GLASWELT: Lohnt es sich heute überhaupt noch, eine eigene ISO-Fertigung aufzubauen?
Damke: Wir verstehen uns als Vollsortimenter, und deshalb fertigen wir auch Isolierglas. Wie wollen Sie einem Kunden erklären, dass er von uns zwar gebogene Isolierscheiben in allen Größen bekommen kann, dazu aber nicht das entsprechende plane Isolierglas mit den passenden Farbwerten.
Renat: Das Besondere an der neuen Linie in Gelsenkirchen ist, dass sie unabhängig von vorgegebenen räumlichen Begrenzungen oder vorhandenen Maschinen konzipiert werden konnte. Damit hatten die Maschinenbauer freie Hand. Wir sind in der Lage, pro Schicht zwischen 700 und 900 Einheiten zu fertigen. Dazu war es nötig, weg von einer statischen Fertigung, hin zu einem dynamischen Produktionsprozess zu kommen. Alles ist optimiert. Hier ist nichts von der Stange.
Damke: Interessant war zu sehen, dass wir mit unseren ISO-Kapazitäten fast gezwungen waren, die gesamte Fertigung werksübergreifend neu zu durchdenken, d.h. wir haben gleichzeitig den kompletten Fertigungsfluss bei Glasid optimiert.
Renat: Bevor wir ans Planen gingen, haben wir uns eine Reihe von Fertigungen angesehen und so ist nach und nach ein Forderungskatalog entstanden, mit dem wir dann an die Maschinenbauer herangetreten sind.
Damke: Unsere Forderung war, alle 30 Sekunden eine Isolierglaseinheit fertigen zu können, und das bei voller Flexibilität. Den Zuschlag hat dann die Bystronic AG erhalten. Und das war eine gute Entscheidung. Im Planungsprozess wurden immer wieder die Layouts verbessert, um einen optimalen Materialfluss zu erreichen. Insgesamt haben wir 12 Layouts erstellen lassen.
Renat: Die Software für die Fertigung wird von Albat+Wirsam, mit denen wir seit Jahren eng zusammenarbeiten, bereitgestellt. Das DynOpt-System von A+W schafft überhaupt erst die Voraussetzungen für einen dynamischen Ablauf und um jederzeit in den Produktionslauf eingreifen zu können. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Geht am Ende der Produktion eine Scheibe zu Bruch, wird sofort als nächster Auftrag die Ersatzscheibe in den Prozess eingeschleust. Damit gewährleisten wir, dass der Auftrag ohne Verzögerung ausgeliefert werden kann.
Damke: Unsere Fertigung ist verpackungsorientiert ausgelegt. D.h. unsere Kunden erhalten die Scheiben so auf die Gestelle gepackt, wie sie es später auf der Baustelle oder in der Werkstatt brauchen. So entfällt aufwendiges Drehen, was gerade auf der Baustelle oft Probleme bereitet.
Glaswelt: Und was kann die Anlage noch?
Renat: Wir können parallel VSG und Float zuschneiden und automatisch Isolierglas bis zu 2700 x 5500 mm fertigen. Im Floatzuschnitt können wir bis zu 19 mm schneiden, bzw. 2 x 10 mm VSG mit bis zu 10 Folien. Alle Kanten werden bei uns automatisch gesäumt. Wir halten bis zu 70 Glassorten vor, das sind über 1500 Tonnen Glas. Darüber hinaus fertigen wir 3-fach-ISO ebenso wie Stufenisolierglas vollautomatisch. Ergänzt wird die Anlage durch eine eigene Sprossenfertigung, einen eigenen ESG-Ofen, sowie durch einen eigenen Fuhrpark mit drei Transportern.
GLASWELT: Und wie viele Mitarbeiter brauchen Sie in der Produktion?
Renat: Heute sind hier 10 Mann tätig. Alle bis zum Fahrer kommen aus der Glasbranche und sind mit dem Umgang von Glas vertraut. Wir halten das für die Fertigungsqualität von äußerster Wichtigkeit.
Damke: Abschließend möchte ich noch einen weiteren Punkt erwähnen. Die neue Anlage steht in der Halle der ehemaligen Schalker Isolierglas GmbH, und damit kehrt wieder ein Stück Glasgeschichte nach Schalke zurück.—