Das laufende Jahr stellt sich für Roto gut dar: Es wird eine Gesamtumsatzsteigerung für die drei Quartale in 2022 in Höhe von 9,2 Prozent bilanziert. Allerdings mit „deutlichen Bremsspuren im dritten Quartal“. Der für die zweite Jahreshälfte 2022 erwartbare Nachfragerückgang habe bei den beiden großen Divisionen „pünktlich“ im Juli begonnen. Der Handel und große Hersteller würden seither ihre Lagerbestände auf das Niveau vor Ausbruch der Pandemie abschmelzen. Dr. Keill rechnet mit einer Gesamtjahres-Umsatzsteigerung in einem „guten einstelligen Bereich.“
Für 2023 ist der Holdingchef für seine Verhältnisse überraschend optimistisch: Es werde weiteres Wachstum im hohen einstelligen Bereich angestrebt. Dabei glaubt Dr. Keill an den Sanierungsmotor und einen „Neubau auf solidem Niveau“. Weiter glaubt er an eine Beruhigung der weltwei-
ten Warenflüsse und kündigt das größte Investitionsprogramm an, „das Roto jemals geplant hat“.
Auf dem Fachpressetag in Rottach-Egern am Tegernsee gibt er in seiner Situationsbeschreibung schlussendlich einen positiven Ausblick für Roto und für die gesamte Branche: „Wir haben mit dem energieeffizienten Bauen einen Megatrend und leben in einem guten Umfeld.“
Der Alleinvorstand der Roto Frank Holding AG blickte auf dem Fachpressetag zurück: Der Gruppen-Umsatz sei in den letzten drei Jahren um kumuliert knapp 30 Prozent gewachsen. Offenkundig verstünde es der Bauzulieferer auch in sehr volatilen Beschaffungs- und Absatzmärkten, die zentralen Bedürfnisse seiner Kunden nach Lieferzuverlässigkeit und Produktqualität zu erfüllen. Das hätten auch viele Neukunden überzeugt.
Dr. Keill spricht Lob für die Roto-Mannschaft aus
„Die Menschen in den Divisionen haben die seit 2020 stetig anwachsenden Herausforderungen effizient und erfolgreich gelöst“, so Dr. Keill in seinem Rückblick. Die inzwischen rund 5000 Mitarbeitenden weltweit hätten über einen sehr langen Zeitraum hohe Flexibilität und Leistungsbereitschaft bewiesen. Das Geschäftsjahr 2021 konnte die Roto-Gruppe wohl auch deshalb mit einem Umsatzrekord von 807 Mio. Euro abschließen. Optimistisch sei man in das Geschäftsjahr 2022 gestartet, um dann zu erleben, dass die erhoffte Beruhigung auf den Beschaffungsmärkten ausblieb und infolge eines Krieges neue, zusätzliche Risiken und Erschwernisse für die Bauwirtschaft nicht nur in Europa entstanden.
„Politische Fehlstellungen“
Den „härtesten Gang“ bis zu einer Normalisierung der Situation hätten in den kommenden Monaten die europäischen Volkswirtschaften, allen voran die deutsche vor sich. „Entsprechend blicken wir sorgenvoll auf politische Fehlsteuerungen, die diesem Land und seinen Menschen schaden“, leitete Keill einige persönliche Betrachtungen der weltpolitischen Lage ein. „Die wichtigere Frage ist, ob es tatsächlich zu einer Erosion des Industriestandortes Deutschland und damit zu einer nachhaltig wirksamen Schädigung von Wohlstand und Kaufkraft in diesem Land kommt. Die Frage ist, ob ein für die Wirtschaft in der EU so wichtiges Land den Ast absägt, auf dem sein Sozialstaat sitzt.“
Dr. Keill wollte allerdings nicht Einstimmen in den Chor des Krisenjammerns. „Nach Jahren der Wohlstandsmehrung fällt es den stets nach absoluter Sicherheit strebenden Deutschen besonders schwer, ihre Komfortzone zu verlassen und neu zu denken.“
Nachfragestabilisierung erwartet
Seiner Einschätzung nach werde die Bauelementebranche zukünftig von dem dringlichen Anliegen der Menschen profitieren, die Energieeffizienz ihrer Wohnungen zu verbessern. Obwohl für 2023 der Rückgang des Neubaumarktes für Europa, Amerika und Asien gleichermaßen vorausgesagt werde, müsse also die Nachfrage nach Bauelementen nicht zwangsläufig dramatisch sinken. Mittelfristig stehe den Herstellern von Fenstern und Türen weltweit ein anhaltendes Nachfragehoch „ins Haus“, das erst zu einem Ende kommen werde, wenn der Gebäudebestand energetisch saniert und ausreichend viel zusätzlicher Wohnraum geschaffen wurde. „Wir sprechen also über eine ferne, sehr ferne Zukunft.“
Fakt bleibe: Weltweit müsse so schnell wie möglich weitergebaut werden. Dies sei auch eine soziale Frage. Die Vormateriallager von Roto blieben jedenfalls weiter gut gefüllt, damit die Divisionen flexibel auf den Bedarf ihrer Kunden reagieren können.
Marktanteile hinzugewonnen
Mit unvermindertem Engagement werde Roto FTT 2023 an der Weiterentwicklung der Produktprogramme arbeiten, damit man auch in Zukunft stärker wachse als der Markt. Einen hohen Anteil am Gesamtumsatz des Weltmarktführers für Drehkipp-Beschläge hätten längst auch Systeme für die Öffnungsart Schieben sowie das breite Programm von Bauteilen für Außentüren und nach außen öffnende Fenster. „Weil wir erreichen konnten, dass unsere Produkte qualitativ führend und zugleich verfügbar sind, gewann Roto FTT in den zurückliegenden Jahren selbst in hart umkämpften Märkten sehr namhafte Neukunden“, freut sich Marcus Sander. „Wir unterstützen sie prozessual und wirtschaftlich maximal“, ergänzte der CEO der Roto Frank Fenster- und Türtechnologie GmbH (Roto FTT) in seinem Statusbericht.
Besonders nachhaltig: Alte Fenster wieder fit machen
Einen besonders bemerkenswerten Wachstumsschub hatte Dr. Christian Faden, Geschäftsführer der Roto Frank Professional Service GmbH (RPS), auf dem Fachpressetag zu verkünden. „Die Abdeckung des Marktes durch ‚Service Friends‘ ist in Deutschland noch einmal deutlich verbessert worden (Anm. d. Redaktion: Auch das Unternehmen Dichtungs-Specht GmbH wurde jüngst in die Gruppe integriert) und wir arbeiten an einer Gründung in Österreich. In der Schweiz sind wir mit zwei Standorten ebenfalls gut aufgestellt.“
Die RPS werde das laufende Geschäftsjahr mit einem Umsatzwachstum von voraussichtlich 50 % abschließen und vermutlich auch 2023 ihre Entwicklung dynamisch vorantreiben können.
Mit Blick auf das kommende Geschäftsjahr zeigte sich Dr. Faden optimistisch: Es sei davon auszugehen, dass die Reparatur oder Nachrüstung von Fenstern und Türen 2023 noch einmal stärker nachgefragt werde. „Wer Energie sparen will und muss, der sieht in einem undichten Fenster pure Verschwendung und einen echten Kostentreiber.“