.
Schubert – Nur mit einer gut funktionierenden Produktionssoftware und einem reibungslosen Datentransfer zwischen den einzelnen Bearbeitungsstationen lässt sich eine Produktion auch effizient automatisieren. Wird das umgesetzt, führt das langfristig betrachtet nicht nur zu einer effektiven Fertigung, sondern auch zu relevanten Kosteneinsparungen.
GW – Vor zwei Jahren wurden Intermac, Forvet, Bavelloni u. a. unter der Dachmarke Biesse Glass zusammengefasst, welche Vorteile bietet das?
Ceulemans – Damals wurde die Strategie der Gruppe überarbeitet und angepasst, unter anderem um die internen Abläufe zu optimieren und um neue Firmenzukäufe besser integrieren zu können. Das Ziel ist eine verbesserte Kundenbetreuung und ein besserer Service. Zudem haben wir eine projektbegleitende Unterstützung für Kunden mit einem weiteren Spezialisten eingeführt.
GW – Wie unterstützen Sie als Team die Glasverarbeiter im deutschsprachigen Raum?
Koch und Ceulemans – Wir sind in der DACH-Region unterwegs, um Glasverarbeiter zu beraten, wenn es um Investitionen in Maschinentechnik und Software geht. Wir können dabei auf das umfassende Angebot von Biesse zugreifen, das stetig am Wachsen ist. Dazu zählen unter anderem Anlagen und Produkte von Intermac, Diamut, Forvet, Busetti, Bavelloni.
Schubert – Ich betreue vor Ort die Maschinenanbindung und die Schnittstellenoptimierung zu anderen Maschinen, um die Verarbeiter bei der Integration neuer Anlagen zu unterstützen. Diesen Prozess werden wir kontinuierlich verbessern und weiterführen.
Das Interview führte Matthias Rehberger