_ Gut gelaunt waren deshalb die Mitglieder des Bundesverbands Flachglas und der Gütegemeinschaft Mehrscheibenisolierglas bei ihrer Jahrestagung am 18. und 19. April in Rostock-Warnemünde. BF-Präsident Thomas Dreisbusch: „Ich sehe das Jahr 2013 positiv, gerade mit Blick auf die gute Entwicklung im Wohnbau. 2012 wurden 214000 Wohnungen zum Bau freigegeben, das ist ein Plus von rund 7 Prozent. Dieser Trend wird sich wohl auch 2013 fortsetzen.“ Allerdings, so Dreisbusch, lasse sich die Preissituation noch deutlich verbessern. „Wir müssen weiter daran arbeiten, den Verbrauchern die positiven Qualitäten von Glas sowie seine vielfältigen Funktionen näherzubringen, damit wir auch die entsprechenden Priese dafür erzielen.“
In Auftaktvortrag „Klimawandel – die wohl größte Herausforderung der Menschheit“ unterstrich Dr. Felix Christian Matthes vom Berliner Öko-Institut, dass die Energiepreise für Hersteller und Verarbeiter noch deutlich teurer werden: „Machen Sie sich auf deutlich steigende Kosten gefasst, das wird auch Ihre Produktion beeinflussen.“
Die Energiepreisentwicklung betreffe dabei zunehmend den Gebäudesektor: „Sind die Nebenkosten noch bezahlbar?“, so Matthes. Diese Frage berge eine hohe politische Sprengkraft. Hier falle der energetischen Sanierung eine tragende Rolle zu. Die Gebäudesanierung müsse zügig angegangen werden: „Wird der Sanierungszyklus zu lange hinausgezögert, wird es extrem teuer, die Maßnahmen für die notwendige Sanierungen umzusetzen. Weisen Sie Ihre Kunden darauf hin“, so Matthes, denn Isolierglas leiste zur Energieeinsparung einen wichtigen Beitrag.
Prof. Dr. Franz Feldmeier, FH Rosenheim, stellte aktuelle Forschungsprojekte vor, u.a. das Forschungsvorhaben „Fenster der Zukunft für 0-Energie-Gebäude“. Eine der Überlegungen seitens der internationalen Projektpartner sei es, Gläser mit einem Ug-Wert von 0,3 W/m2K zu entwickeln. Dies solle mit schaltbaren 4-fach-Verglasungen (variabler g-Wert) möglich werden. Für die Umsetzung hätten die Partner als Idee ultradünne (ca. 1,3 mm stark), vorgespannte Gläser bzw. Glasmembranen in die Diskussion geworfen. Wie und ob das aktuell umsetzbar sei, wäre allerdings noch offen.
Ein Thema mit dem sich die Branche bei 3-fach-ISO auseinandersetzen müsse, sei der Randverbund und dessen Einfluss auf die Lebensdauer von Isolierglas.
Den größten Einfluss übe dabei die Glasdicke aus: Je dicker eine Scheibe, desto höher die Beanspruchungen auf den Randverbund.
Die Belastung des Rands sei bei 3-fach-ISO im ungünstigsten Format etwa 20 % höher als bei 2-fach-ISO.
Zum Thema Randverbund hat der Arbeitskreis Warme Kante ein kürzlich entwickeltes Test-Konzept vorgestellt, bei dem das Isolierglas komplett in Längsrichtung mit Abstandhaltern gefüllt wird, statt nur am Rand (siehe dazu den Beitrag „Einfacher und besser zum Psi-Wert“ aus GLASWELT 11/2012, Seite 26). Damit könne jetzt ein Abstandhalter-System schnell und genau mit weniger Aufwand als bisher geprüft werden. Dazu ergänzte Jochen Grönegräs, dass der BF entsprechend neue Datenblätter für Warme-Kante-Systeme vorbereite.
Emotional verkaufen reicht nicht
„Verkaufen Sie auch Technik“, so das Statement von Prof. Peter Wippermann vom Trendbüro Berlin. Neben der Emotionalisierung der Produkte müsse der Anbieter auch die technischen Leistungsmerkmale von Gläsern transparent machen. „Der Verbraucher will wissen, was Glasprodukte leisten können, um sie für sich vergleichbarer zu machen. Geben Sie ihm die Zahlen und Werte“, forderte er die anwesenden Verarbeiter und Anbieter auf.
„Ohne Bausparer keine Energiewende“, hieß es in dem erfrischenden Vortrag von Dr. Matthias Metz, Vorstandsvorsitzender der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG. „Die klimapolitischen Ziele lassen sich nur gemeinsam mit den Wohneigentümern erreichen. Und entsprechende Gelder sind vorhanden.“ Bei den Bauspar-Einlagen lägen rund 135 Mio. Euro Guthaben, davon seien 40 bis 50 Mio. Euro „sofort“ zuteilungsreif. Das entspricht rund einer Million energetischer Sanierungen im Bestand. Metz: „Ohne Förderanreize wird es bei uns keinen Durchbruch bei der Energiewende geben.“
Die EnEV im Fokus
André Hempel, Referent im Bundesbauministerium, beleuchtete geplante Neuerungen der EnEV. Europarechtlich vorgegeben ist die Pflicht zur Übergabe des Energieausweises an den Käufer oder neue Mieter. Die EU verlangt die Einführung eines Stichprobenkontrollsystems für Energieausweise und folgt damit dem Beispiel zahlreicher EU-Staaten, die schon länger über Kontrollsysteme verfügen (im Gegensatz zu Deutschland). Die stichprobenartigen Kontrollen können bei uns künftig dreistufig erfolgen: erstens über eine Plausibilitätskontrolle (der Werte im Energieausweis), dann über eine Nachberechnung oder im letzten Fall über eine Vor-Ort-Kontrolle.
Zum geplanten Berechnungsverfahren EnEV-easy sagte Hempel: „Das vereinfachte Verfahren (EnEV-easy) ist vordergründig für eine Vorplanung und den Vollzug anwendbar. Bei detaillierten Planungen von Neubaumaßnahmen stößt es jedoch an Grenzen.“ Weiter unterstrich er: „Die Anforderungen im Gebäudebestand werden nicht verschärft. Es wird auch keine neue Nachrüstverpflichtung geben.“ Im Neubaubereich seien die energetischen Verschärfungen moderat. Diese könnten technologieoffen sowohl über die Qualität der Gebäudehülle als auch über die Anlagentechnik umgesetzt werden.“
Bei den BF-Vorstandswahlen wurden Dr. Klaus Huntebrinker und Thomas Stukenkemper wiedergewählt. Der Vorstand umfasst weiter Thomas Dreisbusch als Vorsitzenden sowie Jürgen Halbmeyer, Michael Dobbe und Wolfgang Heuser. Zu Ende ging die Amtsperiode von Bernd Kramer. Der frühere Vorstandsvorsitzende von Interpane arbeitete viele Jahre aktiv im BF sowie im VFF mit, und hatte einen wesentlichen Anteil an wichtigen politischen Entscheidungen in Berlin.
Zu den GMI-Vorständen Ralf Vornholt, Michael Elstner, Christoph Troska, Florian Peters-Messer und Thomas Fiedler kam Nils-Christian Plaum neu hinzu. Der Glaskongress 2014 findet in Weimar statt.
30 Jahre GMI: Und wohin geht die Reise?
GLASWELT Chefredakteur Matthias Rehberger im Gespräch mit GMI-Geschäftsführer Jochen Grönegräs über die Aktivitäten der Gütegemeinschaft Mehrscheibenisolierglas.
GLASWELT – Herr Grönegräs, herzlichen Glückwunsch zum 30-Jährigen. Welche Schwerpunkte stehen aktuell auf der Agenda der GMI?
Grönegräs – Es wurde beschlossen, neue Güte- und Prüfbestimmungen zu erarbeiten, die zusätzliche Anforderungen an die Vorprodukte des Isolierglases integrieren – Abstandhalter, Dichtstoffe, Trockenmittel. Das Ziel ist die durchgängige Qualitätskette. Schließlich weisen auch die RAL-Gütegemeinschaften für Fenster und für PVC-Profilsysteme darauf hin, dass das Isolierglas – aus ihrer Sicht ein Vorprodukt – gütegesichert sein sollte. Das ift Rosenheim soll mit der Ausarbeitung dieser neuen GuP beauftragt werden. Das geschieht derzeit in Zusammenarbeit mit den Vorprodukten-Herstellern. Beim Glaskongress 2014 wollen wir die Ergebnisse vorstellen.
GLASWELT – Warum wird das jetzt notwendig?
Grönegräs – Wir sehen das als eine Zukunftssicherung unseres RAL-Gütezeichens an, weil wir den Isolierglas-Herstellern so zusätzliche Sicherheit über die von ihnen eingesetzten Vorprodukte verschaffen. Wichtige Stichworte in diesem Zusammenhang sind die Materialverträglichkeit und die Konstanz der Eigenschaften der Produkte über die Zeit. Die Produkte im Randverbund werden immer komplexer; dadurch werden diese Fragen zunehmend aktuell.
GLASWELT – Wie viele und welche Mitglieder finden sich heute in der Gütegemeinschaft?
Grönegräs – Die GMI hat aktuell rund 95 Gütezeichenträger in Deutschland und etwa 15 im Ausland; dazu kommen acht Fördermitglieder. Unter den Gütezeichenträgern befinden sich ganze Firmengruppen; von weiteren Gruppen sind zudem einzelne Betriebsstätten Gütezeichenträger. Ebenso ist es bei den Lizenzgruppen. Große und kleine Hersteller sind unter den Mitgliedern. Dazu kommen Zulieferer von Fensterfabriken sowie Fensterhersteller, die ihr ISO selbst produzieren – ein Querschnitt des Marktes. Und es gibt noch eine Reihe von Unternehmen, die wir gerne bei uns begrüßen würden.
GLASWELT – Wenn ein ISO-Hersteller bei der GMI Mitglied werden möchte, welche Vorteile bringt ihm das?
Grönegräs – Die GMI hat satzungsgemäß eine einzige Aufgabe: Sie vergibt das RAL-Gütezeichen für Mehrscheiben-Isolierglas. Der Vorteil des Mitglieds, es darf als Gütezeichenträger mit diesem werben. Naturgemäß wird das von den Herstellern unterschiedlich bewertet: Einige nutzen das sehr intensiv in ihrer Werbung; andere sagen: Das brauche ich nicht, weil es meine Kunden nicht interessiert. Das Alleinstellungsmerkmal ist die Fremdüberwachung durch eines von drei neutralen Instituten, mit denen die GMI zusammenarbeitet. Sie ist für den Kunden des Gütezeichenträgers das schlagende Argument für die Produktqualität. Für den Isolierglashersteller selbst schafft sie Sicherheit und hilft ihm, seine Fehlerkosten zu reduzieren. Die Mitgliedschaft zahlt sich also auf jeden Fall auch wirtschaftlich aus. —