In der Vergangenheit wurde zum Glasschleifen reines Wasser als Kühlmittel benutzt. Dies führte zu folgenden Problemen:
Wenn nur reines Wasser benutzt wird, ist der Wasserverbrauch sehr hoch, da ständig frisches Wasser zugeführt werden muss, um eine Anreicherung an Glaspartikeln zu vermeiden. Überschreitet die Anzahl der abgeschliffenen Glaspartikel ein bestimmtes Maß, kommt es zu Problemen: Zum einen kann die Schleifqualität stark nachlassen, weil verstärkt Kratzer auftreten, zum anderen können sich die Zuleitungen zusetzen und die Kühlleistung wird gemindert und damit die Gefahr erhöht, dass Glas und Werkzeug zerstört werden. Außerdem droht eine Verschmutzung der Anlagen durch abgesetztes Glassediment, das sich oft nur sehr mühselig entfernen lässt. Ein hoher Wasserverbrauch wird jedoch aus ökonomischer Sicht unwirtschaftlich, weil der Preis für Stadtwasser ständig gestiegen ist und auch zukünftig steigen wird. Gleiches gilt für den Abwasserpreis.
Wenn ständig Frischwasser zugesetzt werden muss, wird zudem der Zusatz von synthetischen Schleifadditiven („Kühlmittel“) aus finanziellen Gründen unattraktiv, da ständig frisches Additiv zugesetzt werden muss. Die Verwendung solcher Zusätze bringt aber Vorteile, weil Kühlmittel die Oberflächenspannung des Kühlwassers reduzieren, und damit eine bessere Benetzung der Glasoberfläche und auch der Glaspartikel gewährleisten.
Weitere Probleme, die bei Schleifen mit reinem Wasser entstehen, sind:
- rasches Nachlassen der Schleifleistung
- hohe Verschleißrate der Werkzeugdiamanten/verkürzte Standzeit des Schleifwerkzeugs
- reduzierte Glaskanten-Qualität
- Maschinenkorrosion
- rasche Zunahme des pH-Wertes der Schleifsuspension
Kühlmittelnutzen
Der Einsatz von Kühlmitteln bringt dem Anwender folgende Vorteile:
- die Schleifgeschwindigkeit kann um bis zu 50 Prozent gesteigert werden
- das Werkzeug wird geschont, seine Standzeit kann um bis zu 30 Prozent verlängert werden
- die Maßhaltigkeit des Werkzeuges wird über einen längeren Zeitraum gewährleistet
- die Kantenqualität des Werkstücks wird verbessert (insbesondere beim Bohren und Sägen)
- die Abziehintervalle des Werkzeuges werden verlängert
- Produktivitätszuwachs
Zusätzlich tragen Kühlmittel auch dazu bei, den gesamten Arbeitsablauf zu verbessern: Die Schleifmaschine bleibt sauber, da Kühlmittel die Spülwirkung des Wassers verbessern, der Glasschlamm bleibt weich, ein Zusammenbacken im Wassertank wird verhindert und der pH – Wert der Schleifsuspension wird in einem günstigen Bereich gepuffert
Kühlmittel-Management: Flockung
Will man die oben genannten Vorteile eines Kühlmittels nutzen, muss man geeignete Maßnahmen treffen, um die Schleifsuspension im Kreis zu führen, d.h., man muss dafür sorgen, dass die abgeschliffenen Glaspartikel kontinuierlich entfernt werden. In der Vergangenheit war es üblich, das Schleifwasser durch einfache Sedimentation zu reinigen: die Glaspartikel setzten sich der Schwerkraft gehorchend im Absetztank ab. Leider ist jedoch die Reinigungswirkung dieser Methode nur gering, weil beim Glasschleifen geladene Partikel entstehen, die sich gegenseitig abstoßen, und so ein schnelles Absetzen verhindern. Deshalb muss entweder in kurzen Zeitabständen das Wasser ausgetauscht werden, oder es sind riesige Wasserbecken nötig, um den Glaspartikeln ausreichend Zeit zur Sedimentation zu geben.
Auch andere Methoden, das Schleifwasser zu säubern, haben nur einen begrenzten Erfolg: in der Automobilglas-Industrie findet man beispielsweise häufig Zentrifugen. Diese haben aber den Nachteil, dass sie nur Partikel > 5 µm entfernen, und somit die Anreicherung von kleinen Teilchen begünstigen.
Auch Filtersysteme werden hin und wieder benutzt: die chemisch/physikalische Beschaffenheit der Glaspartikel führt aber zu einem schnellen Verstopfen der Filterporen, wodurch ein zeitaufwendiger Rückspülschritt nötig wird.
Die nur begrenzten Erfolge dieser Methoden führten dann zur Einführung des Flockungsprinzip in die Glasbearbeitung: bei richtiger Anwendung führt diese Methode zu den besten Reinigungsergebnissen. Hierbei wird der Schleifsuspension ein sogenanntes „Flockungsmittel“ zugesetzt. In der Regel enthält dieses Mittel ein positiv geladenes Polymer in wässriger Lösung. Mithilfe einer Dosierpumpe wird das Flockungsmittel in das schmutzige Wasser injiziert und reagiert dort mit den abgeschliffenen, negativ geladenen Glaspartikeln. Es bilden sich größere Teilchen, die sogenannten „Flocken“, die rasch sedimentieren und dann leicht abfiltriert werden können. Das saubere Wasser wird dann in den Schleifkreislauf zurückgegeben. Durch die Filtration bedingte Verluste an Wasser und Kühlmittel werden mithilfe eines automatischen Dosiersystems ausgeglichen. Als Faustregel kann gelten, dass bei normalem Glasschleifen ein Glasgehalt von ca. 1 g/l tolerabel ist. Wird dieser Wert überschritten, muss das Wasser gereinigt werden, um Probleme wie Kratzerbildung, Zusetzen der Rohre und der Schleifdüsen, sowie Entstehung eines zementartigen Sediments in den Becken zu verhindern.
Flockungsmittel
In der Glasindustrie werden drei verschiedene Arten von Flockungsmitteln eingesetzt: Dies sind entweder Pulverprodukte, Granulate (werden vor der Anwendung in Wasser aufgelöst und dann in flüssiger Form zugesetzt) oder Flüssigprodukte, die direkt in die Schleiflösung eingespritzt werden. Die Wahl des jeweiligen Flockungsmittels wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. So sind z.B. Pulverprodukte sehr effektive Flockungsmittel, lassen sich aber weniger leicht zudosieren. Des Weiteren muss das Flockungsmittel mit dem Schleifprozess kompatibel sein: saure Flockungsmittel können das Kühlmittel zerstören und zu Maschinenkorrosion führen.
Flockungsanlagen
Man kann Flockungsanlagen in zwei Gruppen aufteilen: Zum einen sind sogenannte Schräg- oder Wabenklärer im Einsatz, die das Wasser im Durchlauf reinigen. Das Flockungsmittel wird direkt in den Schmutzwasser-Rücklauf dosiert; hier muss es sehr schnell mit den Glaspartikeln reagieren, weil sofort nach Einleitung des Schmutzwassers in den Reinigungsbehälter die Sedimentation der Flocken beginnt. Die hierfür nötigen Flockungsmittel enthalten allerdings oft Substanzen, wie Chloride oder Nitrate. Diese können den Bearbeitungsmaschinen oder sogar der Gesundheit der Mitarbeiter schaden.
Zum anderen wird sehr erfolgreich mit sogenannten Chargen- oder Durchlaufanlagen mit gesonderten Misch- und Reaktionseinheiten gearbeitet. Hier ist es möglich, freie Flockungsmittel ohne unerwünschte Inhaltsstoffe einzusetzen. Durch die im Reinigungsprozess vorgesehenen Mischphasen gibt man dem Flockungsmittel Zeit, um mit den Glaspartikeln wie oben beschrieben zu reagieren. Die Flocken sammeln sich während einer Sedimentationsphase in dem Konus eines Behälters, von wo aus sie zur Entwässerung automatisch in einen Schwerkraft- und Vakuum-Filter gegeben werden. Die gebildete Klarphase steht dem Produktionsprozess wieder in einer Qualität zur Verfügung, die in etwa einem Neuansatz entspricht.
Auf Basis dieser Technik lassen sich Anlagen in verschiedenen Größenstufen konzipieren, die auch den Qualitätsanforderungen genügen, die eine industrielle Bearbeitung von Glas an das Systemwasser stellt. Durch diese Verfahrenstechnik wird eine kostengünstige und im Wirkungsgrad optimale Behandlung des Schleifwassers erreicht.|
Autor
Dr. Michael Emonds ist bei den Aachener Chemischen Werken, Würselen, im Bereich Forschung und Entwicklung tätig. Er ist außerdem zuständig für die anwendungstechnische Beratung im Bereich Schneidflüssigkeiten, Kühlmittel, Waschmittel und Trennmittel/Korrosionsschutzmittel und führt hier Seminare und Schulungen durch. Kontakt: Michael.Emonds@Chemetall.com
Herr Ralf A. Heckhoff ist seit kaufmännischer Geschäftsführer der Selutor GmbH. Er ist verantwortlich für die Bereiche Vertrieb und kfm. Abwicklung und somit Ansprechpartner für alle Fragen zum Thema Schleifwasser-Reinigung und –Kreislaufführung. Kontakt: r.heckhoff@selutor.de