_ Bei der zukunftsgerechten Gestaltung von Produkten und Prozessen gilt es, oft divergierende Interessen und Bedürfnisse einzelner Zielgruppen zu berücksichtigen. All das setzt jedoch die Kenntnis wirklich prägender Trends voraus. Sie zu ermitteln, zu analysieren und auf ihre Relevanz für die konkrete Entwicklungsarbeit zu prüfen, war das Ziel eines speziellen Roto-Projektes. Seine Resultate präsentierte und kommentierte Udo Pauly während eines Fachpressemeetings des Unternehmens. Der Marketingleiter der Division Fenster- und Türtechnologie beantwortete dabei auch die Frage, welche Konsequenzen der Beschlaghersteller daraus zog und zieht.
Gemeinsam mit innovativen Marktpartnern habe man in einem „Zukunfts-Workshop “ aktuelle, absehbare und mögliche Grundströmungen untersucht und andererseits Ideen und Konzepte für neue Lösungen diskutiert, die den gefundenen Trends Rechnung tragen könnten. Diese Grundströmungen gliederten sich in die Bereiche „Markt-Kunde-Branche “ , „Technologie “ und „Gestaltung “ .
Entscheidende Taktgeber und kreative Ansätze
Zu den Haupttrends in dem Sektor „Markt-Kunde-Branche “ gehöre die Überalterung der Bevölkerung infolge des demografischen Wandels. Da ältere Menschen weniger flexibel beim Umstellen ihrer Werte und Gewohnheiten seien, bedürfe es nicht nur einfacher Produkte und Systeme, sondern auch eines speziellen Marketings. Energiesparen als wichtiger Treiber des Sanierungsgeschäftes, verstärkter Schimmelbefall als schädliche Nebenwirkung luftdichter Fenster und die steigende Nachfrage nach Gesamtlösungen als Aufruf zu intelligenter Komponentenintegration bildeten weitere Schwerpunkte für die Produktentwicklung u. a. der Beschlagindustrie. Beispiel „Prozesse “ : Hier seien die enge Verzahnung von Robotik und manuellen Tätigkeiten sowie die Geschwindigkeits-Prämisse entscheidende Taktgeber.
Der Leichtbau wird zum Trendthema
In der Cluster-Abteilung „Technologie “ habe etwa der Leichtbau-Trend Bedeutung. Trotz der zunehmend komplexeren Konstruktionen verlange der Markt geringe Gewichte. Ferner stehe langfristig das Vakuumfenster auf der Tagesordnung. Entsprechende Isoliergläser seien mit einem Systemaufbau von unter 10 mm schlanker als herkömmliche Lösungen – und das bei besserem U-Wert. Außerdem beeinflusse das von Kunden erwartete immer höhere Schallschutz-Niveau künftige Fensterentwicklungen wesentlich. Schließlich müsse man sich auch auf das rasante Fortschrittstempo bei modernen Informations- und Kommunikationstechnologien wie Handy und Apps einstellen.
„Architekten hassen Fenster “
Im dritten Trendblock, der Gestaltung, zeichne sich neben der Verkleinerung mechanischer Teile ein starker Ausbau der Materialkombinationen ab. Die Devise: Alle Fenster-Werkstoffe gehen Systempartnerschaften ein. Ferner verdiene das „boomende “ Lebensmodell der Singles erheblich mehr Aufmerksamkeit als bisher. Denn: Es führe zwangsläufig zu kleinen und kleinsten Wohneinheiten, die wiederum überzeugende Designkonzepte benötigen. In diesem Zusammenhang müsse man sich auch mit der Frage beschäftigen, ob sich Fensterflächen für eine Mehrzwecknutzung eignen. Ein Sonderfall seien Architekten. Pauly drastisch: „Sie hassen Fenster. “ Dem lasse sich auf Dauer nur mit kreativen und intelligenten Ansätzen, wie ungewöhnlich formatierten Fensterensembles, begegnen.
Wie werden Trends in Produkte verwandelt?
Die Leistungsfähigkeit eines Markenproduzenten hängt nicht zuletzt von der kontinuierlichen Trenderfassung und ihrer Verwertung in neuen Produktsystemen und Services ab, resümierte der Marketingleiter. Roto praktiziere beides konsequent und versuche dabei, möglichst mehreren prägenden Richtungen gleichzeitig zu entsprechen. Die Aussage untermauerte Pauly unter anderem mit folgenden konkreten Entwicklungsbeispielen aus den letzten beiden Jahren:
- Verdeckter Beschlag AL Designo: für große, schwere Aluminiumfenster bis 150 kg, „ungewöhnliche “ Formate, hohe Dichtigkeit und Energieeffizienz.
- NT Stulpflügelgetriebe Plus: hoher Bedienkomfort u. a. durch ergonomischen Griffhebel, dezente Optik durch gestalterische Integration in den Beschlag.
- Patio Lift: Standardbeschlag für große Hebeschiebetüren aus Aluminium, komfortable Bedienung schwerer Elemente bis 300 kg, folgt dem Trend zu immer größeren Fensterflächen, barrierefreie Bodenschwelle möglich.
- Patio Life mit Drive-Technologie: vollautomatische und damit bequeme Bedienung, Schieben, Verriegeln und gesichertes Spaltlüften ohne Kraftaufwand durch elektromotorischen Antrieb, Steuerung per Schalter oder Fernbedienung.
- Patio Life Komfortbodenschwelle: ermögliche barrierefreien Durchgang, erfülle hohe Dichtigkeits- und Wärmeschutzanforderungen trotz niedriger Ausführung.
- Safe Eneo CC: elektromechanische Mehrfachverriegelung für Haustüren, komfortable Bedienung per Funk oder Zugangskontrollsystemen, abgestimmtes Beschlagkonzept rund um die Tür (Schloss, Türband und barrierefreie Schwelle).
- E-Tec Drive: elektrisches Lüftungssystem für vollautomatisches Kippen und Verriegeln von Fenstern z. B. in Bade- und Schlafzimmern, angenehmes Raumklima durch regelmäßige Lüftungsintervalle, senke Heizkosten, beuge Schimmelbildung vor.
- „Roto Con Orders “ : individueller Online-Beschlagkonfigurator, technische Illustrationen und Erstellung von fensterspezifischen Stücklisten, Beschleunigung der Prozesse.
Als Priorität aller Neuheiten hob Pauly die Schaffung realer (Zusatz-)Nutzen für Fenster- und Türenproduzenten, Beschlaghandel und/oder Endanwender hervor. Diesen Weg werde der Fenster- und Türtechnikspezialist konsequent weitergehen.
Die nächste „Station
“
kündigte der Marketingleiter in Brüssel bereits an: Zur „fensterbau/frontale
“
im März präsentiere Roto erneut Premieren
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als Antworten auf prägende Trends.
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Dr. Keill: “Auch von 2014 ist nicht viel zu erwarten.“
„Leider hat sich unsere pessimistische Prognose für 2013 bestätigt“, beschrieb der Vorstandsvorsitzende der Roto Frank AG, Dr. Eckhard Keill Ende November die wirtschaftliche Situation aus der Sicht des Baubeschlagsherstellers. Viele internationale Fenster- und Türenmärkte seien 2013 stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Roto-Gruppe könne sich aber auf hohem Niveau behaupten und damit die „ambitionierten Ziele“ erreichen, so der Roto-Vorstandsvorsitzende.Positiv sei zu konstatieren, dass die USA ihre Rezession überwinde und Deutschland noch als Konjunkturlokomotive in Europa glänze. Allerdings befürchtet Keill, dass die neuen politischen Konstellationen in Deutschland zu einer spürbaren „Wohltaten-Mentalität“ führe und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf Dauer gefährdet werde. Auch die ungelösten Finanz- und Schuldenkrisen, die internationale Geldschwemme und die extreme Niedrigzinspolitik könnten sich durchaus als „Zeitbombe“ erweisen.Keil konstatierte, dass die europäische Bauwirtschaft auch 2013 ihre Talfahrt fortgesetzt habe. So sinke das gesamte Bauvolumen in den 19 Euroconstruct-Ländern weiter auf den niedrigsten Stand seit 1993. Ein 20-Jahres-Tief markiere auch der Wohnungsbau mit erwarteten 1,3 Mio. Fertigstellungen. Deutschland gehöre hier zu den wenigen Lichtblicken.Für 2013 bezifferte Keill den durchschnittlichen Rückgang aller Roto-relevanten Märkte bei der Wertbetrachtung auf 8 bis 10 %. Dennoch hätte das Unternehmen in vielen Ländern seine Marktanteile ausbauen können. Dr. Keill bestätigte aber auch, dass es Länder wie beispielsweise Polen gäbe, in denen man sich an dem Preisdumping des Wettbewerbs nicht beteiligen wolle und dementsprechend auch Marktanteile verloren hätte. 2014 sei per saldo nochmals mit einer schwächeren Gesamttendenz zu rechnen. Allerdings dürfte das Minus geringer ausfallen als im laufenden Jahr. Bezogen auf Deutschland habe Roto einige Zweifel an der jüngsten Verbändestudie. Speziell das für 2014 vorhergesagte Stückzahl-Wachstum von fast 6 % auf 13,9 Mio. Fenstereinheiten halte das Unternehmen für unrealistisch. Nach den eigenen Erfahrungen sorge der Trend zu teureren (Energiespar-)Fenstern lediglich für eine positive Wertbilanz, von der Beschläge aber praktisch nicht profitierten. Keill: „Auch bei den Türenprognosen können wir den Mengen-Optimismus nicht wirklich nachvollziehen.“Status und Perspektiven der Roto-Gruppe erläuterte Michael Stangier. Für die Division Fenster- und Türtechnologie meldete der Finanzvorstand ein geringes Umsatzminus gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszahlen für die ersten drei Quartale. Aber: „Ein sukzessiver Aufholprozess konnte das schwache 1. Quartal fast kompensieren.“ Stagnierende bzw. rückläufige Verkaufszahlen seien etwa in Deutschland und Russland zu registrieren gewesen.Für das Gesamtjahr 2014 hofft Stangier, den Vorjahresumsatzes von 652 Mio. Euro zu schaffen. Bei „optimalem Verlauf“ könne sogar am Ende ein geringes Plus stehen. Die Mitarbeiterzahl des Bauzulieferers betrage im Jahresdurchschnitt ca. 4400 und damit rund 300 mehr als 2012. Der Anstieg beruhe aber ausschließlich auf Firmenkäufen in Kanada und Brasilien.Die Sachinvestitionen habe Roto reduziert, da aufgrund der per saldo negativen Marktentwicklung keine Kapazitätserweiterungen nötig seien. Für 2014 zeichne sich eine ähnliche Situation ab.Daniel Mund