GLASWELT: Sehr geehrter Herr Broich, es gibt bald einige Änderungen in den Regelwerken, was für normative Neuerungen sind bei absturzsichernden Verglasungen zu erwarten?
Markus Broich: Aktuell werden die Normenteile der DIN 18008 vom Normenausschuss NA 005-0925 AA „Bemessungs- und Konstruktionsregeln für Bauprodukte aus Glas“ bearbeitet. Hierbei soll zukünftig der Teil 4 die TRAV ersetzt werden. Die Arbeiten an diesem Normenteil sind abgeschlossen.
GLASWELT: Und was für wesentlichen Änderungen wird es in der DIN 18008 Teil 4 gegenüber der TRAV geben?
Broich: Bei Prüfungen von Mehrscheiben-Isolierglas der Kategorie A + C darf zukünftig grob brechendes Glas (z.B. Floatglas) verwendet werden, wenn sich auf der Angriffsseite Einscheibensicherheitsglas (ESG) befindet und dieses bei der Pendelschlagprüfung nicht bricht.
Die Aufbauten der Tabelle B.1 (Anmerkung der Redaktion: entspricht Tabelle 2 der TRAV) mit ESG auf der Angriffsseite und VSG auf der Absturzseite dürfen ohne weitere Prüfungen um ESG- und ESG-H-Scheiben ergänzt werden.
Die maximalen Breiten und Höhen der Verglasungen in der Tabelle B.1 (in der TRAV Tabelle 2) wurden erhöht. Weiter sind teilweise die Mindestbreiten und die Mindesthöhen reduziert worden.
Im Anhang C der DIN 18008-4 ist ein „Nachweis der Stoßsicherheit von Glasaufbauten durch Rechnung“, welcher von Prof. Jens Schneider (TU Darmstadt) entwickelt worden ist, hinzugekommen. Hierbei handelt es sich um ein genaueres Verfahren gegenüber dem im Anhang C der TRAV angegebenen Verfahren.
GLASWELT: Wie begleitet der Bundesverband Flachglas solche Normentwicklungen?
Broich: Besonders der Punkt „Erweiterung der Tabelle 2 der TRAV“ wurde sehr intensiv im „Arbeitskreis Sicherheitsglas“ des BF diskutiert. Da der Marktanteil von 3-fach-ISO stetig wächst, war es uns als Verband wichtig, eine einfache Lösung zur Erweiterung der Tabelle 2 um Dreifach-Aufbauten zu finden. Die Arbeit im Normenausschuss wurde dementsprechend auch von BF-Mitgliedern durch das Forschungsprojekt „Absturzsicherung bei Dreifach-Verglasungen“ unterstützt. Dieses wurde vom ift Rosenheim durchgeführt.
GLASWELT: Welche weiteren Themen behandeln Sie im „Arbeitskreis Sicherheitsglas“?
Broich: Der „AK Sicherheitsglas“ erarbeitet momentan ein BF-Merkblatt mit dem Titel „ESG-H - ein geregeltes und fremdüberwachtes Bauprodukt auf höchstem Sicherheitsniveau“. Die Zielgruppe für dieses Dokument sollen in erster Linie die Isolierglashersteller sein, aber auch die Sachverständigen könnten davon profitieren. Nachdem am Lehrstuhl von Prof. Schneider nachgewiesen wurde, dass ESG-H im Hinblick auf das immer wieder diskutierte „Spontanbruchrisiko“ durch NiS-Einschlüsse die Sicherheitsanforderungen problemlos einhält, ist es uns wichtig, hiermit einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion zu leisten.
Glaswelt: Und woran arbeiten Sie noch?
Broich: Der Arbeitskreis strebt eine Erweiterung der Tabelle 3 der DIN EN 1279-1 „Dickentoleranzen“ um weitere Sicherheitsglaskombinationen an. Hierfür sind von BF-Mitgliedern bereits umfangreiche Dickenmessungen und -auswertungen von Isoliergläsern in der Produktion durchgeführt worden. Ziel ist es, einen praxisgerechten Vorschlag beim europäischen Normengremium einreichen zu können. Diese Tabelle legt für Mehrscheiben-Isoliergläser die Dickentoleranzen fest. Da der Anteil an 3-fach-ISO deutlich zunimmt, ebenso die Kombinationen mit Sicherheitsgläsern, sahen wir die Notwendigkeit einer Überarbeitung.
GLASWELT: Welche Position vertritt der Bundesverband Flachglas im Punkt Sicherheitsglas im privaten Wohnungsbau?
Broich: Unser Verband unterstützt eine mögliche Empfehlung, Sicherheitsglas in der Innenanwendung, beispielsweise bei Lichtausschnitten von Innenraumtüren, zu verwenden. Dies könnte über eine Richtlinie oder eine Norm geregelt werden. Hier stehen wir auch in intensivem Kontakt mit den befreundeten Verbänden – wir haben uns aber auf die Fahnen geschrieben, das Bewusstsein hierfür beim Endverbraucher durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit zu schärfen. —