_ „Generell okay.“ Diese unspektakuläre Beschreibung der Entwicklung der Märkte in Europa von Dr. Eckhard Keill beim 12. Roto Fachpressetag könnte auch als Überschrift für die Jahresbilanz der Gruppe dienen. Zwar wurden nicht alle selbst gesteckten Ziele erreicht, dennoch habe die Gruppe ihre Leistungs-, Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit stärken können. „Generell okay“ sei allerdings nicht das Ergebnis, mit dem sich der Marktführer der Beschlagbranche auf Dauer zufrieden geben will. Was die Ertragslage betrifft sieht man Handlungsbedarf. Finanzvorstand Michael Stagnier stufte diese als „äußerst unbefriedigend“ ein. Gründe dafür: Die dramatisch wachsenden Rohstoffpreise und die Währungssituation. „Die zuletzt erfolgte Euro-Aufwertung traf Roto eher negativ“, so Stagnier.
Preisanpassung ist unvermeidlich
Zumindest was den Preisanstieg bei den Rohstoffen betrifft – drastischstes Beispiel ist wohl Zink, wo fast eine Verdoppelung des Preises stattfand – wird Roto Maßnahmen treffen. Keill: „Wir haben keine Wahl. Wir werden eine deutliche Preisanpassung vornehmen.“ Auf Nachfrage, in welcher Größenordnung sich die bewegen werde, sagte der Vorstandsvorsitzende: „Linear 6,8 %. Das haben wir nicht gewürfelt, sondern als Bedarf errechnet.“
Auch die Akquisationen der Roto Gruppe waren ein wichtiges Thema. Die machen laut Vorstand allerdings nur einen geringeren Anteil an den insgesamt 630 Mio. Euro (Vorjahr 622 Mio. Euro) Umsatz aus. „Das sind in der Regel kleinere Unternehmen, sodass deren Wachstum nicht zu großen prozentualen Sprüngen der Gruppe führt“, erläuterte Keill. Andererseits sagte er aber auch in Anspielung auf Russland: „Ohne die Akquisationen hätte es in den letzten Jahren kein Wachstum gegeben, wenn sie in ihrem wichtigsten Markt 60 Prozent Rückgang haben.“
Die Übernahme des Berliner Unternehmens Wollenberg am 1. November hatte jedoch andere Beweggründe. „Wir wollen damit unsere Kunden im Bereich der Fensternachsorge unterstützen, wollen Themen der Fenstertechnik in Form eines neuen Service-Elements lösen“, erläuterte Keill. (Was das konkret heißt und wie es funktionieren soll, berichtet die GLASWELT in der Januar-Ausgabe).
Importchancen nicht nur durch Kampfpreise
Im Zuge des Fachpressemeetings lieferte Roto auch seine umfassende Markt- und Unternehmensanalyse: Insgesamt hätten sich die Märkte stabilisiert, so Keill. Für Deutschland sehe er für 2017 eine leicht negative Gesamtentwicklung für hergestellte Fenstereinheiten, hervorgerufen durch einen Importüberschuss. Dr. Keill: „Wer glaubt, dass der starke Import ausschließlich durch den Preis bestimmt ist, der irrt.“ Er rät dazu, genau hinzuschauen, denn auch ausländische Hersteller seien beispielsweise in der Lage, „kurze und robuste Lieferzeiten“ zu realisieren.
Positiv bewertet er, dass der Wert eines verkauftes Fensters wächst, die Elemente werden hochwertiger verkauft. Das Fenster beginnt, sich mehr in Farbigkeit zu entwickeln. Damit werden sie auch immer mehr zum Designelement. „Wo immer das gelingt, ein Fenster höherwertig zu verkaufen, können wir auch unsere Beschlag-Themen besser einbringen.“
Der Finanzvorstand Michael Stangier berichtete ferner über umfangreiche Anlageinvestitionen. Danach flossen knapp 30 Mio. Euro in drei Schwerpunkte: Ein modernisiertes Logistikzentrum für die Division FTT am Stammsitz in Leinfelden. Das überzeuge die Kunden inzwischen durch die schnelle, komplette Lieferfähigkeit. Das zweite Projekt sei das neue DST-Innovationszentrum in Bad Mergentheim. Investitionsschwerpunkt Nummer drei: das neue Drehkipp-Beschlagsystem „Roto NX“ (mehr dazu im Info-Kasten).
Insgesamt blickt Keill positiv in die Zukunft: „2018 werden die Märkte ,over all‘ ein wenig prosperieren, wenn nicht irgendwelche internationalen Krisen dazwischenfunken.“ Entsprechend formuliert er die Unternehmensziele: ein Umsatzwachstum zwischen 3 und 5 Prozent – wobei die Sparte Dach- und Solartechnologie (DST) kräftige Impulse setzen soll – besser als der Marktdurchschnitt dazustehen und eine nachhaltige Ertrags-Trendwende.
Um diese Vorgaben zu erreichen, kündigte er eine „konsequente Vorwärtsstrategie“ an. Während bei DST die Etablierung des „Q“-Sortiments weiter höchste Priorität genieße, wird sich in der Sparte Fenster- und Türtechnologie (FTT) in erster Linie auf das neue „NX“-System konzentriert. Wobei Keill betonte: „Alles was wir tun, dient der ganzheitlichen Umsetzung unseres ,Customer first‘-Prinzips.“—
Das kann der neue Dreh-Kipp-Beschlag NX
Roto-Chef Dr. Eckhard Keill sparte nicht mit Superlativen bei der NX-Beschlagpräsentation vor internationalem Pressepublikum Mitte November in Böblingen: Es gehe um „die wohl größte Innovation eines Beschlagsystems in der Roto-Geschichte – und vielleicht auch im Fenstermarkt generell.“
Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit mit intensivem „Trendscouting“ und gezielten Kundenbefragungen habe die Zukunft des Drehkipp-Beschlages einen neuen Namen, so Hartmut Schmidt. Nach Aussage des Direktors Produktinnovation verbinde das Programm Elemente der bewährten „NT“-Serie mit neuen bzw. erheblich optimierten Baugruppen:
- Es garantiere eine einfache und schnelle Montage in der Fertigung sowie beim Einbau. Außerdem reduziere es den Lager- und Logistikaufwand erheblich.
- Neue Komponenten sorgen für erweiterten Einbruchschutz z. B. durch eine RC 2-gemäße Kippstellung. Auch werde die Verarbeitung sicherer, weil etwa höhere Traglasten bereits in der Standardausführung möglich seien.
- Zeitgemäßes Design: Kaschierende Abdeckkappen, ästhetische Pulverbeschichtungen und von Axerbändern verdeckte Schrauben sind dafür einige Beispiele.
Anfang 2018 werde der Beschlag für Kunststofffenster lieferbar sein, so Dr. Keill gegenüber der GLASWELT Redaktion. Der DK-Beschlag für Holzfenster sei im Jahresverlauf 2018 dann erhältlich. Umstellen werde man zunächst Fensterhersteller in Russland, Rumänien und Deutschland und dann sukzessive auch in anderen Märkten. Klar sei auch, dass man das bestehende NT-System über viele Jahre hinweg weiter herstellen und auch vorhalten werde. Bei der Umstellung übe man keinen Druck aus, „wir möchten durch das Produkt überzeugen“, sagte Dr. Keill in Böblingen.