Ein klassischer Fall: Betrieb A erwirbt eine Systemprüfung im Bereich der CE-Kennzeichnung gem. DIN EN 14351-1. Die Systemprüfung (Initial Type Test, ITT) enthält die von einer notifizierten Prüfstelle bestätigten Kennwerte für die wesentlichen Merkmale (als mandatierte Leistungseigenschaften bezeichnet) eines Fensters bzw. einer Außentür gemäß der Europäischen Produktnorm. Sie bildet, gemeinsam mit der durchzuführenden Werkseigenen Produktionskontrolle (WPK), die Grundlage für die Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung des Herstellers. In dieser Systemprüfung bzw. dem ITT sind Konstruktionsbeispiele angegeben, verbunden mit Materialien wie u.a. Dichtungen, Beschlagsteile, Schwellen und Wetterschutzschienen, die zu verwenden sind.
Dem Hersteller obliegt die Pflicht zu überprüfen, ob die in dieser Systemlösung angewandten und beinhalteten Konstruktionsbeispiele und Materialien auf seine Gegebenheiten und Arbeitsweisen passen. Diese Pflicht vernachlässigen Hersteller oft und arbeiten und produzieren einfach so weiter. Der Hersteller ist verpflichtet, eine Leistungserklärung abzugeben und sie dem Kunden zugänglich zu machen. Die Leistungserklärung stellt eine rechtsverbindliche Zusicherung des Herstellers an den Kunden dar, dass die gelieferten Elemente die deklarierten Werte einhalten. Die CE-Kennzeichnung leitet sich aus der Leistungserklärung ab und stellt den erforderlichen „Reisebegleitschein“ für das Bauprodukt dar. Sie enthalten keine Aussagen über die Eignung des CE-gekennzeichneten Bauprodukts für einen konkreten Anwendungsfall.
Mein Tipp: Überfordern Sie die Konstruktion nicht, seien Sie kritisch und achten Sie darauf, dass ein Fensterelement auch einschließlich seiner Montagefuge den örtlichen Gegebenheiten entsprechen muss. Kommen Sie Ihrer Pflicht als etwaiger Fachplaner nach, schalten Sie Sonderfachleute hinzu, wenn Sie nicht weiterkommen. Achten Sie darauf, wenn Ihnen ein etwaiger vorgeschalteter Fachplaner nicht alle Informationen gibt, dass Sie entsprechende Fragen, Hinweise und Bedenkenanmeldung absetzen bzw. dies auch dem Endkunden gegenüber kommunizieren. Wer schreibt der bleibt!
Foto: Alexander Dupp
Passen die Anforderungen zum Bauprodukt?
Die Aufgabe des Planers ist festzustellen, ob das Leistungsprofil des gelieferten Bauprodukts mit dem objektspezifischen Anforderungsprofil übereinstimmt. Im konkreten Fall ist es so, dass unabhängig der Größen, Werte für die Schlagregendichtheit für einfache Stulpkonstruktionen ausgewiesen werden, die auf Basis einer fehlerhaften Information aus der Systemprüfung abgeleitet wurden. Die CE-Kennzeichnung, sofern sie übergeben wurde, stellt die darin angegebenen Werte, aber auch die geschuldete Leistung dar. Die Gesamtkonstruktion ist zu werten und durch den Sachverständigen zu überprüfen.
Wenn Undichtigkeiten auftreten
Fenster sind dafür da, die Witterung abzuhalten. Angrenzende Bauteile dürfen nicht beschädigt werden. Im Gegensatz zu der vor Ort festgestellten Undichtigkeit, die z. B. auf unzureichende Montageprozesse oder einen schlechten Wartungszustand zurückzuführen sein können, wird die Konstruktion durch den Sachverständigen überprüft.
Diese Überprüfung erfolgt über eine normative Prüfstandsprüfung. Wird festgestellt, dass sowohl die abgegebene CE-Kennzeichnung als auch die Planung des Fachplanenden – dies kann der Architekt oder der Fensterbauer sein – mit der praktischen Ausführung vor Ort nicht übereinstimmt und Konstruktionen fehlerhaft bzw. regelwidrig ausgebildet wurden, so ist das Gewerk als mangelhaft zu werten.
Das passende Fenster für den Standort
Um ein für den Standort geeignetes Fenster zu planen, sind zur Anforderungsbestimmung der Schlagregendichtheit in die Software die Randparameter gem. DIN 18055 einzugeben. Die resultierenden Leistungsklassen sind den tatsächlichen Witterungsbedingungen vor Ort anzupassen. Aus dieser Prüf- und Sorgfaltspflicht ergeben sich die Anforderungen, die von dem Fenster oder der Außentür zu erfüllen sind und zum deklarierten Wert im CE-Zeichen passen müssen. Tritt ein Schadensfall ein und die im CE-Zeichen deklarierten Werte passen nicht zur tatsächlichen Beanspruchung im Gebäude, ist die Planungsleistung unzureichend. Fehlen die notwendigen Angaben zum Gebäude und dem Einbauort im Leistungsverzeichnis oder sonstigen Planungsunterlagen, so ist es notwendig diese Informationen einzufordern, um die „richtigen“ Fenster zu bestimmen.
Im Rahmen einer detaillierten Planung sind Daten zu lokalen Gegebenheiten vom Bauherrn, von örtlichen Planern oder Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes einzuholen. Oft sind nur die Windgeschwindigkeiten bekannt. Hieraus lassen sich bereits Rückschlüsse auf die erforderliche Klasse der Schlagregendichtheit ziehen.
In dem nachfolgenden Beispiel wird dies näher erläutert.
Für ein Gebäude mit 8 m Firsthöhe unter 800 m Meereshöhe sind Fenster zu planen. Gemäß vereinfachtem Verfahren nach DIN EN 1991-1-4 wurde für das Gebäude Windzone 1 und die Geländekategorie 2 ermittelt. Entsprechend DIN 18055 Tabelle A.1 ergibt sich eine Anforderung an die Schlagregendichtheit der Klasse 4A gemäß DIN EN 12208.
Aufgrund der besonderen Lage des Gebäudes (Ortsrandlage mit direkter Exposition nach Nordwesten) und historischer Klimadaten (häufige Starkwindereignisse mit Windgeschwindigkeiten zwischen 100 und 120 km/h, Wiederkehrperiode > 0,02) sind in diesem Fall die Bedingungen für den Regelfall nicht erfüllt. Es sind höhere Anforderungen an die Schlagregendichtheit der in dieser Situation einzubauenden Fenster zu stellen. Die Schlagregendichtheitsklasse 4A reicht damit für die an diesem Objekt vorgefundenen Bedingungen nicht aus. Die Fenster müssten in diesem Fall mindestens der Klasse 9A gemäß DIN EN 12208 entsprechen. Um auf „Nummer sicher“ zu gehen, muss die Leistungsklasse erhöht werden. Somit ist es möglich, etwaige in der Herstellung entstehende Schwachstellen, bedingt durch Arbeitsprozesse, aber auch unzureichende Wartung und Pflege, zu kompensieren. Dies bedeutet, dass bei extremen Witterungsbedingungen, wie im vorliegenden Fall, beispielsweise auf den Inseln und in den Küstenbereichen der Nordsee, oft mindestens die Schlagregendichtheitsklasse E750/E900 bis hin zu E1050/E1200 anzunehmen ist.
Einbruchhemmung muss auch umgesetzt werden
Ein ähnliches Beispiel finden wir im Bereich der Einbruchhemmung. Betriebe erwerben eine Systemprüfung eines Systemgebers. Im Rahmen einer Tagesschulung wird ein Betrieb in die Lage versetzt, einbruchhemmende Bauteile zu bauen. Im konkreten Fall wurden einbruchhemmende Bauteile angeboten und verbaut, die Vorgaben aus der Systemprüfung stimmten aber nicht mit der tatsächlichen Situation auf der Baustelle vor Ort überein.
Die Folge: Die vertraglich geschuldete Leistung, beispielsweise RC2 oder RC3, wurde nicht erbracht und somit ist es möglich, dass der Werklohnanspruch für den Fachunternehmer entfällt bzw. keinen Bestand mehr hat und nicht zuletzt bleibt die Werkleistung, bei der Einbruchhemmung als auch bei der CE-Kennzeichnung, mangelbehaftet.
Planungsfrage klären
An dieser Stelle noch der Hinweis: Achten Sie darauf, wer als Fachplaner vorgesehen ist! Ist der Fachplaner ein Architekt oder sind Sie als Hersteller und Fensterbauer zum Fachplaner geworden? Beachten Sie den Paragrafen des Entwurfsverfassers/Entwurfsverfasserin der einzelnen Landesbauordnungen. Werden Sie zum Fachplaner, schulden Sie den Erfolg. Wobei ein übergeordneter Fachplaner, wie u. a. Entwurfsverfasser oder Architekt, immer den gesamten Erfolg der Baumaßnahme schuldet.