Vor fast doppelt so vielen Teilnehmern (160) wie im letzten Jahr eröffnete Verbandspräsident Thomas Dreisbusch gut gelaunt die Veranstaltung. Die rege Beteiligung zeige, so Dreisbusch, dass man auf dem richtigen Weg sei und der Verband seine Hausaufgaben gemacht hätte. Besonders in Sachen Lobbyarbeit, bei der man eng mit dem Verband der Fenster- und Fassadenhersteller e.V. (VFF) zusammenarbeite, konnte man im vergangenen Jahr gleich bei zwei Punkten erfolgreich in die EnEV 2009 eingreifen. Damit sei bei der Verschärfung des Regelwerks eine Verkleinerung der Scheibenformate verhindert worden.
Heute repräsentiere der BF den Großteil der Flachglasbranche in Deutschland. Diese umfasse nach Aussagen des Verbands rund 25000 Beschäftigte und erreiche einen jährlichen Umsatz von rund 2 Mrd. Euro. Der Verband sei stolz darauf, dass 100 Prozent der Glasbeschichter Mitglieder seien; bei Isolierglas, VSG und ESG seien es immerhin jeweils über 80 Prozent.
Positive Aussichten
„Ohne Glas geht nichts“, mit diesen Worten eröffnete Prof. Peter Braun seinen Vortrag „Energieeffizientes Bauen und Sanieren mit Glas“. Braun, zu dessen Arbeitsschwerpunkten Energieeffizienz und Bauen mit Glas zählen, lehrt an der HafenCity Universität Hamburg. Positiv für die Branche sei, dass nicht nur im Neubau sondern auch bei der Sanierung immer mehr Glas zum Einsatz käme. Gerade dort sei es nötig, mehr Glas zu verwenden, um den Wohnkomfort zu erhöhen. Gebäude aus der direkten Nachkriegszeit besäßen oft einen sehr geringen Glasanteil. Im Falle von (energetischen) Sanierungen lohne es sich, bei diesen die Glasflächenanteile der Fassaden anzuheben, um mehr Licht ins Gebäude zu holen und so die Wohnqualität deutlich zu erhöhen.
Gerade was die Sanierung sehr alter Häuser angeht, herrsche leider oft die Meinung vor, dass dort energetisch nicht viel zu holen sei. Dem könne er nicht zustimmen. Nach seiner Erfahrung sei heute auch bei der Bestandssanierung ein optimierter Gebäudeverbrauch von Gebäuden aller Altersklassen möglich.
Nach seiner Meinung setze man künftig nicht nur mehr Glas ein, die Fassaden würden multifunktional und verlangten nach komplexeren Glasprodukten. Auch werde der Anteil von Photovoltaik und Solarthermie in der Fassade deutlich steigen. Dies mache auch hinsichtlich steigender Energiepreise Sinn. „Statt totem Granit in der Fassade, sollten wir dort mehr Glas zur Energiegewinnung einsetzen.“ Dabei könnte gerade auch der Teil der Fassade zur Stromgewinnung eingesetzt werden, wo keine Fenster sitzen, wie Brüstungsbereiche u.Ä.
Prof. Dr. Anton Maas von der Universität Kassel referierte zur EnEV 2009 und den künftigen Anforderungen. Der sommerliche Wärmeschutz werde in Zukunft an Bedeutung gewinnen und dessen Anforderungen würden zunehmend die Größe und Gestaltung transparenter Fassadenflächen bestimmen. Ein weiterer Punkt: Moderne Fenster seien hocheffiziente Energie-Gewinner. Bei einem Fensterflächenanteil von rund 50 Prozent liesen sich in der Heizperiode Gewinne bilan zieren!. Maas unterstrich: „Eine Nebenanforderung in der EnEV muss diese solaren Energiegewinne auch künftig berücksichtigen.“
Spannende Diskussion
Ein Novum des diesjährigen Glaskongresses war eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion. Neben Referenten waren dabei bekannte Branchenvertreter mit dabei. Bernd Kramer von Interpane und Vorstandmitglied des BF, vertrat die Ansicht, dass Fenster als kostenlose Solarkollektoren in Förderprogramme aufgenommen werden sollten. Dem stimmte VFF-Geschäftsführer Ulrich Tschorn zu und stellte fest, dass die Branche möglichen Verschärfungen der EnEV bereits heute gewachsen sei. Ähnlich argumentierte Ministerialrat Peter Rathert vom Bundesbauministerium. Das Fenster sei so multifunktional wie kein anderes Bauteil.
Die Fördermaßnahmen zeigten Wirkung, so Markus Schönborn von der KfW Bankengruppe, zu der „KfW-Förderung für energieeffizientes Bauen und Sanieren 2010“: „Im letzten Jahr konnten fast 9 Mrd. Euro an Fördermitteln für die energetische Gebäudesanierung vergeben werden. Wir sehen einen klaren Trend zu höherwertigen energetischen Standards.“ Dringlichstes Ziel für das laufende Jahr sei eine Verstetigung der Förderung und die kontinuierliche Weiterentwicklung der energetischen Standards. Aktuell werde so gefördert: Je besser und je umfassender die baulichen Verbesserungsmaßnahmen, desto attraktiver und umfangreicher die Förderung.
Das Haus als Energiegeerzeuger
Spannend war auch der Beitrag von Ministerialrat Peter Rathert, der sich als Referatsleiter mit den Themen Gebäudetechnik und Erneuerbare Energien und auch maßgeblich mit der EnEV befasste: „Heute sieht der Gebäudebestand so aus, dass wir in Deutschland 18 Mio. Wohngebäude haben, von denen bei drei Vierteln energetischer Verbesserungsbedarf besteht.“ Umso wichtiger sei die flächendeckende Umsetzung von Projekten wie dem „Plusenergiehaus“. „Eine unserer Visionen ist es, dass wir künftig das Haus dazu verwenden können, um unsere Elektro-Autos mit Energie aufzutanken.“ Rathert unterstrich: „Unser Ziel muss es sein, den Anteil an erneuerbaren Energien zu steigern und gleichzeitig den Gebäudebestand energetisch zu optimieren. Dabei spielt das Fenster und das zugehörige Glas eine Schlüsselrolle. Das Hightech-Produkt Fenster wird immer mehr zu einem Gewerk der technischen Gebäudeausrüstung.“
In Bezug auf die kommende EnEV-Novellierung erklärte er, dass diese der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie und der Anpassung von Einzelfaktoren diene. Er signalisierte, dass eine von der Branche geforderte Austauschpflicht für einfachverglaste Fenster weiter diskutiert werden solle.
Im Regularienteil wurden die Mitglieder in den Vorständen bestätigt, es gab keine Änderungen. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch eine Fachausstellung verschiedener Firmen im Foyer des Tagungshotels. Dort wurden Produkte rund um Glas und Fenster vorgestellt und die anwesenden Gäste konnten sich austauschen.
Die nächste BF und GMI Jahrestagung findet am 7. und 8. April 2011 in Bonn statt
Matthias Rehberger