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Redaktionsbesuch bei Wolf Fenster in Südtirol

Missionare für ein besseres (Holz-)Fenster

Die Fenstermacher Wolf aus Südtirol haben viel Geld in die Hand genommen und sich beim Anlagen­bauer Weinig für 3 Mio. ­Euro mit einer neuen Fertigungsanlage eingedeckt. Bei der Präsentation der Anlage betonten die Maschinenbauer aus Tauberbischofsheim und auch Geschäftsführer Walter Wolf immer wieder, dass es hierbei vor allem um eines ging: Flexibilität. Konstruktions- und Entwicklungsleiter Klaus März von Weinig brachte es auf den Punkt: Hier steht die zurzeit „flexibelste Fertigungsanlage in Europa“. Im Verlauf meines Be­suches ist mir klar geworden, warum das gerade für dieses Unternehmen aus ­Schabs so wichtig ist.

Die beiden Brüder und Firmenlenker Walter und Helmut Wolf haben sich nämlich vor 10 Jahren geschworen: „Wir wollen keine Lochfenster mehr anbieten.“ Der ruinöse Preiskampf habe ihnen einfach keinen Spaß mehr gemacht, berichtet der kaufmännische Geschäftsführer Helmut Wolf.

In Südtirol hätte in den 80er Jahren ein Fenster-Boom für einen immensen Kapazitätsaufbau bei vielen Betrieben gesorgt. Dann sei es ein Jahrzehnt später zu fast unerträglichen Preiskämpfen gekommen. Die Fenstersysteme der unterschiedlichen Anbieter hätten sich gar nicht so sehr voneinander unterschieden und Kunden konnten sich ausschließlich nach den ­billigsten Angeboten umschauen.

Kunden kreieren ihr Fenster selber

So verließen die Fenstermacher den „Mainstream“, den Massengeschmack, und erfanden ihre Philosophie ganz neu: Jeder, der zu ihnen kommt, kann sich sein individuelles Fenster selbst kreieren. Helmut Wolf: „Es gibt Architekten, die interessiert der Preis nicht. Die nehmen einen Bleistift und entwerfen ein Fenster.“ Denen wollte man ein fachkundiger Ansprechpartner sein.

Dabei sollte aber die industrielle Fertigung nicht vernachlässigt oder gar aufgegeben werden. Also entwickelten die Brüder eine Systemplattform, mit der (fast) jeder Kundenwunsch umzusetzen sei. Die breite Palette ihrer Produktvariationen ist auf der Internetseite ersichtlich: Allein 19 Holz- und Holz-Alu-Typen werden dort abgebildet (das Unternehmen war z. B. das erste, welches flächenbündige Fenster innen und außen angeboten hatte). Dazu kommen noch die unterschiedlichen Systeme von Falz-Schiebe-, Parallel-Schiebe-Kipp- und Schiebetüren.

„Es gibt darüber hinaus aber auch Fenster, die wir nur für einen Kunden gemacht haben, die aber nicht veröffentlicht werden“, so Helmut Wolf. Jetzt liefern die Fensterbauer u. a. Produkte für den renommierten Architekten Renzo Piano­ – beispielsweise für „Trento Futura“: Auf dem alten Fabrikareal von Michelin in Trient entsteht durch die Kreativität des Architekten eine Parkanlage mit Wohnhäusern – das „Fenster zur Etsch“.

Auch hier kam der Zuschlag nicht über den Preis, sondern weil Wolf die Formensprache des Architekten verstanden hatte und ihm sein spezielles Fenster entwickelte. „Das war eine der größten Bestätigungen, auf dem richtigen Weg zu sein“, berichtet Helmut Wolf stolz. „Es geht um die Genugtuung des Kunden zu sagen: „Ich habe mir mein Fenster selbst ­zusammengestellt‘.“

„Unsere Fenster sind beratungsintensiv“

Zu dieser Philosophie gehört aber auch, dass jeder Wolf-Kunde in Italien ausschließlich mit diesem Unternehmen zu tun hat. Die Produkte werden nicht über weitere Händlernetze vertrieben. „Egal, ob in Genua, Padua oder in Rom. Der Kunde spricht mit unseren Verkäufern und bekommt die Fenster durch unsere Monteure eingesetzt.“ Dazu unterhält man vier Niederlassungen – und in den anderen Gebieten werden die Projekte durch den Verkäufer komplett abgewickelt. „Wir gehen nicht über Händler, die sich weniger mit dem Produkt identifizieren und dann wieder nur der Preis das Hauptargument ist. Unsere Fenster sind beratungsintensiv und der Verkäufer soll auf den Kunden eingehen können. Schließlich kauft man das iPhone auch lieber im Apple-Store und nicht beim Elektrogerätehändler, der Waschmaschinen im Programm hat.“ Und die Brüder planen, diese Philosophie auch auf Deutschland zu übertragen: Schon jetzt fertigt man im sächsischen Rammenau Produkte für den ostdeutschen Markt. Das eigene Vertriebs- und Montagenetz soll hier sukzessive erweitert werden.

Den Grundstein dafür hat man bereits gelegt: Die Unternehmer wollen bei Weinig eine weitere hochflexible Fensterfertigungsanlage in Auftrag geben. Und bei der Montage will man sich für die Montagezarge, die in Südtirol schon lange etabliert ist, stark machen.

„Eigentlich werden Holz-Alu-Fenster in Deutschland nicht nach der RAL-Norm eingebaut – die Alu-Schale dürfte nämlich nicht eingeputzt sein, sondern müsste hinterlüftet montiert werden. Mit einem Blindstock ist das viel einfacher zu realisieren.“ —

Daniel Mund

Wolf Fenster AG

  • Umsatz: 18 Mio. Euro am Standort Schabs
  • Mitarbeiter am Standort: 45 in der Produktion, 25 im Büro
  • Ca. 20000 Fenstereinheiten im Jahr/110 Einheiten pro Schicht
  • Schiebetüren: ca. 1000 Stück/2011
  • Vertrieb: Flächendeckend in Norditalien, Stützpunkte in Deutschland (in Rammenau mit Fensterfertigung, <a href="http://www.sachsenfenster.de" target="_blank">http://www.sachsenfenster.de</a> ) und in Österreich (Innsbruck, durch einen Vertreter).

https://www.wolf-fenster.it/wolf-fenster-fenstersysteme-aus-holz-holz-aluminium-p1.html

Das Anlagenkonzept

Das hat man selten gesehen: Auf einem relativ begrenzten Raum (46 x 12 m) haben die Weinig-Techniker aus Tauberbischofsheim beim Fensterbauer Wolf eine Anlage auf Basis der Conturex-Technologie installiert, die mit insgesamt 160 Achsen aktuell 28 unterschiedliche Fenstersysteme komplett bearbeiten kann. Klaus März, Konstruktions- und Entwicklungsleiter für den Fensterbereich bei Weinig: „Hier geht es um die Komplettbearbeitung von Rechteck- oder Schrägfenstern inklusive aller Bohrungen quer und längs, sowie aller Fräsungen wie Schlosskästen, Oliven und Beschläge. So könnten pro Werkstück bis zu 32 Arbeitsgänge anfallen (4-seit. Hobeln, Glasleisten austreiben, schleifen, 2 x Sägen, 4 x Runden, 2 x Ritzen,4 x Bohren , 8 x Querbearbeiten, 8 x Längsb.).““Und ganz nebenbei hätte man auch die Energieeffizienz der Anlage durch die Rückführung der Bremsenergie und eine Steuerung der Absauganlage deutlich steigern können. März geht bei der Vorstellung des Konzeptes in die Details: „Normalerweise beziehen die Anlagenbauer ihre Leistungsangaben auf ein Normfenster. Hier war die Anforderung eine völlig andere: Für den Leistungstest definierte die Firma Wolf uns einen Musterauftrag mit 8 verschiedenen Positionen.“ Um diese Anforderungen zeitnah umsetzen zu können, seien bis zu 25 Teile in der Anlage unterwegs.

Die einzelnen Stationen:

  • Hobelmaschine: Unimat 23 (inkl. Glasleiste ausschneiden)
  • Schleifmaschine von Stähle-Hess (Rotofinish &ndash; mit mehreren rotierenden Werkzeugen, die sich zusätzlich mit dem Schleifaggregat um die eigene Achse ­drehen, wird ein Kappen der Holzfasern erreicht.)
  • Unirex 1: Längsschnitt, Ritzen und Runden, Kolibri­fräser sorgt für Rissfreiheit
  • Unirex 2: Stirnbohrungen, Oliven-, Schlosskästen, Wechselfalz
  • Conturex225: Profilaufteilung über 4 Spindeln
  • Conturex426: 4 Spindeln in Reihe, Au&szlig;en- und Innenfalz

Die Anlage, die ohne Werkzeuge rund 3 Mio. Euro gekostet habe, sei insgesamt in der Lage, 100 Einheiten/Schicht fertigen zu können. Ausschlaggebend für das präzise und zügige Werkstückhandling sei dabei der Zangentisch. „Wir haben hier die beste Lösung“, ist März überzeugt und der Produktleiter Fenster bei Weinig, Karlheinz Moldan, erläutert: Damit erreichen wir ein optimales Hebelverhältnis von Führung zu Werkstück und können bis zu 160 kg Klemmkraft pro Pratze aufbringen.“ Weitere Vorteile dieses patentierten Systems seien die extrem schnelle und präzise Teileübergabe und ein speziell entwickeltes staubresistentes Schmiersystem der Führungswagen.

Bei der Fertigung spiele es keine Rolle, ob man sich für eine Konter-Eckverbindung oder für die klassische Schlitz- und Zapfenverbindung entschieden hätte.

Was die Ecksystemfrage angeht, hat Wolf für sich aber eine klare Meinung gebildet: „Wir machen Schlitz/Zapfen, da die Verbindung für uns sicherer und schnellerer in der Herstellung ist. Wir haben zwei Jahre lang mit einer gekonterten Eckverbindung ausprobiert – den Weg gehen wir nicht mehr.“ https://www.weinig.com/de/