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Glasbruch durch Verdichtungsarbeiten?

Was war der Auslöser, was die Ursache?

Die Ausgangslage: Im Rahmen der Innenstadt-Neuordnung einer Kleinstadt wurde eine frühere Produktionshalle zur Event-Halle umgestaltet. Auf das ursprünglich geschlossene Flachdach wurde ein Sheddach mit Isoliergläsern aufgesetzt.

Etwas später wurde neben der Halle ein Kinogebäude errichtet. Vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten war es notwendig, Verdichtungsarbeiten des Bodens durchzuführen. Hierbei kam es zu lang andauernden, heftigen Erschütterungen im gesamten Bereich rund um die Baustelle.

Nach Beendigung der Verdichtungsarbeiten wurden Risse in fünf Isolierglasscheiben der Dachverglasung festgestellt.

Es war naheliegend, dass diese Risse in Zusammenhang mit den Verdichtungsarbeiten standen und durch die Erschütterungen verursacht wurden, so der Betreiber der Event-Halle. Deshalb machte er den Schaden dem Bauherrn des Kinos gegenüber geltend. Dieser wiederum meldete den Schaden seiner Versicherung.

Die Versicherung beauftragte den Sachverständigen mit der Begutachtung der Scheiben. Er sollte die Frage beantworten, ob die Glasbrüche auf die Verdichtungsarbeiten zurückzuführen sind oder ob es eine andere Ursache vorlag.

Ohne Begutachtung der Glaskante geht es nicht

Allein auf Basis der beschriebenen Umstände
und einer Betrachtung der Risse von außen lässt sich eine hundertprozentige Aussage über die Ursache der Risse nicht treffen.

Hierzu ist es notwendig den Bruchursprung an der Glaskante der Scheibe zu betrachten. Dies wurde dem Betreiber der Event-Halle mitgeteilt, der sich dazu bereit erklärte, mit der Umglasung der gerissenen Scheiben in Vorleistung zu treten.

Beim dann anberaumten Ortstermin wurden anlässlich der Umglasung die fünf gerissenen Isolierglasscheiben ausgebaut und mit einem Kran vom Dach der Halle gehoben.

Mit einem „GlassBuddy“ Lasermessgerät überprüft der Gutachter zunächst die Aufbauten der fünf Isolierglasscheiben. Der Glasaufbau:

  • Außenscheibe: 10 mm Floatglas
  • Scheibenzwischenraum: 16 mm
  • Innenscheibe: 8 mm VSG aus 2 × 4 mm Floatglas, beschichtet auf Pos. 3
  • Alle untersuchten Isolierglasscheiben wiesen in den Verbundsicherheitsgläsern (VSG) Risse auf. Am Bruchausgang hatte jedes VSG an der Glaskante Vorschädigungen in Form von Stoßstellen und Abplatzungen, die bereits anlässlich des ursprünglichen Einbaus in das Sheddach verursacht wurden (siehe Foto).

    Es kann davon ausgegangen werden, dass die Erschütterungen anlässlich der Verdichtungsarbeiten am Nachbargebäude dermaßen stark waren, dass sie die Risse in den VSG Scheiben der Isoliergläser ausgelöst haben.

    Das Fazit des Sachverständigen

    Da alle fünf Verbundsicherheitsgläser an den Glaskanten erhebliche Vorschädigungen in Form von Stoßstellen und Abplatzungen aufweisen, führte dies zu einer signifikanten Schwächung der Bruchfestigkeit der Gläser.

    Ursächlich für die Risse sind daher die Vorschädigungen an den Glaskanten der VSG Scheiben der Isolierglaseinheiten. Diese Schädigungen waren bereits vor den Verdichtungsarbeiten ­vorhandenen.

    Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass es zur Feststellung der Ursache für Glassprünge immer notwendig ist, den Rissursprung auch an der Glaskante zu betrachten. Hierbei kann dann auch zweifelsfrei zwischen einem mechanisch oder thermisch verursachten Glassprung unterschieden werden. Im vorliegenden Fall wurden die Scheiben bereits während des Einbaus in das Sheddach vorgeschädigt.

    Ansicht der Scheibe am Bruchausgang: Hier ist die Vorschädigung an der VSG-Kante zu sehen.

    Foto: Wolf-Dietrich Chmieleck

    Ansicht der Scheibe am Bruchausgang: Hier ist die Vorschädigung an der VSG-Kante zu sehen.

    Der Autor

    Wolf-Dietrich Chmieleck
    ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Glastechnik; IGA Institut für Glas-Anwendung; Tel. (0 23 02) 7 53 83

    Foto: Wolf-Dietrich Chmieleck

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