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Im Gespräch mit Michael Wegerer

So wird der Siebdruck auf Glas zu einer spannenden Veredlungsart

Glaswelt – Warum gewinnt die Gestaltung von Glasfassaden immer mehr an Bedeutung?

Michael Wegener – Nach meinem Studium der Bildenden und Medialen Kunst an der Universität für angewandte Kunst Wien habe ich weiter in London das Masterstudium Fine Art Practice am Royal College of Art im Bereich Fine Art Printmaking absolviert. Im Rahmen von mehreren internationalen Arbeitsaufenthalten in Großbritannien, Irland, Australien, Schweden und China habe ich dann damit begonnen, experimentelle und vielseitig einsetzbare Siebdrucktechniken zu entwickeln. Im Vordergrund standen zunächst die unterschiedlichsten Trägermaterialien, wie z. B. Papier, Kunststoff, Holz, Metall, Filz, Leinwand, bis ich letztendlich auch das Glas entdeckt habe.

Der Trend, Glasfassaden auch mit medialen Inhalten, Bildern und Mustern zu gestalten, hat seit den 1950er-Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt auch wegen dem Einsatz moderner bildgebender Technologien. Es gibt mittlerweile elektrifizierte Glasfassaden, dabei fungieren Glasfassaden als Energielieferanten und auch als Gestaltungselement für die Architektur. Glasgestaltungen an und in öffentlichen Gebäuden sind ideale Flächen, um Kunst und Kultur wirksam zu repräsentieren.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf mein aktuelles Referenzprojekt zum Thema „Kunst am Bau“ verweisen. Es handelt sich dabei um einen Glasfassadenentwurf für die Rudolf Steiner Schule in Wien. Die Aufgabenstellung war es, einen Sichtschutz zu konstruieren, der Transparenz ermöglicht bzw. Lichtdurchlässigkeit ins Gebäude und zugleich ein Bild zur Rudolf Steiner Schule nach außen transportiert. Hier setze ich Glas als Bildträger, Sicht- und Sonnenschutz ein. Die Privatsphäre bleibt für die Nutzer gewahrt und gleichzeitig hole ich Licht von außen in den Innenraum. Dieses Projekt befindet sich gerade in der Umsetzung (www.michaelwegerer.net).

Dimmer (Designobjekt Lampe von Anton Defant, Universität für angewandte Kunst Wien. Das 75 × 75 cm große Objekt wurde mit Dimmer LED-Leuchtmittel, Magnet und keramischem Siebdruck auf Float-Glas mit polierten Kanten umgesetzt.

Foto: Zentrale digitale Fotowerkstatt der Universität für angewandte Kunst, Wien

Dimmer (Designobjekt Lampe von Anton Defant, Universität für angewandte Kunst Wien. Das 75 × 75 cm große Objekt wurde mit Dimmer LED-Leuchtmittel, Magnet und keramischem Siebdruck auf Float-Glas mit polierten Kanten umgesetzt.
Idealität, das sind Fotografien auf Glas (7 Gläser à 100 × 68 cm). Die Diplom-Abschlussarbeit schuf Kai Ruhland am Fachbereich Gestaltung, Faculty of Design der Hochschule Darmstadt, University of Applied Sciences.

Foto: Kai Ruhland

Idealität, das sind Fotografien auf Glas (7 Gläser à 100 × 68 cm). Die Diplom-Abschlussarbeit schuf Kai Ruhland am Fachbereich Gestaltung, Faculty of Design der Hochschule Darmstadt, University of Applied Sciences.

Glaswelt – Wie sieht es mit Glasgestaltung im Interieur-Design aus?

Wegener – Ich lehrte nach meinem Studium an diversen internationalen Kunstuniversitäten Grafik und Druckgrafik, unter anderem auch praxisbezogenes Interior-Design an der HTL Spengergasse in Wien und es ist mir ein großes Anliegen, dass ich zukünftigen Kunstschaffenden und Gestaltenden von grafischen und raumgreifenden Installationen für den Innen- und Außenbereich meine Erfahrungen im Hinblick auf die Gestaltung mit Glas weitergeben kann.

Glas als Gestaltungselement ist vielfältig einsetzbar und mit anderen Materialen kombinierbar. Anwendung im Druck finden Design-Elemente, die die Eigenschaften von Glas nutzen, um Funktion mit Form in Einklang zu bringen. Die drei bemerkenswertesten Eigenschaften von Glas sind: Transparenz, das „Fließende“ und die Möglichkeit in Ebenen zu arbeiten.

Flache, bedruckte Gläser erlauben es durch Aufklappen aus der Fläche, einen dreidimensionalen Raum zu generieren. Was ich damit meine ist, grafisch mit Bildelementen, Mustern oder Informationen einen Innenraum zu beschreiben. Zum Beispiel durch Visualisierung von Daten, Leitsystemen in öffentlichen Räumen sowie transparente Oberflächen mit Informationen zur Orientierung gehören für mich ebenfalls dazu. Auf diesem Gebiet ist also noch Platz für neue spannende Überlegungen in der Forschung für Architektur und Grafikdesign.

Glaswelt – Warum konzentrieren Sie sich auf Siebdruck für Glas und welche Farben verwenden Sie?

Wegener – Der keramische Siebdruck auf Glas bietet die Möglichkeit, verschiedene Sonderfarben, Schmuckfarben und auch transparente Farben zu drucken. Transluzente keramische Pigmente sind nur mit Siebdruck druckbar. Diese (halbtransparenten) Pigmente sind aus der Hinterglasmalerei bekannt und bei der Herstellung von Reproduktionen historischer geätzter Gläser von Bedeutung. Kombinationen von keramischem Digitaldruck und keramischem Siebdruck sind vor allem für Neugestaltungen im Bereich der Innenarchitektur und künstlerischen Anwendungen interessant.

Der Auftrag „Idealität – Fotografien auf Glas“ von Kai Ruhland ist hier ein gutes Beispiel, denn dieses Werk war nur durch die Kombination von Digitaldruck und Siebdruck realisierbar. Seine Fotografien auf Glas erhalten erst durch die Anwendung der in meinem Katalog „ Quint Screen Print – Glas“ beschriebenen Druck-Methoden die erwünschte haptische Qualität und Brillanz. Diese Arbeit war seine Diplom-Abschlussarbeit an der Hochschule Darmstadt – University of Applied Sciences – Fachbereich Gestaltung.

Glaswelt – Welches Glas lässt sich wofür gut verwenden?

Wegener – Frühere eingesetzte Gläser, sogenannte Überfanggläser, sind heute nur mehr bis zu einer Länge von ca. 1 m erhältlich. Die transparente Siebdrucktechnik ist auf alle handelsüblichen Gläser anwendbar und imitiert visuell die Eigenschaften geätzter historischer Überfanggläser. Bei Restaurationen von kulturell- und denkmalgeschützten Gebäuden wird damit eine Lösung angeboten.

Für Neugestaltungen werden neueste am Markt hergestellte keramische Farbkörper verwendet, diese können zu ESG gehärteten Gläsern verarbeitet werden und entsprechen damit den Standards der Bauindustrie. Durch Kombinationen mit Siebdruck und Digitaldruck entstehen je nach Optik gewünschte Effekte.—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.

Reproduktion eines geätzten Überfangglases: Das Motiv wurde einem geätzten Überfangglas-Fenster entnommen, digital nachgezeichnet und mittels Siebdruck auf Floatglas übertragen. Es handelt sich um ein Kombinationsverfahren mit keramischen Pigmenten der „Kollektion Transparent und Ätzimitation“.

Foto: Martin Croce, Wien

Reproduktion eines geätzten Überfangglases: Das Motiv wurde einem geätzten Überfangglas-Fenster entnommen, digital nachgezeichnet und mittels Siebdruck auf Floatglas übertragen. Es handelt sich um ein Kombinationsverfahren mit keramischen Pigmenten der „Kollektion Transparent und Ätzimitation“.

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