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Anforderungen an Ganzglastreppen

Stabile Verbindung

Bei einer Ganzglastreppe müssen Statik- und Sicherheitsaspekte ebenso berücksichtigt werden, wie die zugehörigen jeweiligen Verordnungen und Normen. Dazu gehören die Art der Verglasung und die Beschläge sowie die Bedingungen, denen eine Ganzglastreppe ausgesetzt ist, da die komplexen Materialeigenschaften des Baustoffes Glas wesentlichen Einfluss auf die Konstruktion haben.

In Deutschland sind begehbare Verglasungen kein geregeltes Bauprodukt nach Bauregelliste (BRL). Das bedeutet, dass der Bau einer Ganzglastreppe mit der zuständigen Obersten Baubehörde abgestimmt werden muss und eine Zustimmung im Einzelfall (ZIE) erforderlich ist – es sei denn, der Hersteller verfügt über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ), die vom DIBt erteilt wird. Eine andere Möglichkeit ist die Ausführung der Treppenstufen oder begehbaren Verglasung als allseitig liniengelagerte begehbare Verglasung nach den Technischen Regeln für die Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen (TRLV 08-2006) Punkt 3.4.

Vor der Konstruktion einer gläsernen Treppe müssen die baulichen Gegebenheiten vor Ort geprüft werden, z.B. ob es sich um einen kompletten Neubau handelt oder ob die Treppe in ein bestehendes Gebäude eingebaut werden soll. Dafür sollte eine erste Abstimmung mit einem Statikbüro stattfinden, das Erfahrung bei der Berechnung von Ganzglas-Konstruktionen hat.

In der Regel erhält der Hersteller der Treppe hier schon erste hilfreiche Empfehlungen für die Planung, wie etwa die für die Stufen und Wangen zu wählenden Glasarten und Dicken und unter Umständen die Folien für das Glaslaminat.

Anhand der Empfehlung und nach statischer ­Dimensionierung durch den Prüfstatiker, kann die Treppe geplant werden. Ziel der statischen Berechnung ist der Nachweis für die Stand­sicherheit, Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Ganzglastreppe.

Welche Lasten belasten die Treppe?

Die Berechnung der Lastannahmen erfolgt nach DIN 1055-3. Danach ist die Verglasung für die Lastfälle Einzellast, Verkehrslast und Nutzlast zu bemessen. Die Bemessung der Eigenlast erfolgt über das Eigengewicht des Glasverbundes ­ Glas = 25 kN/m³. Die Verkehrslast entspricht der Flächenlast. Die Einzellast (Aufstandsfläche 50 x 50 mm) wird in ungünstigster Laststellung bemessen, z.B. in der Scheibenmitte. Die Größen der anzusetzenden Flächen und Einzellasten richten sich nach der jeweiligen Nutzungskategorie aus Tabelle T2 DIN 1055-3. Die Nutzlast der Treppe wird nach Tabelle 1 DIN 1055-3 Kategorie T2 bemessen.

Für die statische Dimensionierung der Treppe sind alle die Beanspruchung und Deformation erhöhenden Einflüsse wie z.B. Lochbohrungen, Ausschnitte, Eckrundungen, Deformation der Stützkonstruktion, Temperaturausdehnungen der angrenzenden Materialen, Montagezwängungen und Toleranzen in der Verglasung zu berücksichtigen.

Der Nachweis der Tragfähigkeit der begehbaren Verglasung muss nicht nur für den intakten Zustand des Glasverbunds, sondern auch bei zerstörter oberster Glasschicht berechnet werden. Für den Nachweis der Tragfähigkeit der intakten Verglasung werden die zulässigen Biegezugspannungen der TRLV bzw. der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung angesetzt, wie z.B. für das teilvorgespannte SGG Planidur.

Die Durchbiegung der intakten Verglasung darf L/200 als Stützweite des Glasverbundes in Haupttragrichtung nicht überschreiten. Das bedeutet für eine 300 mm breite Glasstufe eine Durchbiegung von max. 1,5 mm. Die Haupttragrichtung ist in der Regel die kurze Kante der Treppenstufe. Für den Fall der zerstörten obersten Glasschicht darf für die Durchbiegung nur noch L/100 als Stützweite des Glasverbunds in Haupttragrichtung angesetzt werden.

Günstig wirkende Schubverbunde dürfen nicht angesetzt werden. Die Punkthalter zur Befestigung der Verglasung an der Stützkonstruktion sind ebenfalls nach der Vorschrift für die auftretenden statischen Lasten nachzuweisen. Ist das nicht möglich, so muss der Nachweis über die Tragfähigkeit der Punkthalter versuchstechnisch von einem im Zustimmungsverfahren anerkannten Prüfinstitut erbracht werden. In der Regel liegen diese beim Hersteller der Punkthalter vor.

Nachweis der Stoßsicherheit

Der Nachweis für die Stoßsicherheit und die Resttragfähigkeit bei Glasbruch wird im Allgemeinen durch einen Bauteilversuch nachgewiesen. Einen wesentlichen Einfluss auf das Tragverhalten der begehbaren Verglasungen haben die verwendeten Arten und Dicken der Zwischenschichten (PVB Folie, SG Folie).

Für den experimentellen Nachweis muss ein Stoßkörper mit der Masse von 40 kg, Durchmesser ­ 120 mm verwendet werden. Die Fallhöhe des Stoßkörpers beträgt 80 cm. Die Auftreffpunkte sind in Abstimmung mit der zu prüfenden Stelle und der zuständigen Bauaufsichtsbehörde festzulegen.

Die Auftreffpunkte müssen so gewählt werden, dass eine maximale Glas- und Halterschädigung erzielt wird. Vor dem Stoßversuch muss die begehbare Verglasung zusätzlich durch Aufbringung von Einzellasten in ungünstigster Laststellung beschwert werden. Dafür wird die Hälfte der planmäßig verteilten Verkehrslast in Form von Einzellasten auf eine Fläche von je 200 x 200 mm auf die Verglasung verteilt. Dabei ist von 1 kN pro Personenersatzlast auszugehen, wobei der Mindestwert für die Einzellast mit 1 kN anzusetzen ist.

Der experimentelle Versuch wird in der Regel bei Raumtemperatur durchgeführt, je nach Einbausituation der begehbaren Verglasung sind ggf. auch höhere Temperaturen (Sonneneinstrahlung) bzw. sehr niedrige Temperaturen zu berücksichtigen. Pro untersuchter Variante sind ausreichend Versuchskörper zu prüfen, mindestens jedoch zwei. Die Anzahl der Versuchskörper kann reduziert werden, indem der Stoßkörper auf kritische Punkte in ein und derselben Scheibe abgeworfen wird. Mit diesem experimentellen Nachweis wird das Tragverhalten bei Bruch der Verglasung simuliert.

Wann hat man den Test bestanden?

Der Stoßversuch gilt als bestanden, wenn die begehbare Verglasung (bei einer Punkthalterkonstruktion, wie im Detailbild zu sehen) nicht aus der Punkthalterung rutscht, die Einheit vom Stoßkörper nicht vollständig durchbrochen wird und keine Bruchstücke, durch die angrenzende Verkehrsflächen gefährdet werden könnten, herunterfallen können.

Ist der Stoßversuch an der begehbaren Verglasung abgeschlossen, wird das durch den Stoßversuch geschädigte VSG unter halber Verkehrslast untersucht. Einzelgläser des Verbundes, die nicht defekt sind und mit ungeschützter Kante verbaut werden, sind mit gezielten Schlägen auf die Glaskante zu zerstören.

Der Versuch gilt als bestanden, wenn die Standzeit der zerstörten begehbaren Verglasungseinheit mindestens 30 Minuten beträgt. Je nach Einbausituation kann die zuständige Baubehörde eine höhere Standzeit fordern. Sind die Versuchsreihen erfolgreich abgeschlossen, kann die statische Dimensionierung für flächenmäßig kleinere Gläser, bei gleicher Punkthalterzahl, anhand der Versuchergebnisse berechnet werden.

Bei Beachtung der Anforderungen lassen sich Glastreppen auf höchstem Niveau realisieren, ob „Gebrauchsobjekt“, Designelement oder architektonisches Highlight. —

Dies muss der Verarbeiter beachten

Bei der Planung und bei der Umsetzung von gläsernen Treppen, sind vom Verarbeiter die folgenden Verordnungen und Normen zu beachten:

Technische Regeln für absturzsichernde Verglasungen(TRAV)

Anforderung an begehbare Verglasungen 08-2006

Empfehlung für das Zustimmungsverfahren, Fassung ­November 2009

Merkblätter der Obersten Baubehörde der Länder

Die DIN EN 1055-3

Die Autorin

Daniela Siegel ist für die Anwendungstechnik/Produktmanagement Schallschutz- und Sicherheitsglas bei der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH tätig.

https://climaplus-securit.com/

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