Keine Profilstange ist zu sehen – kein Langgutgestell weit und breit: Wir befinden uns auf dem Gelände der profine
Austria in der Nähe von Graz und was hier in den neuen Hallen, die vor rund einem Jahr bezogen wurden, gelagert und verarbeitet wird, ist alles andere als aus dem Werkstoff PVC. Warum? Weil die Ländergesellschaft des PVC-Fenster-Systemgebers sich auf einen ganz speziellen Markt eingestellt hat und die Sache ganz anders angeht: Schließlich wird annähernd die Hälfte des Umsatzes aus dem Zusatzgeschäft generiert und ganz still und leise hat man sich – nicht nur damit – zum Marktführer in Österreich entwickelt.
Fenster-Schlaraffenland Österreich
Der aus Bayern stammende Ludwig Schreiner ist ein Fan des österreichischen Fenstermarktes: „Hier werden qualitativ extrem hochwertige Bauelemente erzeugt. Und wir sind stolz, dass wir uns als Systemgeber gerade hier substanziell etablieren konnten.“ Natürlich kennt der Geschäftsführer der profine Sales Area Süd-Ost-Europa die Unterschiede zwischen den deutschen und österreichischen Fenstermärkten: „Hier finden wir einen
sehr strukturieren Markt vor – ganz im Gegensatz zu Deutschland mit den atomisierten Herstellereinheiten haben hier fünf Unternehmen einen Marktanteil von rund 60 Prozent.“ Angesprochen auf den Stellenwert, den profine in Österreich hat, kann er stolz verkünden: „Gemeinsam mit allen Kunden, die wir beliefern, ist es uns tatsächlich gelungen einen Marktanteil von über 30 Prozent zu erreichen, was damit auch gleichzeitig die Marktführerschaft für einen Markt bedeutet, der unter anderem durch selbstextrudierende Fensterhersteller bestimmt wird.“
Das spricht für das Team, für die Organisation und den Standort, aber wie hat man dieses Ziel erreicht? Lorenz Schmidt blickt im Gespräch in die Vergangenheit: „Wir waren auch schon früher hier stark positioniert. Aber gerade in den letzten Jahren konnten wir als Systempartner noch einmal ordentlich zulegen“, so der Marketingleiter für Österreich.
Klar ist, dass sich in Österreich Fensterhersteller im Verhältnis zu Systemgebern eine besonders starke Position erarbeitet haben: Schließlich extrudieren beispielweise die Unternehmen Internorm und Actual selber.
Der Systemgeber profine sieht sich hier im Markt offensichtlich mit einer ganz speziellen Wettbewerbssituation konfrontiert. Immerhin: Mit dem Anbieter Rekord kann profine einen der führenden Anbieter auf dem österreichischen Markt zu seinen Kunden zählen – aber darüber hinaus auch noch viele weitere profine/Kömmerling-Fenster produzierende Betriebe, unter anderem auch die Waku-Gruppe.
USP: Zubehörangebot
Wie aber gelingt profine die Bedeutung im Markt? Schreiner: „Was uns auszeichnet ist unser hoher Zubehör-Anteil – das betrifft alle Produkte, die man für eine Fensterproduktion braucht, aber eben nichts mit PVC zu tun haben.“ Darunter zählt er zuallererst die Aluminiumschalen, die profine für den immer größer werdenden Kunststoff-Alu-Markt bereitstellt. Immerhin liegt in Österreich der Anteil dieser Premium-Kunststoff-Fenster bei rund 60 Prozent (im Vergleich dazu: in Deutschland liegt dieser Anteil bei rund 10 %). Aber es geht eben auch um Sockelprofile, Dichtungen und vieles mehr. „Da haben wir eine Alleinstellung im Vergleich zu anderen Systemhäusern – wir sind eines der erfolgreichsten Länder betreffend der Zubehörartikel.“ Schreiner betont dabei, dass das Zubehör auch größtenteils in der Alpenrepublik
mit entwickelt wurde. „Beispielsweise ist unsere Aluschalen-Entwicklung hier entstanden.“ Ebenso ein spezieller Rücksprung-Rahmen, der entwickelt wurde, weil es in Österreich besondere Anforderungen an die Bauwerksabdichtung gibt. Zusätzlich bietet der Systemgeber eine große Palette an maßgefertigten Zusatzprofilen aus Purenit und hat ein System für eine Absturzsicherung im Programm.
Für Fenstertüren hat man sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Eine Einlegeschwelle sorgt dafür, dass Fenstertüren in der Produktionslinie einfach durchlaufen können.
„Wir liefern just-in-time“
„Der ganz große Vorteil für unsere Kunden sind aber nicht nur unsere Entwicklungen, sondern dass wir diese Produkte auch noch auf Maß konfektionieren.“ Alles wird projektbezogen und in Losgröße 1 gefertigt und dem Kunden – zu dem Zeitpunkt, wenn er es braucht – ausgeliefert.
Die Logistik sorgt dafür, dass die herstellenden Betriebe mehrmals in der Woche angefahren werden, bei einem Unternehmen erscheint der Zubehör-Lieferdienst sogar täglich. Schreiner: „Da sind wir sozusagen just-in-time, wir liefern dann, wenn das Produkt in der Linie benötigt wird.“
Ein Grund für die breite Palette an Zubehörprodukten sei der sehr enge Kontakt zu den leistungsstarken Fensterbaubetrieben, die sich selbst in einem starken Umfeld mit starken Playern immer wieder behaupten müssen. In den eng getakteten Abstimmungsrunden mit Fensterbauern würden so Ideen wie beispielsweise der Montagebügel entstehen: „Für die immer schwereren Elemente wird dieser seitlich am Rahmen angebracht, am Purenit vorbei. So bietet dieser eine ganz einfache aber gesicherte Lastabtragung in den Boden.“ Mit diesem Bügel werden Reklamationen im eingebauten Zustand prophylaktisch verhindert.
Überraschenderweise beliefert die profine-Unit aus Austria auch eine ganze Reihe an deutschen Kunden – von Garmisch bis Flensburg – die unter anderem auf die Aluschale setzen. Schreiner berichtet zudem von einem deutschen Kunden, der wiederum einer der größten Abnehmer eines anderen Systemhauses ist, jedoch beim Bezug des Add-On-Systems (zweiter Flügel mit Aluschale, der die Integration des witterungsgeschützten
Sicht- und Sonnenschutzes ermöglicht) gerne auch bei profine Austria einkauft.
Offensichtlich führt die besondere Kundenorientierung zum Erfolg: „Um einen Aluminiumschalen-Auftrag zu erfassen, muss man weiterdenken als bei einem Bestellprozess von PVC-Profilstangen. Es gilt, an individuelle Teile zu denken, es gilt Rücksprache mit dem Alu-Beschichter zu halten. Die Komplexität ist viel höher.“ Es könne passieren, dass eine auszuliefernde Palette mit 500 verschiedenen Produkten bestückt ist. Diese müssen für den Auftrag erfasst, konfektioniert und pünktlich ausgeliefert werden.
PVC-Profilstangen? Fehlanzeige!
Was allerdings in den neuen profine-Werkshallen in Sankt Ruprecht an der Raab bei Graz nicht zu sehen ist, sind wie eingangs beschrieben, massenweise PVC-Profilstangen oder gar ein Langgutlager für PVC-Profile. Im Gegensatz zu früher werden heute alle Kunden mit PVC-Profilen direkt aus Deutschland beliefert.
Gleichzeitig sammelt der Systemgeber von allen Partnern in Österreich die PVC-Zuschnittsreste ein. Diese werden in der profine-Gruppe wieder aufbereitet und in der eigenen Produktion eingesetzt. Nach dem Motto „aus hochwertigen Profilen werden wieder hochwertige Profile“. Damit schließt sich auch der profine-Materialkreislauf bei Fenster und Türprofilen.
Insgesamt kann sich die Erfolgsbilanz in Österreich sehen lassen: Der Umsatz hat sich von 2016 bis 2022 nahezu verdoppelt. Damit hat man sich auch im Konzern zur erfolgreichen Unit gemausert, mit rund 50 Mitarbeitern für Österreich und 120 Mitarbeitern für die gesamte Sales Area. Es kann also dynamisch weitergehen, wenn die augenblickliche Delle aufgrund der allgemeinen Marktschwäche überwunden ist. —
Kömmerling Unity
Kömmerling Unity ist eine Lösung, bei der die Werkstoffe Kunststoff und Aluminium gemeinsam und synergetisch als ein Hybrid-System entwickelt wurden. Geschaffen wurde eine direkte kraftschlüssige Verbindung, die beiden Materialien gleichermaßen gerecht wird – auch bei starken Temperaturschwankungen treten dank der großen Toleranzfreundlichkeit keine Spannungen im System auf. Das System ist modular gestaltbar, als Basis dienen bei den DK-Varianten das System 76 sowie bei den Hebe-Schiebetüren die PremiDoor 76. Durch eine Glaskantenverklebung gewinnt das System zusätzlich an Stabilität. Bei der Unity werden Alu-Rahmen mechanisch verbunden – es ist aber auch eine geschweißte Variante möglich. Zur Auswahl stehen zahlreiche Designvarianten und individuelle Optiken. Die Fenster können innen optional flächenbündig gestaltet werden, außen sind flächenversetzte oder -bündige Varianten möglich.
Rationelle Fertigungsabläufe seien gewährleistet, ebenso eine parallele Rahmenfertigung und die Montage ohne klassische Schraubhalter. Die „Hochzeit“ zwischen Aluminium- und Kunststoff-Rahmen gehe effizient vonstatten. Damit verfüge man quasi über einen Sprinter, das „schnellste Fenster zum Aufklipsen“. Und die Unity lasse sich als Kunststoff-Aluminium-Fenster in die Produktionslinie integrieren.
DIE PROFINE-VITA VON LUDWIG SCHREINER
1995 startet Ludwig Schreiner seine Karriere bei Kömmerling – in einem ConsultingBereich für Kunden.
2009 ruft er das profine Kompetenzcenter ins Leben (Architektenberatung, Partnerakademie und Kömmerling Fensterprofis).
2011 wird er Vertriebsleiter für Deutschland Süd
2016: Geschäftsleitung der profine Austria und der Sales Area SüdOst Europa