_ Märkte verändern sich – auch im Bereich der Holz- und Holz-AluminiumFenster. Konnte man früher noch mit 5 Systemen, die auf einer Winkelanlage herzustellen waren den Endkunden überzeugen, werden heute vom Hersteller mehr denn je Flexibilität und Angebotsvielfalt abverlangt. Mit Systemplattformen sollen alle Kundenwünsche realisiert werden. Doch verwirrt die Komplexität nicht auch den Fensterbauer und Endkunden zugleich? Verhindert es nicht viel eher die Konzentration auf das Wesentliche? Wir haben dazu die Meinungen wichtiger Anlagenbauer und von einem Fertigungsberater eingeholt. Lesen Sie im folgenden die Einzelmeinungen. —
Das sagt Klaus Schön, Fensterexperte bei SCM für D, CH und A
Die Nachfragen nach Winkelanlagen beziehungsweise Durchlaufmaschinen haben seit zirka Mitte des letzten Jahres bei uns wieder zugenommen, was bestimmt auch daran liegt, dass die SCM Group derzeit der einzige Hersteller von solchen Bearbeitungsanlagen ist. Da deshalb alle anderen Anbieter von Fenstermaschinen nur von CNC-Bearbeitungszentren sprechen, könnte der falsche Eindruck entstehen, dass das CNC-Bearbeitungszentrum die Winkelanlage zur Fensterherstellung abgelöst hat.
Vielmehr verfügen moderne Durchlaufanlagen heutzutage ebenfalls über CNC-gesteuerte Wechselspindeln, beim Bohren sowie für die Einzelteilfertigung.
Tatsache ist, dass diese Anlagen schneller sind in der Teilebearbeitung und zudem größere Stückzahlen in kürzeren Zeiträumen bewältigen. Zudem können unsere kleineren Winkelanlagen auch ohne zusätzliche Software bedient werden.
CNC-Bearbeitungszentren sind dafür flexibler im Einsatz und können jede erdenkliche Eckverbindung herstellen. Die von SCM sogar Zapfen/Schlitz-Verbindungen.
Wir finden es gut, dass der Kunde frei nach seinem Gutdünken entscheiden kann, was er haben möchte. Die SCM Group bietet ihm die Wahlmöglichkeit unter mehreren CNC-Bearbeitungszentren sowie Winkelanlagen in unterschiedlichen Baugrößen und Leistungsvolumen.
Das sagt Michael Hemmerich, Weinig AG
Die mit der CNC-Technik gebotene Flexibilität unter Beachtung
- der rahmenweisen Fertigung schafft logistische Vorteile
- optimale Drehzahlen der Bearbeitungswerkzeuge erhöhen die Teilequalität entscheidend und führen zur Standwegverlängerung der Schneiden
- verschiedene Werkzeugwechslerkonfigurationen ermöglichen eine rüstzeitfreie Produktion
- eine fest Positionierung auf dem Spannzangentisch ermöglicht ein maßhaltiges Anfahren der Bearbeitungsposition
- automatische Be-/Entladesysteme erlauben eine mannarme Maschinenbedienung
Viele Vorteile, die mit der CNC-Einzelmaschine in einem definierten Leistungsspektrum erreicht werden. Hierzu gibt es aus den Marktanforderungen, betrachtet nach Betriebsgrößen und Produktspektrum, entsprechende Conturex-Baureihen. Industrielle Anforderungen können heute mit CNC-Anlagentechnik weitestgehend abgebildet werden.
In Volumenmärkten mit geringer Produktvielfalt und häufig wiederkehrenden Fensterdimensionen kann aber auch die klassische Durchlaufanlagentechnik durchaus sinnvoll sein.
Das sagt der unabhängige Produktions-optimierer Jörg Stahlmann
Aktuell sind jedoch (noch) mehr Winkel- und Durchlaufanlagen als reine CNC-Fenstermaschinen in Gebrauch. Für unser Unternehmen stellt sich allerdings nicht die Frage, was für eine Anlagentechnik die „Bessere“ ist oder eine bestehende ablöst, sondern was ist die „richtige“ Technik für unsere Kunden. Unser Klientel sind fast ausnahmslos Hersteller von Fenstern und Bauelementen, die in nationalen und Internationalen Märkten unterwegs sind – weltweit. Betriebsgrößen von 5 bis 250 Mitarbeitern werden von uns betreut. Wir wissen nur zu gut, dass Kunden unterschiedlich sind, genauso wie deren Produkte, Märkte, Kulturen, Losgrößen, Erwartungen ihrer Kunden und auch wie jeder Hersteller selbst aufgestellt ist. In puncto durchgängiger Fertigungsprozess, Absatzzielgruppen und Betriebsgrößen unterscheidet sich jeder Herstellungsbetrieb vom anderen. Da ist es nicht damit getan, dass man von einer „alten“ Anlagentechnik auf eine „neue“ umsteigt. Da gehört noch viel mehr dazu. Komplexe CNC-Anlagentechnik ist heute „Championsleague“ und unterscheidet sich gravierend von der „Winkelanlagen-Technologie“ – selbst wenn man bei Durchlaufanlagen NC-Steuerung einführt, sind die Unterschiede heute enorm. Zudem sollte jeder Investor wissen, dass neben der Anlagentechnik noch viel mehr an der Umsetzung eines erfolgreichen Projektes hängt.
Wenn wir uns vor Augen halten, wer sich als Hersteller von Fenstern aktuell und zukünftig mit neuer Anlagentechnik auseinandersetzen wird, welche Betriebsgrößen diese haben, welche Ausgangssituation und welchen Informationsstand, dann kann ich nur sagen, dass der kundenseitige Beratungsaufwand in Fertigungstechnologie für den kompletten Produktionsprozess und das Risiko eines erfolgreichen „Return of invest“ zunehmen wird. Als Investitionswilliger muss man heute schon kritisch und genau hinterfragen was man will, was sein muss, was schön wäre und ob es nicht auch eventuelle Alternativen gibt. Zudem stellen sich noch viele weitere Fragen wie: Wer erarbeitet fundierte, betriebsbasierende und sichere Daten zur Entscheidungshilfe auf? Wer erstellt eine investitionsbezogene Lasten- und Pflichtendokumentation als Grundlage für jeden Projektbeteiligten? Und wer unterstützt konsequent das Investitionsvorhaben in seinem Interesse?
Das sagt Biesse-Produktmanager Patrik Süß
Es halten auch immer mehr Zusatzbauteile – wie z. B der Regelair – bei der Fensterfertigung Einzug. Diese Zusatzbearbeitungen können durch die neue Technik ohne großen Aufwand in den Produktionsablauf einfließen. Für die wieder entdeckte Zapfen-Eckverbindung ist eine CNC-Anlage die perfekte Lösung, um diese Variante optimal herzustellen und somit eine Wertsteigerung des eigenen Produkts darzustellen.
Es hat sich sehr viel in der Programmierung von CNC-Anlagen, wie auch im Handling der Anlage, getan und so die Integration auch ohne große Vorkenntnisse erleichtert.
Der Einzug der CNC-Technik bietet auch in Sachen Energieeffizienz Vorteile, da die Frässpindeln nur laufen, wenn sie benötigt werden und nicht durchgehend rotieren wie bei den Winkelanlagen.
Da oft nur der Platzbedarf der alten Anlage zur Verfügung steht, wurde hierauf auch bei der Konstruktion der neuen Generation von Fensteranlagen geachtet.
Durch eine Vielzahl von Maschinentypen und Konzepten gibt es für jede Anforderung die richtige Lösung. Dieses bietet auch die Möglichkeit Fensterformen, die man früher zugekauft hat, mit den Qualitätsansprüchen seines eigenen Betriebes und auf einfache Art in kürzester Zeit herzustellen.
Durch das Einfahren der Anlage im Werk wird der Produktionsausfall auf einen minimalen Zeitraum beschränkt. So kann eine neue Maschinengeneration problemlos und unabhängig von der Betriebsgröße integriert werden.
Das sagt Michael Mosner von Homag
Dreht man die Frage um und prüft, ob bisherige Fertigungskonzepte den Veränderungen im Fensterbau mit einer größeren Systemvielfalt, Zusatzfunktionen in Fenstern, Ergänzungsprodukten und neuen Eckverbindungen noch genügen können, so ist dies nicht der Fall: Der Anspruch in die Anlagentechnik steigt, der abdeckbare Anteil an den gesamt erforderlichen Bearbeitungen sinkt: Neue Systeme für verbesserten Wärmeschutz, Einbruchhemmung, automatische Lüftung, altbautaugliche Systeme mit angefrästen Wetterschenkeln, Hebe-Schiebetüren, Haustüren, Wechselfalz, neue Eckverbindungen, und, und, und – Die Flexibilität der CNC-Technik erlaubt eine 6-seitige Fertigbearbeitung am Einzelteil, montage- und oberflächenfertig, ohne Restriktionen der Produktionsreihenfolge und integriert auch alle Bearbeitungen an Teilen, die nicht nur gerade Stäbe sind, wie Bogenelemente, Haustüren und vieles mehr. Hier kann die CNC-Technik ihre Stärken voll zur Geltung bringen: Freie Programm- und Bearbeitungsabfolge, Spanntechnik für praktisch jeden Anwendungsfall, große Werkzeugwechsler für hohe Systemvielfalt und einfache Anpassung an die Bearbeitungsanforderungen durch breite Auswahl an Bearbeitungseinheiten und Aggregaten.
Durch den automatischen Programmablauf wird der Mann an der Maschine auch wieder zu dem, was er sein sollte. Er ist „Maschinenbediener“, nicht mehr „Maschinenbeschicker“ – er kann das Umfeld organisieren und Zusatztätigkeiten ausführen. Deshalb sind CNC-Bearbeitungszentren aus Sicht von Homag die erste Wahl für die Fensterfertigung – und werden dies auch bleiben.
Das sagt Thomas Reuter vom Softwarehaus ProLogic
Meine Erfahrungen anhand der jüngst realisierten Installationen sind: Die Technik der CNC-BAZ´s ist nicht mehr wegzudenken. In den letzten Monaten haben sich diese Fertigungskonzepte klar vor der Winkelanlage positioniert. Im Bereich der Neuinvestitionen hat also das BAZ die entsprechende Rolle der Nummer „1“ eingenommen. Nicht zuletzt dadurch, weil bei solchen Investitionen auch über entsprechende Energieeinsparungen gegenüber vorhandener Technik gesprochen wird und somit auch häufig Fördermöglichkeiten bestehen. Es gibt aber auch Kunden, die vorhandene Altmaschinen mit jungen onlinegesteuerten Winkelanlagen ersetzen und mit entsprechenden Zusatzmaschinen ergänzen. Auch dort wird so ein Fortschritt (Zeit & Qualität) für die Fertigung erzielt.
So gibt es drei Fertigungsansätze:
- Eine online gesteuerte Winkelanlage mit entsprechender Beistellmaschine.
- Ein „klassisches BAZ“ zur Fertigung mit Auflage von Hand und manuellem Umspannen der Teile. Hierbei kann eventuell auch noch auf andere Schreinerarbeiten ausgewichen werden. Dieses können interessante Lösungen für Mischbetriebe sein.
- Der reine Fensterbauer sucht jedoch meistens ein automatisiertes BAZ, das für seine jeweilige Fertigungstiefe und Leistungsklasse optimale Voraussetzungen bietet.