„Kämpfen für Architektur“ nennt sich das Büro von Beat Kämpfen, der 2002 mit seinem Mehrfamilienobjekt „Sunny Woods“ den Schweizer und den Europäischen Solarpreis gewann und für das Bürogebäude von „Marché International“ 2007 sowohl den Schweizer Solarpreis, den Energy Globe Award, als auch den Europäischen Preis für gebäudeintegrierte Solartechnik erhielt. Inzwischen wird der Platz für derartige Auszeichnungen im Besprechungszimmer des Architekten in Zürich eng, fast kein Jahr vergeht ohne Urkunde oder Trophäe.
Holz als Baumaterial und solare Energiegewinnung stehen für Kämpfen im Mittelpunkt seiner erfolgreichen Planungstätigkeit, die Neubau und Sanierung umfasst. Meist wird dabei der Minergie-P-Standard erreicht, nach deutscher Einstufung ein Passivhaus mit weiter erhöhten Anforderungen durch abweichende Flächenberechnung. Seit 2006 gibt es in der Schweiz die zusätzliche Spezifikation „Eco“, verbunden mit weiteren Anforderungen an Ökologie und Nachhaltigkeit. Diese Premium-Spezifikation hat Kämpfen mit dem im Frühjahr 2010 fertiggestelltem Holzbauobjekt „SunnyWatt“ erreicht. Trotzdem konnten keine Fördergelder beansprucht werden – es gibt lediglich die Einspeisevergütung für die von der PV-Anlage erzeugte Leistung.
Fenster werden im Werk eingebaut
Für die Gebäude wurden im Werk vorfabrizierte Wände mit 36 cm Steinwolledämmung verwendet, die als raumhohe Elemente auf die Baustelle kamen. Das Zimmereiunternehmen arbeitete dafür im Dreischichtbetrieb und fertigte die Teile „just in time“ direkt für die Montage auf der Baustelle. Dabei waren die meisten Rahmen der Lochfenster bereits integriert. Der Fensterlieferant 1a-Hunkeler montierte lediglich die raumhohen Verglasungen vor Ort. Hierzu wurde wegen der großformatigen Fenster in den Südfassaden ein Kleinraupenkran eingesetzt. Die insgesamt 690 m2 Glasfläche bestehen aus Dreischeiben-Wärmeschutzglas mit einem Ug von 0,6 W/m2K, die Rahmenkonstruktionen in Holz-Aluminium zeigen außen nur Glas. Diese rahmenseitig sehr schlanke Ausführung konnte durch die Verklebung der Gläser (System Sika) mit den Flügelrahmen erreicht werden.
Das Energiekonzept sieht eine zentrale Raumwärmeversorgung über eine Bodenheizung für alle Wohnungen vor. Dazu sind auf dem Dach des Hauses über der Technikzentrale 60 m2 Röhrenkollektoren für Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung installiert, die auf drei Wasserspeicher mit total 15000 Liter Inhalt liefern. Fünf Erdsonden mit Bohrungen bis in 300 m Tiefe versorgen zwei Wärmepumpen, die die Tanks erwärmen, wenn die Sonne nicht scheint. Hieraus wird die Fußbodenheizung gespeist, die jedoch nur bei kaltem und sonnenlosem Wetter angefordert wird. Jede Wohnung ist mit ihrer eigenen kontrollierten Lüftung ausgerüstet, die in einem Abstellraum innerhalb der Wohnung untergebracht ist. In die Wohnräume wird eingeblasen, aus den Bädern und Küchen abgesaugt.
Zusätzlich sind auf den Dächern PV-Anlagen mit einer Leistung von 104 kWp (Abkürzung für Kilowatt Peak, maximale Leistung eines Photovoltaik-Moduls) montiert, die mehr Energie erzeugen, als das Gebäudeensemble für seine Technik verbraucht. Die Einspeisevergütung hierfür ist die einzige „Förderung“, welche die öffentliche Hand für das innovative Objekt gewährt hat.
Als Verschattung der stark geöffneten Südfassaden dienen in den nördlichen Gebäuden die Balkone, die Reihenhäuser weisen einen größeren Dachüberstand auf. Zusätzlich hat jedes Fenster elektrisch bedienbare Raffstoren.
Um die Speichermasse der Holz-Beton-Decken möglichst gut zu aktivieren, wurde in den meisten Wohnungen ein dunkler Natursteinboden gewählt. —
Interview mit dem Architekten
Jörg Pfäffinger sprach für die GLASWELT mit Beat Kämpfen.
GLASWELT _ Es ist nicht häufig, dass Architekten sich mit Fensterdetails beschäftigen. Warum legen Sie Wert auf ein bestimmtes System?
Beat Kämpfen _ Die von mir bevorzugten Holzfenster von 1a-Hunkeler weisen einen großen technischen Vorteil auf, weil das Holz nur auf der Innenseite sichtbar ist. Auf der Außenseite überdeckt das Glas das Holz. Dadurch ist die Konstruktion praktisch unterhaltsfrei und Laibung und Glas sind absolut bündig. Zudem konnte so der Rahmenanteil stark minimiert werden – der Rahmen dämmt nun einmal schlechter als Wärmeschutzverglasung. Durch den minimierten Rahmen ergibt sich eine größere Glaslichtfläche, es entstehen also größere Fenster, die mehr Licht hereinlassen. Es herrscht eine bessere Wärmedämmung und die Ästhetik ist aufgewertet. Der Bewohner und Investor schätzt zudem den geringeren Unterhalt.
GLASWELT _ Wo liegt der Vorteil dieses Fensters für Ihre Objekte?
Kämpfen _ Wir wollen ja möglichst viel Sonnenlicht hineinlassen, deshalb möchten wir große Fenster auf der Südseite – auch im Osten und Westen sind sie tendenziell groß. Deshalb ist die Maximierung der Glasfläche ein wichtiges Anliegen – gerade auch in der Renovation. Normalerweise gibt es bei alten Fenstern einen Holzanteil von 20 %. Werden dann diese Fenster ersetzt, fallen die neuen Rahmen aus energetischen Gründen meist dicker aus und die Glasfläche wird daher noch kleiner. Ein bestehendes Haus hat meist eine Zweifachverglasung mit einer Lichttransmission von ca. 85 %, dann kommt ein modernes Glas hinein und die Lichttransmission liegt bei nur noch 60 %. Wenn wir bei einer Renovation die Glasfläche der Fenster verringern, haben wir nachher wesentlich weniger Licht im Innern als vorher. Deshalb müssen wir bei einer Renovation die Glasfläche der Fenster vergrößern. Das heißt: „schmale Rahmen = größere Fenster“. Es entspricht auch eher dem modernen Wohngefühl: man will helle, luftige Räume mit guter Sicht nach außen.
GLASWELT _ Hunkeler produziert nur noch verklebte Konstruktionen. Ist dies eine Spezialität, auf die man verzichten könnte?
Kämpfen _ Nein, der Vorteil des geklebten Fensters ist es, dass ich auf der Außenseite keine Holzprofile mehr sehe. Das ist wirklich ästhetisch auch schön. Ich habe als Wandöffnung ein klar geschnittenes Fenster ohne Kleinteiligkeit. Ein traditionelles Sprossenfenster gefällt mir eigentlich schon, aber es widerspricht der heutigen Fenstertechnologie und ist daher heute nicht mehr akzeptabel.
GLASWELT _ Sind geklebte Fenster alltagstauglich?
Kämpfen _ Im Automobilbau haben wir geklebte Fenster seit vielen Jahren und deren Dauerhaftigkeit zeigt sich jeden Tag und überall. Ich bin überzeugt, dass die Stabilität geklebter Fenster sogar höher ist, weil das Glas den Rahmen durch die Verklebung aussteift. Es ist an allen Seiten verklebt, statt wie im traditionellen Fenster nur an wenigen Stellen geklemmt bzw. verklotzt. Und das macht es, denke ich, auch möglich, dass der geklebte Holzrahmen heute so schmal sein kann.