Bei Ansicht einer Glasfassade wird der Farbeindruck von folgenden Faktoren beeinflusst: Von der Reflexion des Lichts an jeder Glasoberfläche der Fenstereinheit des Isolierglases bzw. der Verbundkonstruktion, von der Transmissionsfarbe des durchgestrahlten Lichts und vom Farbeindruck des Hintergrundes.
Ideal wäre ein dunkler Hintergrund, was jedoch in der Realität selten auftritt. Erschwerend kommt hinzu, dass es bei Veränderung des Betrachtungswinkels zu einer Änderung des Farbeinflussverhältnisses aus Glasreflexions- und Transmissionsanteilen bzw. des Hintergrundes kommt. Deshalb hat man sich bei der Bewertung von Farbeindrücken auf folgende Beobachtungsbedingungen geeinigt:
- bedeckter Himmel
- senkrechter Betrachtungswinkel
- dunkler Hintergrund
Davon ausgehend lässt sich die ideale Fassadenplattenlösung ableiten. Diese besteht aus einem Isolierglas, wobei die erste Scheibe mit der Sonnenschutzbeschichtung versehen ist und die zweite Scheibe mit dunkler keramischer Farbe emailliert wird. Letztere soll den dunklen Hintergrund simulieren. Leider ist diese Variante sehr teuer, weil beide Scheiben meist vorgespannt werden müssen. Da dies in der Praxis oft nicht möglich ist und außerdem aus Platzgründen keine Isolierglaseinheit eingesetzt werden kann, sind günstigere Alternativen erforderlich.
Monolithische Fassadenplatten sind in finanzieller Hinsicht sehr interessant, obwohl diese Lösungen immer als Kompromisse in der Reflexion und Farbpassung zum Sonnenschutzglas zu sehen sind.
Einschränkung in der Anwendung herkömmlicher Fassadenplatten
Bei emailliertem Floatglas reflektiert die aufgebrachte keramische Farbe das auftreffende Licht diffus und wird durch Absorptionswirkung verändert. Einzelne Wellenlängen des Spektrums werden absorbiert, der Rest ungerichtet gestreut. Das führt zu einem eher matten Reflexionsbild.
Im Gegensatz dazu reflektieren die mit dünnen Interferenzschichten ausgestatteten Sonnenschutzgläser bestimmte Wellenlängen bevorzugt und außerdem mit einer hohen Richtwirkung. Architekten waren gezwungen, zum Teil große Einschränkungen bei der Gestaltung der Fassadenbereiche einzugehen. Das Bild eines Bürogebäudes in Detroit veranschaulicht eine eher weniger geglückte Fassadenplattenlösung. Dabei wurde Floatglas mit einem grauen Email auf der Innenseite versehen. Die matte gelblich-graue Reflexion wirkt in diesem Fall konträr zu dem bläulich reflektierenden Sonnenschutzglas und der hellen Fassade. Die Alternative könnte eine bläuliche Fassadenplatte mit angepasstem Reflexionsgrad sein, die wahrscheinlich hier nicht zur Verfügung stand.
Für die Gestaltung von Ganzglasfassaden benötigen Architekten Fassadenplatten mit verschiedenen Reflexionsgraden, die farblich variabel sind, entweder passend zu den verwendeten Sonnenschutzprodukten oder zu diesen einen farblichen Kontrast bildend.
Neuartige Fassadenplatten
Eine neue Dimension bei der Gestaltung von Fassadenplatten wurde mit der Einführung und Entwicklung von so genannten Doppelsystemen erreicht. Dieses besteht aus einem magnetrongesputterten Interferenzschichtsystem, welches von einer lichtundurchlässigen Farbschicht abgedeckt wird.
Diese Interferenzschicht beeinflusst maßgeblich die spektrale Zusammensetzung des gerichtet reflektierten Lichts. Darauf wird ein farbiges Email aufgetragen, welches die Farbwirkung unterstützt und blickdicht ist.
Für hochtransparente Gläser ist es nicht möglich, das Schichtsystem des Sonnenschutzglases zu nutzen, da durch die rückseitige Emaillierung ein anderer optischer Übergang geschaffen wird, was zu einem vollkommen anderen Erscheinungsbild führt.
Speziell gesputterte Schichtsysteme, die nach dem Emaillieren in Reflexion eine ähnliche Charakteristik aufweisen wie das Sonnenschutzglas, sind eine gute Alternative. Dazu gehört das Schichtsystems „SSG 52“, welches als Interferenzschicht entsprechend farblich emailliert als Fassadenplatte für einige hochtransparente Produkte der „Sun-Guard“ Serie von der Guardian Flachglas GmbH eingesetzt werden kann.
Der prinzipielle Aufbau der neu entwickelten Fassadenplatten ist in obenstehender Abbildung am Beispiel des „SSG 52“ dargestellt. Diese Fassadenplatten sind härtbar, biegbar, lassen sich laminieren und wurden erfolgreich mit verschiedenen Dichtstoffen für strukturelle Verklebung getestet. Die notwendigen Qualitäts- und Anwendungstests wurden erfolgreich durchgeführt und erste Projekte realisiert.
Wenn die Interferenzschicht nicht emailliert sondern pulverlackiert wird, eröffnet dies wiederum eine Reihe neuer Anwendungsmöglichkeiten. Innovent e.V. Jena und die Guardian Flachglas GmbH haben ein patentiertes Verfahren entwickelt, um Pulverlack witterungsbeständig und kratzfest auf Glas bzw. beschichtetes Glas aufzubringen (schematischer Aufbau siehe Abbildung). Die Anwendung der „Pyrosil“-Technologie in Verbindung mit speziellen Haftvermittlern ist ursächlich für die besonders gute Haftung der Polyester-Pulverlackbeschichtungen verantwortlich.
Die Vorteile dieser Technologie sind:
- umweltfreundlich (Verwendung von chrom- und schwermetallfreien Vorbehandlungschemikalien)
- hohe Haftfestigkeit des Lackes
- sehr gute Witterungsbeständigkeit
- gute UV-Beständigkeit
Durch die Beseitigung des Haftungsproblems von Pulverlacken auf Glas ist es möglich, diese Technologie auf Floatglas, ESG, TVG und Strukturglas uneingeschränkt anzuwenden.
Neue Dimension in der architektonischen Kreativität
Der Einsatz spezieller Interferenzschichtsysteme, der in Verbindung mit farbigem Email, beziehungsweise Pulverlack eine Vielzahl von Farb- und Reflexionsmöglichkeiten eröffnet, stellt die neue Dimension der Gestaltungsmöglichkeiten in der modernen Architektur dar, vom Fassaden- und Ladenbau bis hin zu Design, Möbel, Decken- und Wandverkleidungen.
Das Bild eines Fassadenausschnittes des Projektes „Euro Asphalt“ in Sarajevo zeigt die emaillierte Fassadenplatte „SSG 52“ in Verbindung mit dem „Sun-Guard Solar Light Blue 52“. Gewollt war hier eine möglichst gute Passung der Reflexionsfarbe zu dem hochtransparenten Sonnenschutzglas „Sun-Guard Solar 52“.
Ein anderes Objekt war ein Einkaufzentrum (Citadele) in Riga. Die „SSG 52“ Fassadenplatten wurden in Verbindung mit dem Produkt „Sun-Guard HP Neutral 50“ realisiert.
Dabei wurde vom Architekten Wert auf die Kombination der bläulich reflektierenden Fassadenplatte zu der neutralen Reflexion des „Sun-Guard HP Neutral 50“ gelegt.
Da bei der Pulverlacktechnologie die Wechselwirkungen zwischen der Deckschicht des gesputterten Interferenzsystems und dem Pulverlack, dank der wesentlich niedrigeren Prozesstemperatur, deutlich geringer sind als beim Emaillierprozess, kommt es zu einer höheren Reflexion der Fassadenplatte.
Dies eröffnet wiederum eine Vielzahl von Farb- und Reflexionsmöglichkeiten, die der architektonischen Gestaltung von Fassadenplatten eine große Gestaltungsfreiheit bietet.|
Autoren
Mario Olbrich (Bild), Dr. Uwe Kriltz, Guardian Flachglas GmbH, Thalheim sowie Dr. Andreas Heft, Dr. Andreas Pfuch, Marion Homuth und Dr. Bernd Grünler, Innovent e.V, Jena.