_ Der Markt der Kleb- und Dichtstoffe ist alles andere als transparent und die Produktvielfalt schwer erfassbar. Ein Produkt, was noch vor 25 Jahren bei der Fenstermontage kaum eine Bedeutung hatte, mauserte sich in den letzten Jahren zu einem qualifizierten Bauteil. Reichte es früher, dass Hohlräume zwischen Mauerwerk und Rahmenkonstruktion mit Bauschaum verfüllt wurden, müssen diese Baustoffe heute auch energetischen oder statischen Anforderungen gerecht werden. Und der Markt wächst. Der Industrieverband Klebstoffe e. V. berichtet, dass die Wachstumsraten der Klebstoffindustrie in den vergangenen zehn Jahren stets 2,5 bis 5 Prozent über dem deutschen Bruttoinlandsprodukt lagen.
In diesem Wachstumsmarkt bezeichnet sich Soudal als weltweit führender unabhängiger Produzent von Polyurethan-Bauschäumen und international drittgrößter Hersteller industrieller Dicht- und Klebstoffe. Allein mit der Marken-Profilierung am Bau war man nicht zufrieden. Nach Einschätzung von Harald Lüdtke, Geschäftsführer von Soudal N.V. Deutschland, ändert sich das aber gerade. „Wir haben unser Augenmerk auf die Entwicklung gewerkeübergreifender Systeme und Verfahren gerichtet und zusammen mit den Verarbeitern Lösungen entwickelt, die die Arbeitsabläufe extrem vereinfachen. Seither werden wir im Markt ganz anders wahrgenommen.“
Der Grund mag darin liegen, dass sich Soudal auch intern stärker auf die Bedürfnisse der Verarbeiter eingestellt hat.
Rund drei Prozent des Umsatzes fließen heute in die Entwicklung neuer Produkte und Anwendungen. Und davon „erfindet“ Soudal jährlich über 200 unterschiedliche Lösungen. Nicht alle sind sofort verkaufsfähige Produkte, viele „Erfindungen“ werden zunächst zurückgestellt und später weiter entwickelt. „An einigen Problemen arbeiten wir nur mit eigenen Mitarbeitern, bei vielen Aufgaben ziehen wir externe Universitäten hinzu, aber die meisten Lösungsansätze haben wir in einer Dreiergruppe – Soudal, Universitäten und Rohstoffhersteller“, sagt Luc Thys. Schaut man auf seine Visitenkarte, fällt auf, dass er sowohl für das Marketing als auch für Forschung & Entwicklung verantwortlich zeichnet – zwei Bereiche, die sonst eher unterschiedlichen Personen eines Unternehmens zuteil werden. Wir fragen nach und Thys lacht: „Ja, das ist ungewöhnlich. Aber Produktmanagement ist uns sehr wichtig und wir halten diese Kombination mit dem Marketing für sehr erfolgreich. In den Diskussionen kommen die Impulse tatsächlich von beiden Seiten und meistens kommen wir so zu einer Lösung. Kommen wir zu keiner Lösung, habe ich das letzte Wort und entscheide.“
Dabei konzentriert sich das belgische Familienunternehmen nicht allein auf neue Produkte, auch die Wechselwirkung mit anderen Bauteilen wird untersucht, auch auf lange Sicht. Dazu noch einmal Luc Thys: „ Die zentrale Frage ist, wie reagieren die einzelnen Stoffe miteinander – unsere Klebstoffe und die angrenzenden Bauteile? Wenn wir zur VOC-Bestimmung für ein Bauteil die EMICODE-Klasse EC1 erhalten haben, prüfen wir, ob es diese Anforderungen auch noch nach einem Jahr erfüllt. Das ist nicht gefordert, aber wir tun es, weil wir es für wichtig halten. Das kann der Rohstoffhersteller allein nicht beurteilen.“
Produkte, die Arbeitsabläufe verbessern sollen
Deutschland ist innerhalb der Soudal-Gruppe das umsatzstärkste Land. 2014 hat das Unternehmen hier in den Bereichen „Do-it-yourself“ (DIY), Profi-Verarbeiter und Industrie einen Umsatz von 65 Mio. Euro erwirtschaftet. Im technischen Industriebereich profitiert Soudal von dem Zukunftstrend, dass immer mehr Verbindungen geklebt werden. Und mit der blauen Profi-Schiene bietet das Unternehmen neben einem abgestimmten Sortiment auch zahlreiche Neuheiten an, die von den Fachverarbeitern sehr gut angenommen werden.
„Wir haben diese Marktsegmente ganz genau analysiert und viele Gespräche mit Verarbeiterbetrieben geführt. So konnten wir Produkte und Systeme entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Fachverarbeiter ausgerichtet sind und deutliche Verbesserungen bei den Arbeitsabläufen bieten“, sagt Lüdtke. Das Sortiment ist so zusammengestellt, dass die Verarbeiter damit alle gängigen Anwendungen beim Kleben, Dichten und Dämmen ausführen können. Dabei verfolgt Soudal die Philosophie: so viele Produkte wie nötig, so wenige wie möglich. Denn nach Ansicht von Lüdtke schätzt sowohl der Handel als auch der Verarbeiter ein übersichtliches Grundsortiment, das mit wenigen Produkten ein breites Anwendungsspektrum abdeckt. Verarbeiterbetriebe gewinnen mit einem kompakten und ständig verfügbaren Grundsortiment mehr Ausführungs- und Planungssicherheit.
Branchenspezifische Innovationen
Für Fensterbau-Betriebe bietet das Unternehmen jetzt mit dem einfachen und sicheren Soudal Window System (SWS) die vielfach gewünschte Alternative zur Abdichtung der Bauanschlussfuge. Das neue System mit dem elastischen Flexifoam in der Funktionsebene sei nicht nur schnell und einfach in der Anwendung, es zeichne sich im Vergleich zu anderen Verfahren durch deutlich verbesserte Schall- und Wärmedämmeigenschaften aus.
MS-Polymere erobern den Markt
Laut aktueller GfK-Studie, die Soudal in Auftrag gegeben hat, fällt in Deutschland die Wahl in den meisten Fällen auf die feuchteempfindlichen, meist nicht elastischen, klassischen Montage- und PU-Kleber. Diese einfachen und in der Anwendungsbandbreite sehr eingeschränkten Produkte haben immer noch einen höheren Marktanteil als die leistungsstarken, flexiblen MS Polymere, die laut GfK-Studie bei 38 Prozent liegen. Nach Einschätzung von Lüdtke wird sich der Markt in den nächsten Jahren stark verändern: „Technologisch sind MS-Polymere den klassischen Montageklebern, die aus wasserbasierten Acrylaten bestehen, stark überlegen. In anderen europäischen Ländern haben MS-Polymere bereits einen wesentlich höheren Marktanteil. Lüdtke ist überzeugt, dass sich die Marktanteile auch in Deutschland zugunsten der leistungsstärkeren Technologie verändern werden, denn im Vergleich zeichnen sich MS-Polymere durch ein wesentlich breiteres Anwendungsspektrum aus. Sie kleben nicht nur alle bauüblichen Materialien auf allen Untergründen, sie eigenen sich aufgrund ihrer Flexibilität auch zum Dichten und Verfugen und bleiben dauerelastisch. Darüber hinaus sind sie isocyanat- und lösemittelfrei, können sehr emissionsarm (EC1plus) ausgeführt werden, sind überstreichbar und bieten eine gute Haftung auf glatten und sogar feuchten Untergründen.
Soudal bietet mit den Fix All-Produkten Flexi, Crystal, Turbo, High Tack und X-treme Power ein breites Sortiment von MS-Polymere für viele Anforderungen. Ergänzt und abgerundet wird das Angebot durch das differenziertere Soudaseal Profisortiment für den Fachhandwerker.—
Neue Glasversiegelung in der Pipeline
Mit dem neuen PU-Schaum Soudatherm SFI 600P hat Soudal nach eigenen Aussagen als erster Hersteller ein Verfahren zur energetisch optimierten Fensterversiegelung entwickelt. Dabei wird der Spalt, bzw. die Falz zwischen Glas und Rahmen mit einem speziellen Polyurethan-Schaum ausgefüllt und abgedichtet. Im Vergleich zu anderen Materialien verbessere der Schaum die Luftdichtigkeit, die U-Werte und die Stabilität eines Fensterrahmens noch einmal deutlich, so Soudal.
Das feinporige Material zeichne sich durch eine sehr geringe Expansion aus. Dadurch lasse sich der Abdichtungsschaum mit einer speziellen Multi-Pistole besonders exakt und gleichmäßig in den Zwischenraum zwischen Glas und Rahmen einbringen. Die Haftung sei auf verschiedensten Materialien, die für den Fensterrahmenbau eingesetzt werden (Kunststoff, Aluminium, Holz und Metall) gewährleistet. Auch Holzlacke würden kein Problem darstellen. Mit einem niedrigen Wärmeleitwert von 0,036 W/(mK) verbessert das Material die Dämmeigenschaften – insbesondere bei Aluminium-Fensterrahmen. Die guten Werte bei der Luftdichtigkeit haben zudem einen positiven Effekt auf die akustische Leistung des Rahmens.
Außerdem soll sich der Einsatz des PU-Schaumes auch positiv auf die Steifigkeit und damit die Stabilität der Rahmenkonstruktion auswirken, was bei der höheren Gewichtsbelastung durch 3-fach-Verglasungen von besonderer Bedeutung ist. Das Material ist nach den ift-Richtlinien DI-01/1 getestet und das Verfahren wurde auf internationaler Ebene zum Patent angemeldet.