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Glas-Beschichtungen, Teil 02

Physik oder Chemie?

Generell unterscheiden sich die Beschichtungsverfahren grundlegend in chemische oder physikalische Prozesse.

Chemische Prozesse sind unterteilbar in:

  • Pyrolyse und nass-chemische Verfahren
  • Gasphasenabscheidung (CVD = Chemical Vapour Deposition)
  • Plasma unterstütze CVD-Verfahren (PACVD = Plasma Assisted CVD)

Bei einer Glasbeschichtung auf Basis von chemischer Abscheidung (Chemical Deposition, kurz CD) findet der Prozess meist unter Atmosphärendruck statt. Es erfolgt eine chemische Reaktion des Beschichtungsmaterials an der Flachglasoberfläche. Beschichtungen auf dieser Basis finden in der Regel „Online“ statt, also in Kombination mit der Floatglasherstellung.

Pyrolyse-Verfahren: Bei Verfahren mittels Pyrolyse erfolgt die Schichtbildung durch Reaktion des Beschichtungsmaterials z.B. mit Luft, Sauerstoff oder Wasserdampf auf der heißen Flachglasoberfläche.

Diese Beschichtungstypen werden auch häufig als pyrolytische (= Zersetzung durch Hitze) Beschichtungen bezeichnet, was aber nur auf einen Teil der chemischen Prozesse zutrifft.

Ihr gemeinsames Merkmal ist die chemische Reaktion auf der heißen Glas­oberfläche. Bei dieser Technik tritt das Beschichtungsmaterial in dampfförmiger, flüssiger oder fester Form in Kontakt mit der heißen Glasoberfläche. Liegt die zur Beschichtung eingesetzte Verbindung in flüssiger Form vor, wird sie in diesem Aggregatzustand auch im Beschichtungsprozess eingesetzt. Dabei erfolgt die Beschichtung mittels Flüssigkeitssprühtechnik.

Mit diesem Besprühen werden im Online-Verfahren unter anderem nicht-selektive Sonnenschutzschichten, etwa auf Basis von Kobalt-Eisen-Nickel-Mischoxiden bzw. TiO2 hergestellt. Bekannt ist hier beispielsweise das Produkt „Stopsol“.

Gasphasenabscheidung: Bei der chemischen Gasphasenabscheidung (CVD) wird ein gasförmiger Ausgangsstoff an der Oberfläche des Substrates durch eine chemische Reaktion als Feststoff abgeschieden.

Diese Form der chemischen Gasphasenabscheidung erfolgt bei der Flachglasbeschichtung meist unter Umgebungsdruck (und nicht im Vakuum).

Der Unterschied zum Flüssigkeitssprühverfahren besteht darin, dass die Beschichtungsmaterialien der Flachglasoberfläche dampfförmig zugeführt werden. Im Wesentlichen werden so heute nicht-selektive Sonnenschutzbeschichtungen auf Basis von Siliziumsuboxidschichten sowie Wärmedämmschichten auf der Basis von Fluor dotierten Zinnoxidschichten hergestellt.[1] Grundsätzlich kann man die CVD-Verfahren nach der Art der Aktivierung unterscheiden. Die Zuführung der Energie kann entweder thermisch oder mittels eines Plasmas erfolgen. Eine Aktivierung durch Photonenbeschuss ist ebenfalls möglich.[2]

Bei den nass-chemischen Verfahren kommen überwiegend das Sol-Gel Verfahren und die chemische Reduktion zum Einsatz.

Bei der Sol-Gel-Beschichtung entstehen die Schichten durch Hitzeeinwirkung. Die chemischen Reaktionen der Schichtbildung erfolgen jedoch in einem zweistufigen Prozess.

In der ersten Phase wird ein Flüssigkeitsfilm, bestehend aus einer Lösung von hochmolekularen, metallorganischen Stoffen, dem sogenannten Sol, als Beschichtungsmaterial auf der raumtemperierten Flachglasoberfläche durch Aufnahme von Wasserdampf aus der Umgebungsatmosphäre in einen Gel-Film umgewandelt. In der zweiten Stufe des Prozesses kondensiert dieser Gel-Film auf der Glasoberfläche durch einen Einbrennprozess bei erhöhten Temperaturen zu einer Festkörperschicht.

Als Auftragstechnik für den Flüssigkeitsfilm wird bei Flachglas vornehmlich die Tauchtechnik verwendet. Daneben wird aber auch aufgespritzt und aufgerollt. Hiermit hergestellt werden unter anderem Antireflexionsschichten und nicht-selektive Sonnenschutzschichten.

Chemische Reduktion: Beim diesem Verfahren werden die Schichten durch chemische Reduktion des Beschichtungsmaterials (etwa gelöste Salze) in Kontakt mit der Flachglasoberfläche abgeschieden. Seit Mitte des ­ 20. Jahrhunderts werden so Silberspiegel hergestellt.

Bei den chemischen Prozessen gibt es neben den Verfahren, die unter Atmosphärendruck stattfinden, auch das sogenannte plasmaunterstützte CVD-Verfahren (Plasma Assisted oder Plasma Enhanced CVD). Hierbei findet der CVD-Prozess in Verbindung mit einer Gasentladung im Vakuum statt.

Der Unterschied zum klassischen CVD-Verfahren besteht darin, dass die chemischen Reaktionen nicht durch Wärme, sondern durch Zufuhr elektrischer Energie über eine Gasentladung (auch Plasma genannt) ausgelöst werden.

Mit dem PACVD-Verfahren werden kohlenstoff- und siliziumhaltige Beschichtungen hergestellt, aber auch Oxide, Nitride, Karbide und Oxinidride abgeschieden.

So werden beispielsweise Glasprodukte mit hydrophoben Schichten zur Reinigungsunterstützung oder verringerten Schmutzanhaftung hergestellt.

Physikalische Prozesse

Für die Flachglasbeschichtung ist das thermische Aufdampfen (physikalische Gasphasenabscheidung, engl. Physical Vapour Deposition = PVD) von Bedeutung, ebenso das Plasma PVD (auch Sputtern genannt). Beide Verfahren finden unter Vakuum statt. Dabei wird das Beschichtungsmaterial im Vakuum in einen dampfförmigen Zustand versetzt und kondensiert anschließend auf der Flachglasoberfläche. Zusätzlich können hier chemische Prozesse beteiligt sein.

Diese beiden Verfahren basieren auf Grundlage der physikalischen Gasphasenabscheidung. Der „Materialdampf“ kondensiert auf der Substratoberfläche (= Flachglasoberfläche). Die genannten physikalischen Beschichtungsprozesse finden alle „Offline“ statt. Der Beschichtungsvorgang erfolgt also unabhängig von der Floatglasherstellung.

Beim thermischen Aufdampfen wird dem Beschichtungsmaterial Energie in Form von Wärme zugeführt. Dadurch erhitzt es sich und verdampft. Dieser Verdampfungsprozess kann über die Schmelze, das heißt über die Flüssigkeitsphase der Materie (wie etwa beim Kochen von Wasser) erfolgen, sowie durch Sublimation. Letzteres bedeutet durch direkten Übergang von der Feststoffphase in die Dampfphase, wie dies beim Trocknen von Wäsche im Winter unter 0 °C zu beobachten ist.

Zur Beschichtung lässt man den Dampf auf einem Substrat, in unserem Fall Flachglas, kondensieren [1]. Diese Technik hatte zu Beginn der Entwicklung der Flachglasbeschichtung in den 1960er bis 1980er Jahren große Bedeutung. Damals wurden die Erfahrungen, die aus anderen Branchen vorlagen, auf die Flachglasbeschichtung übertragen.

Das beim Plasma PVD zur Herstellung dünner Schichten auf Flachglas am weitesten verbreitete Beschichtungsverfahren ist die Magnetron-Sputter-Technik. Dieses Verfahren wird im nächsten Teil der Serie „Beschichtungstechnik“ näher erläutert. —

Literatur

[1] Gläser, Hans Joachim: Dünnfilmtechnologie auf Flachglas, Verlag Karl Hoffmann 1999.

[2] Satschko, Dr., Michael: Chemische Gasphasenabscheidung (CVD) von keramischen Verschleißschutzschichten auf Basis von Chromcarbid und Titancarbid, Dissertation 2004 ­Universität Erlangen-Nürnberg.

Der Autor

Michael Elstner ist der Leiter der AGC Interpane

Anwendungstechnik (IBC Interpane Beratungscenter).

https://www.interpane.com/

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