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Schweizer Fensterbauer vertrauen auf Mordasini

Der Lohnbeschichter weiß, wie es geht

Das ist nicht normal: Ein regional verankertes Maler- und Gipserunternehmen in Bern hat sich Ende 2011 eine vollautomatische Fensterbeschichtungsanlage angeschafft. Dies erstaunt umso mehr, weil solche Investitionen sonst eher von großen Fensterbauunternehmen selbst getätigt werden. Blickt man aber auf die Entwicklung des Unternehmens zurück, erscheint die Investition als logische Fortsetzung einer bewährten Strategie: Fenster hat die Firma Mordasini schon immer beschichtet. Früher vorwiegend auf der Baustelle, später hat man die Fensterteile im Maleratelier getaucht, geschliffen und im Handspritzstand beschichtet.

Strukturwandel als Chance?

Zum Kundenstamm zählten schon immer mehrere Fensterbauer der Berner Stadtquartiere. Die Umstellung auf wässrige Fensterlacke veranlasste aber viele Fensterbauer, die Beschichtung selber in die Hand zu nehmen. Damit hat die Malerbranche bei der Fensterbeschichtung auch sehr viel Marktanteil verloren. Nicht so bei Mordasini: „Die Vergabe der Beschichtungsaufträge hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen, sodass wir zunehmend an Grenzen gestoßen sind“, sagt Eigentümer und Geschäftsführer Christopf Tanner. Der Grund dafür liegt an den engen Platzverhältnissen bei den Berner Fensterbauern.

In der Folge spielte Tanner mit dem Gedanken, die Kapazitäten auszubauen. Einerseits um der eigenen Platznot entgegenzutreten. Anderseits wirkten sich aber auch die Emissionen in Form von Maschinenlärm und Gerüchen erschwerend auf die Akzeptanz der Anwohner aus. Zum Problem wurde am alten Standort zudem die Logistik. „Morgens um halb sieben von einem Vierzigtonner geweckt zu werden, erwartet man in einem ruhigen Wohnquartier nicht,“ sagt Tanner.

Als weiterer Faktor kam der Wunsch der Fensterfabrik Muesmatt AG dazu: Das Unternehmen wollte sich nur noch auf ein Spritzwerk konzentrieren. Zuvor hatte man sich in der Berner Fenstermanufaktur bei der Beschichtung auf zwei Lohnunternehmen verlassen. Im Rahmen einer Qualitätsüberprüfung stellte Muesmatt-Geschäftsführer Christian Ueltschi fest, dass der andere Malerbetrieb den hohen Erwartungen und Vorgaben der Muesmatt AG nicht entsprach – und zwar weder qualitativ noch bei den Terminen.

Doch als alleiniger Lohnmaler war das Auftragsvolumen der Muesmatt AG mit den bestehenden Anlagen nicht zu bewältigen. „Uns war schnell klar, das die Weiterarbeit am alten Standort mit den bestehenden Anlagen wenig Sinn macht,“ sagt Tanner. Durch das zusätzliche Auftragsvolumen drängte sich ein Kapazitätsausbau auf und schon bald kristallisierte sich ein passendes Geschäftsmodell heraus. „Wir waren uns bewusst, dass eine Großanlage nur mit entsprechenden Partnerschaften funktionieren konnte,“ erläutert er.

In der Folge führte man intensive Gespräche mit Anlagelieferanten und zukünftigen Auftraggebern. „Mit der Muesmatt AG konnten wir einen langfristigen Vertrag über garantierte Abnahmemengen schließen. Diese Sicherheit gab den Ausschlag zur Investition,“ sagt Tanner. Nach erfolgreichen Finanzierungsverhandlungen und Gründung einer separaten Gesellschaft, der Mordasini Spritzwerk AG, konnten sich Tanner und sein Team auf die Suche nach passenden Räumlichkeiten und Anlagen machen. „Eine ehemalige Industriehalle eignete sich optimal für unser Vorhaben. Wir brauchten rund 800 m2 Nutzfläche bei einer Raumhöhe von mindestens 5 m.“ Zusätzlich sei die industrienahe Lage auch logistisch von Vorteil gewesen. „Hier stört sich Niemand an großen Lastwagen.“

Nach sorgfältiger Analyse investierte man in eine Anlage der deutschen Range und Heine AG. Mit der Entwicklung des Anlagekonzepts sei aber auch ein Wechsel des Farblieferanten erfolgt. „Die Firma Mordasini hat sich für ein neuartiges Beschichtungssystem entschieden“, sagt Gerhard Keller, Gesamtverantwortlicher für Industrieanwendungen bei der Farbenfabrik Karl Bubendorfer AG. Zur Verwendung kommt eine farblose Grundierung mit guter Isolierung gegen Inhaltsstoffe. Diese Ausrüstung sorgt dafür, dass nur sehr wenig Inhaltsstoffe aus dem Holzgefüge emittieren und Verfärbungen auslösen können. „Insbesondere beim Beschichten von Kiefernholz spielt dies eine große Rolle“, sagt Keller.

Grundiert wird nicht wie Vielerorts üblich in einer weißen Rezeptur, sondern farblos. Damit entfallen Farbwechsel bei der Grundbeschichtung. Weiße Tauchgrundierungen werden beim manuellen Beschichten noch häufig verwendet, weil Beschichtungsfehler durch die weiße Grundlage weniger auffallen. Beim industriellen Beschichtungskonzept hat dies keinen Einfluss, denn das nachfolgende Lackieren mit elektrostatischer Ausrüstung sorgt für eine lückenlose Abdeckung der Holzstruktur.

Eingestellt ist die Grundierung leicht sauer. Keller: „Dadurch stehen die Holzfasern trotz wässriger Ausrüstung weniger auf“. Geschliffen wird daher nur noch von Hand, mittels korundbeschichteter Faserpads. Dieser Vorgang entspreche aber eher einem Kappen der Fasern und weniger einem Schleifdurchgang, so der Beschichtungsspezialist. Zur eigentlichen Beschichtung wird ein wässriger Industrielack mit geringer Dampfdurchlässigkeit und schneller Blockbildung eingesetzt.

„Die zum Beschichten erforderlichen Prozesse in den Griff zu bekommen, war nicht ganz einfach“, sagt Keller. Die Grundierung und der Lack müssen bei solchen Anlagen regelrecht eingefahren werden. Dabei würde man es zuerst mit Rezepturen versuchen, die in vergleichbaren Anlagen zum Erfolg geführt haben. Dann passe man die Mischung den örtlichen ­Verhältnissen an, etwa wenn das Holz schlecht benetzt wird oder wenn sich Blasen bilden. Anhand der Tropfenbildung und dem Verlauf stelle man zudem die Viskosität ein. „Bereits ein zusätzlicher Bogen in der Zuleitung kann zu anderen Resultaten führen, auch wenn wir bereits einige baugleiche Anlagen betreuen und die Parameter kennen“, erklärt Keller. Beim Lack gilt es, stets genügend Schichtdicke zu spritzen, ohne dass sich Läufe bilden.

Keller: „Dabei kommt uns das elektrostatische Spritzen entgegen“. Trotz der statischen Aufladung würde das einseitige Spritzen aber nicht genügen. Die elektrische Leitfähigkeit des Holzes reiche nicht aus, um genügend starke Feldlinien zu erzeugen. Bei Mordasini spritzt man daher von beiden Seiten separat durch zwei gegeneinander angeordnete Säulen-Hub-Roboter.

Viel Wert legt Christoph Tanner auf die Logistik. Bei der Muesmatt AG werden frühmorgens die fertigen Fenster auf die Baustellen ausgeliefert. Danach werden die grundierbereiten Fenstereinheiten vom Vortag auf speziellen Transportgestellen angeliefert. Bei der Rückfahrt sind die fertigen Fenster im LKW. Dieser Ablauf erlaube jeweils das Hängenlassen der fertigen Teile über Nacht im Trockenraum, was dem Beschichtungsprozess entgegenkommt: Es gibt deutlich weniger Beschädigungen. Die Aufträge erteilt die Muesmatt AG auf elektronischem Weg. Kleinmengen spritzt die Mordasini AG aber noch auf einem Handspritzstand.

„Ein Farbwechsel verbraucht rund 20 Liter Farbe – für einige wenige Fensterteile zu viel“, gibt Tanner zu bedenken. Neben Fenster lackiert die Mordasini AG auch Türen und Sturzbretter: Oder einfach alles, was flach ist, sich aufhängen lässt und sich für die Beschichtung mit wässrigem Lack eignet. —

Stephan Wildi

Roboterbeschichtung

Die Anlage im Detail

Die automatische Beschichtungsanlage besteht aus Flutanlage, Trockenkammer, Handschleifstand und Säulen-Spritzroboter. Konzipiert und installiert wurde die Anlage von Range und Heine in Winnenden in Zusammenarbeit mit dem Spritzroboterhersteller Reiter. Die Flutanlage „Flowcomat“ flutet die Fensterteile über sich vertikal bewegende Brausedüsen – mit wenig Druck, aber viel Material. Daraus resultiert eine gute Benetzung der Oberflächen. Die Anlage lässt sich bereits ab 40 Liter Mindestbefüllung betreiben.

Die mechanischen Förderanlagen bewegen die Fensterteile danach in einen Ruhebereich, wo sie zum Abtropfen automatisch in Schräglage hängen. Von dort geht es ein erstes Mal in den Trocknungstunnel. Nach der Ausfahrt gelangen die Fensterteile zum Handschleifstand. Mittels Faserpads erfolgt das Kappen der aufstehenden Fasern, zudem wird gespachtelt. Die Teile fahren anschließend in die Spritzkabinen ein. Beim Eingangsportal scannt ein Sensor die Konturen, die Spritzpistolen werden entsprechend gesteuert. Herzstück der Anlage sind zwei gegenüberliegende, seitlich versetzte, vertikale Säulenspritzroboter. Diese verfahren vertikal und spritzen nur dort, wo Oberfläche detektiert wurde. Die Fensterteile bewegen sich dabei seitlich am Spritzwerk vorbei. Der Lackauftrag erfolgt elektrostatisch, das heißt Farbe und Werkstücke sind gegenpolig geladen, die Farbpartikel folgen weitgehend den magnetischen Feldlinien. Die Leitfähigkeit wird dabei über die Restfeuchtigkeit im Holz sichergestellt. Die Rückgewinnung des Lackes erfolgt über sich drehende Metallsäulen. Die Fertigungskapazität liegt bei rund 150 Fensterelementen pro Arbeitsschicht. Darin eingeschlossen ist das Fluten sowie ein Lackauftrag.

http://www.range-heine.de

https://www.knecht-spritzwerk.ch

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