Glaswelt – Herr Gruber, worauf konzentriert sich die Lisec-Unternehmensstrategie?
Karl Gruber – Als Komplettanbieter für die Isolierglasbranche ist es unsere größte Herausforderung weltweit auf die unterschiedlichen Märkte – mit ihren speziellen Anforderungen – einzugehen. Dazu bieten wir die passenden Produkte für das jeweilige Land bzw. Region an. Um dies zu optimieren, haben wir den Vertrieb 2011 neu aufgestellt und die Welt in neun Regionen aufgeteilt. Von Vorteil ist, dass bereits heute etwa 45 Prozent unserer Mitarbeiter im Ausland tätig sind, und so genau wissen, was vor Ort gebraucht wird.
Gerhard Sonnleitner – Um entsprechend alle (ausländischen) Märkte abdecken zu können, passen wir aktuell unsere Produktstrategie an. Wir müssen versuchen, zu mehr Standardlösungen zu kommen, da maßgeschneiderte Lösungen teuer sind. Modulare Maschinenkonzepte – für gesamte Linien, ebenso wie für Einzelmaschinen – können hier passende Lösungen bieten. Um dies noch besser umzusetzen, müssen wir künftig unser internes Know-how und unsere Kernkompetenzen stärker bündeln.
Gruber – Für die Zukunft wird Automationslösungen eine viel höhere Bedeutung zukommen. Hierbei werden intelligente Industrielösungen künftig einen wichtigeren Schwerpunkt in unserer Produktstrategie ausmachen.
Glaswelt – Auf welche Segmente in der Glasverarbeitung richten Sie Ihr besonderes Augenmerk?
Sonnleitner – Unser Hauptfokus ist der Isolierglasbereich. Wir verstehen uns aber auch als Systemanbieter für die gesamte Flachglasbearbeitung. Die Lisec Gruppe hat in den letzten Jahren umfassende Kompetenzen in der Bearbeitung, Veredelung und dem Handling von Flachglas und speziell Dünnglas aufgebaut. Zum Thema Dünnglas, d.h. dünnes ESG für die Isolierglasfertigung, das wir auf der letzten glasstec vorgestellt haben, gibt es auf den Märkten reges Interesse. Aus Sicht der Wirtschaftlichkeit wird man gerade im Hinblick auf 3-fach-ISO und die Gewichtseinsparung durch dünnere Gläser in diese Richtung gehen müssen.
Einen weiteren Fokus richten wir auf das Solarsegment. Mit unserer Dünnglas-Technik lassen sich nicht nur Glaseinheiten für fassadenintegrierte PV umsetzen, sondern auch Glas-Glas-Module aus dünnem ESG für Dachkonstruktionen
Glaswelt – Wohin bewegt sich der Isolierglasmarkt? Und wie könnte sich der Marktanteil von ISO-Scheiben mit Dünngläsern entwickeln?
Gruber – Dank des weltweit einsetzenden Energiespartrends, sowohl im Heiz- als auch im Klimatisierungsbereich, sehen wir vor allem international eine positive Entwicklung für den Isolierglasmarkt. In manchen Regionen dieser Welt wird man sich der vielen Vorteile von Isolierglas gerade erst bewusst. Umso schneller die Rohstoffmärkte in diesen Ländern reagieren und die Energiepreise anziehen, umso höher wird auch die Notwendigkeit vernünftige Verglasungen zu verbauen und diese kostengünstig produzieren zu können.
Sonnleitner – In Kernmärkten wie Europa hingegen gilt es bestehende Technologien zu verbessern und auf zukünftige Normen vorbereitet zu sein. Dünnglas ist ein Schritt in Richtung Gewichts- und Kostenreduktion bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung der Elemente. Letztlich ist es eine Frage der Verfügbarkeit von Dünnglas, wie stark sich dieser Markt entwickelt. Bei flexiblen Abstandhaltern verhält es sich ähnlich. Der Anteil an flexiblen Abstandhaltern wird mittelfristig mit der steigenden Zahl der Anbieter zunehmen.
Glaswelt – Welche Schwerpunkte legen Sie in der Maschinenentwicklung, welche in anderen Bereichen?
Gruber – Eines unserer wichtigsten Ziele ist die Entwicklung von intuitiv geführten Maschinen. Gerade vor dem Hintergrund steigender Forderungen nach mehr Effizienz muss der Bediener in der Lage sein, auch komplexe Anlagen leicht zu bedienen. Dazu kommt, dass die Ausbildung in anderen Ländern nicht so gut ist, wie bei uns. Das verlangt von uns, dass wir die Maschinen so konzipieren, dass sie möglichst viele Arbeitsschritte selbstständig ausführen. Um die Fehlerquote bei der Produktion zu minimieren, sollte dem Bediener wenig Eingriffsspielraum gelassen werden, sobald das Maschinenprogramm angelaufen ist.
Sonnleitner – Das ist ja einer der Gründe für die zunehmende Automation in der Glasbranche: Der Verarbeiter will gleichzeitig die Produktionsgeschwindigkeit steigern sowie eine minimale Fehlerquote erreichen. Je weniger händische Eingriffe erfolgen, desto näher kommt er an dieses Ziel. In diesem Zusammenhang wird bei der Bearbeitung von Glas auch die Qualitätskontrolle mittels Scannertechnik an Bedeutung gewinnen.
Glaswelt – Was für eine Rolle spielt für Sie als Hersteller künftig der Service?
Sonnleitner – Die Bedeutung des Service-Segments wird zunehmen. Dabei verstehen wir uns zunehmend als Life Cycle Partner für unsere Kunden. Das heißt, wir begleiten und betreuen den Verarbeiter über die gesamte Lebensdauer der Anlage(n), damit er den optimalen Profit aus seinem Maschinenpark ziehen kann. Wir wollen Servicepakete in verschiedenen Umfängen anbieten. Dazu gehört auch ein weltweiter Vor-Ort-Service. Dabei wird das Asset-Management für unsere Kunden eine wichtige Rolle spielen.
Gruber – Die präventive Instandhaltung von Anlagen ist ein sehr wichtiger Faktor. Es geht darum, Maschinen so zu konzipieren, dass sie frühzeitig Verschleiß oder mögliche Ausfälle selbst erkennen und Rückmeldung geben. Damit lassen sich Stillstände in der Produktion minimieren oder ganz vermeiden. Unser Servicenetz ist so aufgebaut, dass wir den Kunden bei Problemen jederzeit helfen können. Das beinhaltet neben der Ferndiagnose durch unsere Softwarespezialisten auch den schnellen Vor-Ort-Service durch Techniker. Diese Spezialisten kommen aus Österreich oder von einer unserer über 40 Niederlassungen in aller Welt.
Glaswelt – Mit welchen Zielen positioniert sich Lisec 2012 mittel- und langfristig?
Gruber – Wir sind ein Gesamtanbieter in Sachen Anlagentechnik für die Glasverarbeitung und das wollen wir bleiben. Unsere Schwerpunkte konzentrieren sich darauf, dass wir mit Neu- und Weiterentwicklungen bei allen wesentlichen Maschinen weiterhin als Schrittmacher in der Branche agieren wollen. Unsere Aufgabe ist es, Markttrends früh zu erkennen und dafür Lösungen anzubieten. Unser Motto bei den Maschinen lautet: „Schneller, effizienter, höhere Lebensdauer“.
Sonnleitner – Wir wollen ein interessanter Ansprechpartner für unsere Kunden bleiben. Wir haben dabei den Vorteil, dass wir mit unseren Kunden auf Augenhöhe reden können, da wir selbst Glasverarbeiter sind. Wir besitzen drei Isolierglaswerke zum Testen. Dort prüfen und optimieren wir die Anlagen in einer professionellen Arbeitsumgebung. Mit unseren Neuentwicklungen richten wir uns schon heute für die Zukunft ein. Wir versichern Ihnen, die Branche kann einiges von uns erwarten. —
Neu Maschinen-High-Lights
Fit-Line Isolierglaslinie
Diese ISO-Linie ist eine kompakte Standardlösung und lässt sich als Allroundanlage einsetzen. Mit ihr werden gasgefüllte zweifach- und dreifach Isolierglas-Produkte innerhalb kurzer Taktzyklen auf hohem Qualitätsniveau gefertigt. Ziel der Entwickler war es, ein Minimum an Ausschuss, bei maximiertem Ausstoß, ohne Qualitätseinbußen zu erreichen. Um alle Bedürfnisse abzudecken ist die Anlage in drei unterschiedlichen Varianten erhältlich und optional auch für die Fertigung von Sonderformen und 3-Seiten-Stufen-Elementen. Die FiT.Line ist damit optimal für Profis und Einsteiger geeignet.
GPS.perfectscan
Auf der Vitrum wurde auch der weiterentwickelte Qualitätsscanner GPS.perfectscan für Isolierglas präsentiert. Das System kann jetzt erstmals neben Einzelscheiben und Verbundglas auch Isoliergläser auf optische Mängel hin überprüfen. Ob zweifach- oder dreifach-Aufbau spielt dabei keine Rolle. Visuelle Fehler werden im Durchlaufbetrieb nach individuell definierten Qualitätskriterien erkannt.