_ Insgesamt schneidet die Roto-Gruppe 2018 „gut“ ab. Sie peilt einen Gesamtumsatz von rund 660 Mio. Euro an, der damit in einem per saldo weltweit „passablen“ Marktumfeld etwa 5 Prozent über Vorjahresniveau liegt. Mit erheblicher Sorge sieht der Bauzulieferer die „höchst brisante Gemengelage“ als Resultat großer politischer Unsicherheiten, die u. a. durch eine gefährliche Spirale von „Sanktionen und Gegensanktionen“ entstehen und Marktentwicklungen sowohl immer stärker negativ beeinflussen als auch kaum noch einschätzbar machen. So beschrieb der Vorstand während des 13. Internationalen Fachpressetages Status und Perspektiven des in Familienbesitz befindlichen Global Players.
Der Vorstand lieferte auf der Tagung zudem eine ehrliche Bestandsaufnahme des neuen NX-Beschlagsprogramms: Der neue Drehkipp-Beschlag entwickele sich schneller als erwartet zum „Renner“. Die starke Nachfrage führe dazu, „dass in der Fertigung ein viel zügigerer Hochlauf organisiert werden muss“. Das erklärte Jens Busse während des Fachpressetages in Graz.
Das wiederum habe zu Engpässen geführt und der Bauzulieferer zog deshalb für den Holz- und Aluminiumbereich eine Verzögerungskarte. Man müsse sich zunächst auf den Kunststoffbereich konzentrieren, die Holzbandseite „T“ werde nun erst im Herbst 2019 eingeführt, so der FTT-Vertriebsdirektor West.
Herstellermarkt in Deutschland erneut rückläufig
Eine „besondere Kontinuität“ konstatierte Roto-Chef Keill für den Deutschen Fenster- und Türenmarkt: Die offiziellen Verbandsprognosen seien „wie häufig in der Vergangenheit“ im Jahresverlauf mehrfach nach unten korrigiert worden.
Die zuletzt publizierten Werte avisierten für 2018 14,4 Mio. verkaufte bzw. eingebaute Fenstereinheiten und damit einen Anstieg um rund 2 Prozent. Ein ähnliches Plus werde für 2019 geschätzt. Da in den Zahlen die Importe aus Osteuropa enthalten seien, wiederhole sich die Roto-Analyse aus den Vorjahren: Das insgesamt geringe Mengenwachstum dürfte sich für den deutschen Herstellermarkt zumindest bei Fenstern erneut eher in ein leichtes Minus verwandeln.
Mit Blick auf das Geschehen an den internationalen Fenster- und Türenmärkten legte Keill unerwartete Rückgänge offen: Dazu zähle zunächst Russland. Man müsse damit rechnen, dass der dortige Markt nochmals um 8 bis 10 Prozent schrumpfe. Eindeutig politisch „motiviert“ seien ferner die drastischen Markteinbrüche in der Türkei und im Iran – das Geschäft im Iran würde man zumindest zeitweilig aufgeben, da sonst eine Sanktionierung des deutlich umfangreicheren US-Geschäftes drohe.
Erheblich freundlicher sehe es in anderen Märkten aus. Zu nennen seien u. a. das leichte Wachstum in China und die gute Entwicklung in Nordamerika. Eine per saldo positive Tendenz stehe auch in Europa zu Buche.
In seinem Überblick über die aktuelle Roto-Entwicklung machte Finanzchef Michael Stangier für die Division Fenster- und Türtechnologie (FTT) per 30.09. trotz teilweise schwieriger Marktbedingungen ein moderates Umsatzplus gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode aus. Stangier berichtete ferner über ein mehrjähriges Investitionsprogramm, das sich von 2018 bis 2020 im gut zweistelligen Millionenbereich bewege.
Auch für 2019 wird eine Preiserhöhung angekündigt
Die Information zur Ertragssituation 2018 beurteilte der Finanzchef „besser, aber nicht gut genug“. So sei die Lage bei FTT nach wie vor unbefriedigend, obwohl die zum Ausgleich der „Rohstoffpreis-Explosion“ erforderlichen und 2017 angekündigten Preiserhöhungen „teilweise“ durchgesetzt werden konnten. Das reiche jedoch nicht, um die Verteuerungen der letzten Jahre aufzufangen. Als Konsequenz bezeichnete der Vorstand eine nochmalige Preiserhöhung in 2019 vor allem auf FTT-Ebene als „unausweichlich“.
Neue Gruppenstruktur: Keill wird Holding-Chef
Den Ausblick auf 2019 leitete Keill mit einer kurzen Übersicht über die bereits kommunizierte neue Gruppenstruktur ein. Zum Jahresbeginn gehen danach eine „non operative“ Holdinggesellschaft und drei eigenständige Unternehmen an den Start (die GLASWELT berichtete ausführlich in Ausgabe 11/18). Aus dem bisherigen Feedback könne man festhalten, dass der neue Aufbau in- und extern als „schlüssig und als gute Chance für Roto“ bewertet werde.
Abschließend schloss Dr. Keill mit einem Appell und einer Hoffnung gleichermaßen: „Politik und Politiker müssen endlich zur Vernunft kommen“, wenn keine weiteren Störfeuer aufloderten, dann peile die Gruppe für 2019 eine Steigerung des Gesamtumsatzes um 3 bis 5 Prozent an. —
Roto im Start-Up-Modus
Der Bauzulieferer entdeckt ein weiteres strategisches Geschäftsfeld: Für seine Profi-Kunden will er in der deutschsprachigen Region auch für die Nachversorgung eingebauter Fenster und Türen zu einem „ganzheitlichen Problemlöser“ werden. Um die langfristigen Aktivitäten in diesem Sektor zu bündeln, starte man zum Jahresbeginn 2019 mit der Roto Frank Professional Service GmbH. Dr. Christian Faden, der das Unternehmen künftig führt, stellte auf dem Fachpressetag die Einzelheiten des Konzeptes und seiner praktischen Umsetzung vor. Zunächst machte der gegenwärtige Leiter Corporate Development deutlich, welche Möglichkeiten der Markt nach seiner Auffassung bietet. Rund 600 Mio. Fenster und Türen brauchen Wartung und Service; weit über 300 Mio. Fenster sind Energieverschwender; etwa 90 % der Fenster und Türen verfügen über keinen RC-Standard. Zum günstigen Nachversorgungs-Umfeld gehörten ferner der wachsende Komfortwunsch der Menschen, die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit sowie der zumindest mittelfristig klare Smart-home-Trend.
Auf die Nutzung der daraus resultierenden „großen Geschäftschancen“ ist die Branche laut Faden derzeit jedoch kaum oder gar nicht vorbereitet. Fenster- und Türenhersteller sowie Bauelementehändler kümmern sich um das offenkundige Potenzial bisher nur sehr selten.
Er will jetzt ein einheitliches bundesweites Angebot schaffen, qualifizierte Servicetechniker finden, weiterbilden und binden sowie ein funktionierendes ökonomisches Servicemanagement aufbauen. Auf diesen Säulen beruhe das Konzept. Vier im Nachversorgungs-Sektor erfahrene Fachbetriebe aus Deutschland und der Schweiz sind dazu schon „an Bord“. Ziel sei es, mittelfristig in allen Ballungsregionen mit versierten Partnerfirmen vertreten zu sein.
Das Dienstleistungsspektrum decke dann Wartung und Instandsetzung, Reparatur, Modernisierung, Nachrüstung und Ersatzteillogistik ab.