Das Motto der Fenstertage „Was bringt 2020?“ sorgte für sich schon für viel Gesprächsbedarf unter den Teilnehmern: Zum einen gibt es die politische Zielsetzung, bis in 9 Jahren (also 2020) den Heizwärmebedarf um 20 Prozent zu reduzieren und bis 2050 einen annähernd klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Zum anderen liegen die wirtschaftspolitischen Förderkonzepte der Bundesregierung noch immer nicht auf dem Tisch.
In diesem Spannungsfeld sieht Institutsleiter Ulrich Sieberath die Branche dennoch gut gerüstet: „Das Konzept: ‚Mein Haus, meine Tankstelle‘‚ ist die Zukunft am Bau.“ Und das Fenster sei ein wichtiger Baustein in dieser Konzeption. Das geschehe allerdings nicht mehr nur durch die hervorragenden wärmetechnischen Eigenschaften von Fenster und Türen – schließlich würden Quantensprünge bei der Uf-Wert-Verbesserung künftig kaum mehr oder nur mit erheblichem Aufwand zu erwarten sein. Das Fenster müsse sich vielmehr als Energiemanager im Gebäude weiterentwickeln und hier gebe es noch viel Potenzial. Wichtig sei es, dem Bauelement das zu profane Image „Fenster stopfen Löcher in einer Hauswand“ zu nehmen bzw. es aufzuwerten.
Wichtig sei aber auch, dass man bereits beim Kauf die energetischen Kenngrößen richtig darstellen und vermarkten kann. „Alle Verbrauche und Zugewinne müssen in einem richtigen Verhältnis in die Bewertung einfließen. Das ist zwar sehr komplex, auf der anderen Seite wird der Verbraucher aber nur ein einfaches Bewertungsschema (ein sogenanntes Energy-Label) akzeptieren. Vorschläge für ein solches Energy-Label hätten andere Länder – bspw. England, Dänemark und Griechenland – schon lange vorgelegt. Die Deutschen würden hier „darauf warten, dass was vernünftiges kommt.“ Aber das sei gefährlich, denn . „das Thema Fenster-Energy-Label hat bei der EU-Kommission hohe Priorität und wir müssen aufpassen, hier nicht den Zug zu verpassen.“ Die Industrie rief Sieberath dazu auf, das vorgestellte Modell von ift und Hochschule Rosenheim gegenüber der EU zu unterstützen.
Auf sehr großes Interesse stieß auch der Beitrag von Prof. Franz Feldmeier. Er zeigte auf, dass die Vorschläge der anderen Länder für ein Energy-Label nicht praktikabel seien. Die Labelkennzeichnungen wären bspw. innerhalb von 100 Kilometern zwischen Bayern und Südtirol sehr unterschiedlich von D bis hin zu A++.
Eindrucksvolle Schadensbilder lieferte in einem der vielen Fachvorträge Martin Heßler vom ift: Seine Ausführungen über Fehlerquellen bei Konstruktion, Material, Bauanschluss und Montage interessierten sehr viele Tagungsteilnehmer.
Und Oliver Schmitz von der GfK machte der Branche Mut: Die Anzahl der Renovierungen gehen zwar zurück, aber dafür würden die Ausgaben pro Maßnahme steigen. Dabei gehöre der Bereich Fenster zu den Stars bei den Renovierungen am Bau. Durchschnittlich 3560 Euro werden jetzt pro Fensterrenovierung ausgegeben – und die Tendenz ist deutlich steigend. Im Auge behalten sollte man dabei immer die „Generation Silber“. Diese Bevölkerungsgruppe (Personen über 60 Jahre) ist die einzige, die weiter anwachsen werde. Und: 41 Prozent der Renovierungen werden von dieser Gruppe getätigt. Das gelte besonders für Fenster und Türen. —
Ift Rosenheim steht Rede und Antwort
Gelöste Stimmung herrschte beim ift-Vorstand während der Pressekonferenz auf den Fenstertagen. Vorstand Alfons Schneider: „Wir sehen das ift sehr gut aufgestellt und erwarten für das laufende Jahr positive wirtschaftliche Ergebnisse.“
Dazu ergänzte Dr. Jochen Peichl: „Die wirtschaftliche Lage am ift ist stabil. Im Geschäftsjahr 2010 konnten wir ein Volumen an Leistungen von 16,4 Mio. Euro umsetzen. Und für 2011 peilen wir einen Gesamtumsatz von 16,6 Mio. Euro an.”
Die Investitionen des Instituts kämen in der Regel aus eigenen Mitteln. Die Personalpolitik genieße dabei nach Aussage Peichls einen sehr hohen Stellenwert: „Wir werden auch künftig deutlich in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter investieren, um einer der führenden Arbeitgeber in der Branche zu sein. Diesen Prozess wollen wir weiter vorantreiben.”
Eine der aktuellen Aufgaben des ift sei es, so Institutsleiter Ulrich Sieberath, die Branche beim Thema Energiewende zu unterstützen und sauber in die Zukunft zu führen: „Wir wollen das Bewusstsein stärken, was das Bauteil Fenster in Sachen Energieeinsparung und auch Energiegewinnung leisten kann und dabei die Leistungsfähigkeit des Fensters kommunizieren.”
Weiter sei es wichtig, die Branche mit der Bauproduktenrichtlinie vertraut zu machen. Hierzu wird das ift im Januar eine 2-tägige Veranstaltung organisieren.
Angesprochen auf die Überarbeitung der Fassadennorm meinte Sieberath: „Die neue Fassadennorm wird leider noch etwas auf sich warten lassen. Wir werden deshalb mit der DIN 18380 noch eine Zeit lang leben (müssen).”
Zu neuen Geschäftsfeldern und zu Solaranwendungen erläuterte Sieberath: „Das ift schließt immer größere Teile der Fassade in sein Arbeitsspektrum mit ein. Unser Ziel muss es sein, die komplette Gebäudehülle abzudecken.“
Was die Entwicklung von fassadenintegrierten PV-Anwendungen angeht, war seine Sicht sehr positiv: „Auch wenn die integrierten Systeme in der Fassade momentan ein stiefmütterliches Leben führen, das wird sich bald ändern. Sobald die Flächen auf den Dächern ausgereizt sind, geht es an die Fassadenflächen. Hier werden sich große Tätigkeitsfelder für unsere Branche auftun.“
h-net Meeting in Rosenheim
Gebündelte Kompetenz für Holzfenster-Hersteller
Am Rande der Rosenheimer Fenstertage traf der stellv. Chefredakteur der GLASWELT, Daniel Mund, die Akteure des H-Net Netzwerks zum Pressegespräch. Beim H-Net handelt es sich um eine Initiative, die Herstellern umsetzungsreife Konzepte für eine rationelle Holzfenster-Einzelteilfertigung anbietet. Gemeinsam wolle man diejenigen unterstützen, die ihren Fertigungsablauf auf Einzelteilfertigung umstellen möchten. In enger Zusammenarbeit erarbeitet die Projektgruppe, zu denen der Maschinenbauer Homag, der Werkzeuganbieter Oertli, der Oberflächenspezialist Remmers, der Anbieter von Befestigungssystemen SFS intec und der Beschlagspezialist Siegenia-Aubi gehören, Informationen und konkrete Lösungsansätze, die die Wettbewerbsfähigkeit von Fensterbauern erhöhen sollen.
Vorteile der Einzelteilfertigung sind neben der hohen Verarbeitungspräzision und der geringen Fertigungsdauer u. a. die Beschichtung am losen Stab, also an allen sechs Flächen einer Kantel, oder auch die lösbaren Rahmeneckverbindungen. Es gebe aber auch Grenzen beim sinnvollen Einsatz der Einzelteilfertigung – sie eigne sich nicht für jede Anwendung (z. B. im Denkmalschutzbereich und bei Rundbögen). Auch über diese Punkte würde man hinreichend aufklären. Fachliche Unterstützung kommt vom ift Rosenheim, welches beratend zur Seite stehe.
Auslöser zur Gründung des Netzwerkes im Jahr 2008 seien Marktofferten der einzelnen Akteure gewesen, die nur bescheidene Resonanz hervorgerufen hätten. Roland Schöler, Leiter Produktmanagement bei Siegenia-Aubi, berichtet: „Wir hatten einen Holzfensterbeschlag für den losen Stab entwickelt. Die Resonanz am Markt war anfangs noch recht verhalten – dem Verarbeiter fehlte einfach der entsprechende Systemgedanke. Der Fensterbauer verfügte nur über einen einzelnen Baustein wie z. B. die Beschlagtechnik – andere Lösungen beim Werkzeug, bei der Oberfläche oder der Holzbearbeitungsmaschine musste er sich selbst erarbeiten. Auch die anderen Akteure hatten ähnliche Erfahrungen gemacht. Ulrich Ritter, Oertli GmbH, erläutert: „Das Produktangebot für die Einzelteilfertigung fand am Markt nur ein untergeordnetes Interesse.“ Dennoch: Alle waren von dieser Fertigungstechnologie überzeugt und wollten ihr zum Durchbruch verhelfen. Das Ziel war klar gesteckt: „Wir machen uns gegenseitig schlauer und zeigen dem Verarbeiter, wie es geht.“ Dabei sei man aber vor allem im Hintergrund tätig, bestätigen die Gesprächspartner in Rosenheim. Man sei ja kein Verband oder feste Organisation. Bislang konnte man die Vorteile anhand zahlreicher Betriebsbesichtigungen bei anderen Unternehmen demonstrieren. „Wer die Fertigungsabläufe besichtigt, erkennt, wie viel Potenzial in diesem Verfahren steckt“, so Hans Joachim Preuss, Remmers Baustofftechnik. Auch auf Workshops würde man mit Fensterbauern über einem direkten Gedankenaustausch die vielfältigen Chancen der Einzelteilfertigung diskutieren. Dabei können alle Teilnehmer auf die bereits vom H-Net gesammelten und systematisierten Lösungsansätze sowie Erfahrungswerte aus Theorie und Praxis zurückgreifen. Teilnehmer können sich ein Bild von dem machen, wie ihr Betrieb die Anforderungen der Zukunft meistern könnte. Heinz Hutter, Vertriebsleiter SFS intec: „Jeder Kunde ist anders und jedes System ist anders. Wir sind dazu da, unser gesamtes Wissen und gute Ideen zu vermitteln. Letztlich muss aber der Fensterbauer selbst wissen, was seinen spezifischen Anforderungen und Prozessabläufen am besten gerecht wird und ob bzw. wie er das umsetzt.“ Und Volker Schmieder, Homag, ergänzt: „Bei der Umstellung wird die Fertigung auf links gedreht. Da muss der Unternehmer auch Mut mitbringen.“
Auf die Frage, warum sich denn am Netzwerk nicht auch mehr Unternehmen beteiligen, antwortete die Gruppe einmütig: „In unserer derzeitigen Zusammensetzung verfügen wir über eine sehr schlanke, umsetzungsstarke Struktur – und das soll auch so bleiben.““
Weitere Informationen gibt Roland Schöler: roland.schoeler@siegenia-aubi.com