Glaswelt: Sehr geehrter Herr Winter, Sie konzentrieren sich verstärkt auf den Bereich Solar, was sind die Gründe dafür?
Winter: Photovoltaik und Solarthermie erleben derzeit einen Boom an dem wir partizipieren wollen. Glas spielt bei der Gewinnung von Wärme und Strom durch Sonnenlicht eine wichtige Rolle. In absehbarer Zeit werden Fassaden zusammen mit Dächern mittels Dünnschichttechnologie zunehmend für die Stromerzeugung genutzt. Künftig wird in vielen Industrieländern der Strom aus Dünnschichtzellen kaum mehr kosten, als Strom aus konventionellen Kraftwerken.
GLASWELT: Was hat es mit dem neuen Glasveredlungswerk in Ostdeutschland auf sich?
Winter: Ab Mai 2009 produziert Euroglas unter dem Namen „ Euroglas Solar“ Halbzeuge, d.h. Front- und Trägerglas mit entsprechenden Transformationsschichten. Dieses Glas werden wir an Modulhersteller verkaufen. Die Veredlung des Glases mit hoher Energietransmission wird in einer aktuell im Bau befindlichen Produktionsstätte vorgenommen. Dort werden dann auf 15000 m2 täglich bis zu 400 t Glas für Solaranwendungen veredelt. Die Arbeiten für das neue Werk starteten Ende September. Ein weiterer Grund für den Neubau ist, dass wir in Haldensleben das eisenoxidarme Floatglas Eurowhite als Basis für die Veredlung selbst produzieren. Bei Bedarf sind wir jederzeit in der Lage, dort unsere Kapazitäten für die Produktion von Eurowhite zu erhöhen. Dass wir das Werk in Haldensleben bauen, liegt auch an der günstigen Lage im sogenannten „Solar-Valley“ Deutschlands. In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben die führenden Dünnschichtmodulhersteller mit eigenen Produktionsstätten ihren Sitz.
Glaswelt: Wo sehen Sie als Hersteller ihre Marktchancen?
Winter: Da wir mit der Produktion von Halbzeugen neue technologische Wege beschreiten, sehen wir sehr gute Marktchancen. Zudem befinden wir uns in einer hervorragenden logistischen Position. Innerhalb eines Zirkelschlages von 350 km können wir 70% des deutschen Dünnschichtmarkts für die Modulproduktion abdecken. Ich kann auch sagen, dass alle Kundengespräche, die wir bisher geführt haben, sehr positiv verliefen. Dies liegt vor allem daran, dass wir als erster Anbieter das gesamte Portfolio von Trägerglas für die Dünnschichtmodulproduktion anbieten. Je nach Ausbaustufe werden wir dann auch das Frontglas herstellen und ein Gesamtpaket verkaufen können. Bei einer gleichbleibenden guten Marktentwicklung können wir unsere Floatglasproduktion durch gezielte Investitionen ausbauen. Dadurch haben wir wiederum die erforderliche Menge für die Veredlung und können den Markt entsprechend bedienen.
Glaswelt: Welche Qualität muss Glas für Solaranwendungen bieten?
Winter: Die hohe Qualität des Glases ist von entscheidender Bedeutung. Gerade im Hinblick auf diese Anforderung gewährleistet unser Frontglas eine sehr hohe Energietransmission und verfügt über ein systemangepasstes TCO (Transparent Conductive Oxide-Technologie). Das Trägerglas wiederum erfüllt die sehr hohen Anforderungen an die Verwerfung, d.h., die Welligkeit.
Glaswelt: Wo liegen hierbei die Vorteile von Floatglas?
Winter: Floatglas verfügt über sehr hohe Transmissionswerte. Durch seine Verwendung wird der Wirkungsgrad, den letztendlich eine fertige Solarzelle erzielt, maßgeblich beeinflusst. Dazu kommen seine hohe mechanische Festigkeit und die Bearbeitungsmöglichkeiten, die es als Trägerglas auszeichnen.
Glaswelt: Und worin bestehen die Unterschiede zu Gussglas?
Winter: Die Unterschiede zu Gussglas liegen auf der Hand. Zwar ist der Wirkungsgrad von Solarzellen, die durch die Dünnschichttechnik gefertigt werden und für die das Floatglas genutzt wird, noch nicht so hoch wie bei herkömmlichen Solarzellen. Perspektivisch geht der Wirkungsgrad aber auch in diese Richtung. Bei der Entwicklung der Dünnschichtmodule steht man erst am Anfang. Jedoch ist bereits jetzt absehbar, dass sich die Produkte für die Dünnschichttechnik – und dazu zählen das Floatglas (als Front- und Trägerglas) sowie die entsprechenden Transformationsschritte (wie TCO) – gegen-über den auf Silizium basierenden Modulen in der Summe als kosteneffizienter erweisen werden. Zudem werden sich die Wirkungsgrade von Dünnschicht- und Siliziummodulen angleichen. Die Rechnung geht also zugunsten der Dünnschichttechnik auf.—
Neues Veredlungswerk für Solarglas
Die Computersimulation zeigt wie die neue Euroglas-Veredlung in Haldensleben aussehen soll. Das neue Werk ist 200 m breit und 70 m lang, dort werden ab Mai 2009 auf 15000 m2 täglich bis zu 400 t Glas für Solaranwendungen veredelt.